walde vor und in diesem dienstlichen Charakter ge- lang es ihm, mit Geschäftsleuten mannichfaltige Verbindungen anzuknüpfen, die ihm bisweilen auf Spaziergängen am Strome unter Klippen und Trümmern, oder byzantinischen Portalen und Wein- hügeln vorbei zu schönen Aufschlüssen über Stempel- sachen verhalfen, oder ihn mit dem Mechanismus der Sicherheitspolizei bekannt machten. Dann und wann hatte er selbst den Trost, seinen Gram über die nicht zu erlangen gewesene Lithographirung der Formu- lare in den vertrauten Busen eines Friedensrich- ters auszuschütten, der ähnliche Gebresten über die Kurzsichtigkeit seiner Vorgesetzten ihm verstoh- len entdeckt und ihm dadurch eine Zuversicht auf- geregt hatte. So konnte er denn eher die Be- schwerden dieser Reise ertragen. Er ließ das junge Ehepaar, wie er sich ausdruckte, umherrasen nach Belieben, und fing an, sich in der Fremde mehr zu Hause zu fühlen. War er auf sein eigenes Selbst angewiesen, so las er in dem Buche, wel- ches er mitgenommen hatte, nämlich im würtem- bergischen Gesetzbuche. Er war, nachdem er sich so eingerichtet hatte, jetzt zuweilen recht munter. Nur darüber empfand er Kummer, daß in keiner
walde vor und in dieſem dienſtlichen Charakter ge- lang es ihm, mit Geſchäftsleuten mannichfaltige Verbindungen anzuknüpfen, die ihm bisweilen auf Spaziergängen am Strome unter Klippen und Trümmern, oder byzantiniſchen Portalen und Wein- hügeln vorbei zu ſchönen Aufſchlüſſen über Stempel- ſachen verhalfen, oder ihn mit dem Mechanismus der Sicherheitspolizei bekannt machten. Dann und wann hatte er ſelbſt den Troſt, ſeinen Gram über die nicht zu erlangen geweſene Lithographirung der Formu- lare in den vertrauten Buſen eines Friedensrich- ters auszuſchütten, der ähnliche Gebreſten über die Kurzſichtigkeit ſeiner Vorgeſetzten ihm verſtoh- len entdeckt und ihm dadurch eine Zuverſicht auf- geregt hatte. So konnte er denn eher die Be- ſchwerden dieſer Reiſe ertragen. Er ließ das junge Ehepaar, wie er ſich ausdruckte, umherraſen nach Belieben, und fing an, ſich in der Fremde mehr zu Hauſe zu fühlen. War er auf ſein eigenes Selbſt angewieſen, ſo las er in dem Buche, wel- ches er mitgenommen hatte, nämlich im würtem- bergiſchen Geſetzbuche. Er war, nachdem er ſich ſo eingerichtet hatte, jetzt zuweilen recht munter. Nur darüber empfand er Kummer, daß in keiner
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0426"n="412"/>
walde vor und in dieſem dienſtlichen Charakter ge-<lb/>
lang es ihm, mit Geſchäftsleuten mannichfaltige<lb/>
Verbindungen anzuknüpfen, die ihm bisweilen auf<lb/>
Spaziergängen am Strome unter Klippen und<lb/>
Trümmern, oder byzantiniſchen Portalen und Wein-<lb/>
hügeln vorbei zu ſchönen Aufſchlüſſen über Stempel-<lb/>ſachen verhalfen, oder ihn mit dem Mechanismus der<lb/>
Sicherheitspolizei bekannt machten. Dann und wann<lb/>
hatte er ſelbſt den Troſt, ſeinen Gram über die nicht<lb/>
zu erlangen geweſene Lithographirung der Formu-<lb/>
lare in den vertrauten Buſen eines Friedensrich-<lb/>
ters auszuſchütten, der ähnliche Gebreſten über<lb/>
die Kurzſichtigkeit ſeiner Vorgeſetzten ihm verſtoh-<lb/>
len entdeckt und ihm dadurch eine Zuverſicht auf-<lb/>
geregt hatte. So konnte er denn eher die Be-<lb/>ſchwerden dieſer Reiſe ertragen. Er ließ das junge<lb/>
Ehepaar, wie er ſich ausdruckte, umherraſen nach<lb/>
Belieben, und fing an, ſich in der Fremde mehr<lb/>
zu Hauſe zu fühlen. War er auf ſein eigenes<lb/>
Selbſt angewieſen, ſo las er in dem Buche, wel-<lb/>
ches er mitgenommen hatte, nämlich im würtem-<lb/>
bergiſchen Geſetzbuche. Er war, nachdem er ſich<lb/>ſo eingerichtet hatte, jetzt zuweilen recht munter.<lb/>
Nur darüber empfand er Kummer, daß in keiner<lb/></p></div></body></text></TEI>
[412/0426]
walde vor und in dieſem dienſtlichen Charakter ge-
lang es ihm, mit Geſchäftsleuten mannichfaltige
Verbindungen anzuknüpfen, die ihm bisweilen auf
Spaziergängen am Strome unter Klippen und
Trümmern, oder byzantiniſchen Portalen und Wein-
hügeln vorbei zu ſchönen Aufſchlüſſen über Stempel-
ſachen verhalfen, oder ihn mit dem Mechanismus der
Sicherheitspolizei bekannt machten. Dann und wann
hatte er ſelbſt den Troſt, ſeinen Gram über die nicht
zu erlangen geweſene Lithographirung der Formu-
lare in den vertrauten Buſen eines Friedensrich-
ters auszuſchütten, der ähnliche Gebreſten über
die Kurzſichtigkeit ſeiner Vorgeſetzten ihm verſtoh-
len entdeckt und ihm dadurch eine Zuverſicht auf-
geregt hatte. So konnte er denn eher die Be-
ſchwerden dieſer Reiſe ertragen. Er ließ das junge
Ehepaar, wie er ſich ausdruckte, umherraſen nach
Belieben, und fing an, ſich in der Fremde mehr
zu Hauſe zu fühlen. War er auf ſein eigenes
Selbſt angewieſen, ſo las er in dem Buche, wel-
ches er mitgenommen hatte, nämlich im würtem-
bergiſchen Geſetzbuche. Er war, nachdem er ſich
ſo eingerichtet hatte, jetzt zuweilen recht munter.
Nur darüber empfand er Kummer, daß in keiner
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/426>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.