aufkommen lasse, wodurch mittelst fernerer Nach- lässigkeit der Amtsnachfolger Küsterei einer immer- währenden Last unterzogen werden könnte, sterbe ich lieber, obschon ich einsehe, daß meine Weigerniß einen furchtbarlichen Lärmen hervorbringen kann, denn der Hofschulze ist in Allem fest, was er sich vorsetzte. Daher entsprießet denn wohl nicht ohne Grund einiger Kummer.
Der Diaconus, der durch das Geschwätz des närrischen Küsters sich in seinen Gedanken unan- genehm geirrt fühlte, beschwichtigte ihn mit der Versicherung, daß er seinen Einfluß verwenden werde, um den Hofschulzen von dem rechtswidri- gen Verlangen abzubringen. Der Küster ging, etwas erleichtert, da es Zeit war, und die Men- schen sich schon in der Kirche versammelt hatten, hinaus und begann auf der Orgel die hergebrachte Schlacht von Prag zu spielen. Er kannte nämlich nur ein Präludium, und dieses war jene verschol- lene Schlachtmusik, an welche sich vielleicht noch einige ältere Leute erinnern, wenn ich ihnen in das Gedächtniß zurückrufe, daß das Tongemälde mit dem Aufmarsche der Ziethenschen Husaren an- fängt. Von diesem Aufmarsche wußte der Küster
aufkommen laſſe, wodurch mittelſt fernerer Nach- läſſigkeit der Amtsnachfolger Küſterei einer immer- währenden Laſt unterzogen werden könnte, ſterbe ich lieber, obſchon ich einſehe, daß meine Weigerniß einen furchtbarlichen Lärmen hervorbringen kann, denn der Hofſchulze iſt in Allem feſt, was er ſich vorſetzte. Daher entſprießet denn wohl nicht ohne Grund einiger Kummer.
Der Diaconus, der durch das Geſchwätz des närriſchen Küſters ſich in ſeinen Gedanken unan- genehm geirrt fühlte, beſchwichtigte ihn mit der Verſicherung, daß er ſeinen Einfluß verwenden werde, um den Hofſchulzen von dem rechtswidri- gen Verlangen abzubringen. Der Küſter ging, etwas erleichtert, da es Zeit war, und die Men- ſchen ſich ſchon in der Kirche verſammelt hatten, hinaus und begann auf der Orgel die hergebrachte Schlacht von Prag zu ſpielen. Er kannte nämlich nur ein Präludium, und dieſes war jene verſchol- lene Schlachtmuſik, an welche ſich vielleicht noch einige ältere Leute erinnern, wenn ich ihnen in das Gedächtniß zurückrufe, daß das Tongemälde mit dem Aufmarſche der Ziethenſchen Huſaren an- fängt. Von dieſem Aufmarſche wußte der Küſter
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0077"n="63"/>
aufkommen laſſe, wodurch mittelſt fernerer Nach-<lb/>
läſſigkeit der Amtsnachfolger Küſterei einer immer-<lb/>
währenden Laſt unterzogen werden könnte, ſterbe<lb/>
ich lieber, obſchon ich einſehe, daß meine Weigerniß<lb/>
einen furchtbarlichen Lärmen hervorbringen kann,<lb/>
denn der Hofſchulze iſt in Allem feſt, was er ſich<lb/>
vorſetzte. Daher entſprießet denn wohl nicht ohne<lb/>
Grund einiger Kummer.</p><lb/><p>Der Diaconus, der durch das Geſchwätz des<lb/>
närriſchen Küſters ſich in ſeinen Gedanken unan-<lb/>
genehm geirrt fühlte, beſchwichtigte ihn mit der<lb/>
Verſicherung, daß er ſeinen Einfluß verwenden<lb/>
werde, um den Hofſchulzen von dem rechtswidri-<lb/>
gen Verlangen abzubringen. Der Küſter ging,<lb/>
etwas erleichtert, da es Zeit war, und die Men-<lb/>ſchen ſich ſchon in der Kirche verſammelt hatten,<lb/>
hinaus und begann auf der Orgel die hergebrachte<lb/>
Schlacht von Prag zu ſpielen. Er kannte nämlich<lb/>
nur <hirendition="#g">ein</hi> Präludium, und dieſes war jene verſchol-<lb/>
lene Schlachtmuſik, an welche ſich vielleicht noch<lb/>
einige ältere Leute erinnern, wenn ich ihnen in<lb/>
das Gedächtniß zurückrufe, daß das Tongemälde<lb/>
mit dem Aufmarſche der Ziethenſchen Huſaren an-<lb/>
fängt. Von dieſem Aufmarſche wußte der Küſter<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[63/0077]
aufkommen laſſe, wodurch mittelſt fernerer Nach-
läſſigkeit der Amtsnachfolger Küſterei einer immer-
währenden Laſt unterzogen werden könnte, ſterbe
ich lieber, obſchon ich einſehe, daß meine Weigerniß
einen furchtbarlichen Lärmen hervorbringen kann,
denn der Hofſchulze iſt in Allem feſt, was er ſich
vorſetzte. Daher entſprießet denn wohl nicht ohne
Grund einiger Kummer.
Der Diaconus, der durch das Geſchwätz des
närriſchen Küſters ſich in ſeinen Gedanken unan-
genehm geirrt fühlte, beſchwichtigte ihn mit der
Verſicherung, daß er ſeinen Einfluß verwenden
werde, um den Hofſchulzen von dem rechtswidri-
gen Verlangen abzubringen. Der Küſter ging,
etwas erleichtert, da es Zeit war, und die Men-
ſchen ſich ſchon in der Kirche verſammelt hatten,
hinaus und begann auf der Orgel die hergebrachte
Schlacht von Prag zu ſpielen. Er kannte nämlich
nur ein Präludium, und dieſes war jene verſchol-
lene Schlachtmuſik, an welche ſich vielleicht noch
einige ältere Leute erinnern, wenn ich ihnen in
das Gedächtniß zurückrufe, daß das Tongemälde
mit dem Aufmarſche der Ziethenſchen Huſaren an-
fängt. Von dieſem Aufmarſche wußte der Küſter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/77>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.