als sei ihm das höchste Glück wiederfahren. Wir sind in der Kirche eingeschlossen!
Eingeschlossen? fragte sie voll süßem Schreck. -- Warum macht Sie das bestürzt? Wo kann man besser aufgehoben seyn als in einer Kirche? sagte er seelenvoll. Er schlug sanft seine Arme um ihren Leib, mit der andern Hand faßte er ihre Hand, so führte er sie nach einer Bank, nöthigte sie darauf nieder und setzte sich neben sie. Sie sah in ihren Schooß und ließ die Bänder an dem buntfarbigen Jäckchen, welches sie trug, durch die Finger gleiten. Er hatte seinen Kopf auf dem Betbrette aufge- stützt, sah sie von der Seite an und berührte das Häubchen, welches sie trug, wie um den Stoff zu prüfen. Er hörte ihr Herz klopfen und sah ihren Hals geröthet. -- Nicht wahr, es ist ein abscheu- licher Anzug? fragte sie nach langem Schweigen kaum hörbar. -- Oh! rief er und knöpfte seine Weste auf, ich sah nicht nach dem Anzuge! -- Er faßte ihre beiden Hände, drückte sie stürmisch gegen seine Brust und zog sie dann von der Bank.
Ich ertrag's nicht so still zu sitzen! Lassen Sie uns die Kirche besehen! rief er. -- Hier ist wohl nicht viel Sehenswürdiges, versetzte sie zitternd.
als ſei ihm das höchſte Glück wiederfahren. Wir ſind in der Kirche eingeſchloſſen!
Eingeſchloſſen? fragte ſie voll ſüßem Schreck. — Warum macht Sie das beſtürzt? Wo kann man beſſer aufgehoben ſeyn als in einer Kirche? ſagte er ſeelenvoll. Er ſchlug ſanft ſeine Arme um ihren Leib, mit der andern Hand faßte er ihre Hand, ſo führte er ſie nach einer Bank, nöthigte ſie darauf nieder und ſetzte ſich neben ſie. Sie ſah in ihren Schooß und ließ die Bänder an dem buntfarbigen Jäckchen, welches ſie trug, durch die Finger gleiten. Er hatte ſeinen Kopf auf dem Betbrette aufge- ſtützt, ſah ſie von der Seite an und berührte das Häubchen, welches ſie trug, wie um den Stoff zu prüfen. Er hörte ihr Herz klopfen und ſah ihren Hals geröthet. — Nicht wahr, es iſt ein abſcheu- licher Anzug? fragte ſie nach langem Schweigen kaum hörbar. — Oh! rief er und knöpfte ſeine Weſte auf, ich ſah nicht nach dem Anzuge! — Er faßte ihre beiden Hände, drückte ſie ſtürmiſch gegen ſeine Bruſt und zog ſie dann von der Bank.
Ich ertrag’s nicht ſo ſtill zu ſitzen! Laſſen Sie uns die Kirche beſehen! rief er. — Hier iſt wohl nicht viel Sehenswürdiges, verſetzte ſie zitternd.
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als ſei ihm das höchſte Glück wiederfahren. Wir
ſind in der Kirche eingeſchloſſen!
Eingeſchloſſen? fragte ſie voll ſüßem Schreck. —
Warum macht Sie das beſtürzt? Wo kann man
beſſer aufgehoben ſeyn als in einer Kirche? ſagte
er ſeelenvoll. Er ſchlug ſanft ſeine Arme um ihren
Leib, mit der andern Hand faßte er ihre Hand,
ſo führte er ſie nach einer Bank, nöthigte ſie darauf
nieder und ſetzte ſich neben ſie. Sie ſah in ihren
Schooß und ließ die Bänder an dem buntfarbigen
Jäckchen, welches ſie trug, durch die Finger gleiten.
Er hatte ſeinen Kopf auf dem Betbrette aufge-
ſtützt, ſah ſie von der Seite an und berührte das
Häubchen, welches ſie trug, wie um den Stoff zu
prüfen. Er hörte ihr Herz klopfen und ſah ihren
Hals geröthet. — Nicht wahr, es iſt ein abſcheu-
licher Anzug? fragte ſie nach langem Schweigen kaum
hörbar. — Oh! rief er und knöpfte ſeine Weſte auf,
ich ſah nicht nach dem Anzuge! — Er faßte ihre
beiden Hände, drückte ſie ſtürmiſch gegen ſeine Bruſt
und zog ſie dann von der Bank.
Ich ertrag’s nicht ſo ſtill zu ſitzen! Laſſen Sie
uns die Kirche beſehen! rief er. — Hier iſt wohl
nicht viel Sehenswürdiges, verſetzte ſie zitternd.
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/88>, abgerufen am 24.11.2024.
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