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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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man ein Genie ist, muß man darum ein Gaudieb
seyn? -- Bin ich ein zusammengeronnener Ho-
munculus, wie der Spitzbube Karl mir nachplau-
derte, oder bin ich nicht ein Fabricat, in derselben
Retorte ausgebacken, worin Ihr Anderen Alle aus-
gebacken wurdet? -- Sackerlot! Wenn ich von
dem Kinde rede, so meine ich's ernsthaft, obgleich
durchaus nicht empfindelnd -- ich bitte mir Glau-
ben für diese Versicherung aus. -- Aber ich denke
sie mir so reizend, so schön, so gut -- so -- so ...
ich kann's nicht aussprechen, wie ich sie mir denke.
An etwas muß der Mensch seine Gedanken hängen,
wenn er auch kein Herz hat.

Er schlug wüthend an seine Brust und schrie
fast: Nein! Nein! Hier ist kein Herz drinnen, ich
weiß es! Alles leer, nüchtern, dumpf -- oh! hu! 's
ist, als wenn man an einen hohlen Topf schlägt.
-- Was kann ich dafür? Warum hat er mir
keins hineingeschaffen? Anderen giebt er keinen Ver-
stand, die werden von Jedermann entschuldigt;
mir gab er kein Herz, und die Entschuldigung
soll nicht gelten? -- Aber Gedanken habe ich und
die hangen an der Tochter. Immer suchte ich sie,
nimmer fand ich sie. Indessen habe ich einen Freund

man ein Genie iſt, muß man darum ein Gaudieb
ſeyn? — Bin ich ein zuſammengeronnener Ho-
munculus, wie der Spitzbube Karl mir nachplau-
derte, oder bin ich nicht ein Fabricat, in derſelben
Retorte ausgebacken, worin Ihr Anderen Alle aus-
gebacken wurdet? — Sackerlot! Wenn ich von
dem Kinde rede, ſo meine ich’s ernſthaft, obgleich
durchaus nicht empfindelnd — ich bitte mir Glau-
ben für dieſe Verſicherung aus. — Aber ich denke
ſie mir ſo reizend, ſo ſchön, ſo gut — ſo — ſo …
ich kann’s nicht ausſprechen, wie ich ſie mir denke.
An etwas muß der Menſch ſeine Gedanken hängen,
wenn er auch kein Herz hat.

Er ſchlug wüthend an ſeine Bruſt und ſchrie
faſt: Nein! Nein! Hier iſt kein Herz drinnen, ich
weiß es! Alles leer, nüchtern, dumpf — oh! hu! ’s
iſt, als wenn man an einen hohlen Topf ſchlägt.
— Was kann ich dafür? Warum hat er mir
keins hineingeſchaffen? Anderen giebt er keinen Ver-
ſtand, die werden von Jedermann entſchuldigt;
mir gab er kein Herz, und die Entſchuldigung
ſoll nicht gelten? — Aber Gedanken habe ich und
die hangen an der Tochter. Immer ſuchte ich ſie,
nimmer fand ich ſie. Indeſſen habe ich einen Freund

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[376/0390] man ein Genie iſt, muß man darum ein Gaudieb ſeyn? — Bin ich ein zuſammengeronnener Ho- munculus, wie der Spitzbube Karl mir nachplau- derte, oder bin ich nicht ein Fabricat, in derſelben Retorte ausgebacken, worin Ihr Anderen Alle aus- gebacken wurdet? — Sackerlot! Wenn ich von dem Kinde rede, ſo meine ich’s ernſthaft, obgleich durchaus nicht empfindelnd — ich bitte mir Glau- ben für dieſe Verſicherung aus. — Aber ich denke ſie mir ſo reizend, ſo ſchön, ſo gut — ſo — ſo … ich kann’s nicht ausſprechen, wie ich ſie mir denke. An etwas muß der Menſch ſeine Gedanken hängen, wenn er auch kein Herz hat. Er ſchlug wüthend an ſeine Bruſt und ſchrie faſt: Nein! Nein! Hier iſt kein Herz drinnen, ich weiß es! Alles leer, nüchtern, dumpf — oh! hu! ’s iſt, als wenn man an einen hohlen Topf ſchlägt. — Was kann ich dafür? Warum hat er mir keins hineingeſchaffen? Anderen giebt er keinen Ver- ſtand, die werden von Jedermann entſchuldigt; mir gab er kein Herz, und die Entſchuldigung ſoll nicht gelten? — Aber Gedanken habe ich und die hangen an der Tochter. Immer ſuchte ich ſie, nimmer fand ich ſie. Indeſſen habe ich einen Freund

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/390>, abgerufen am 22.11.2024.