Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

die Vergangenheit. Fort aus dem verwünschten
Schlosse! Wenn noch Jemand käme --

Münchhausen schrak etwas zusammen, dann aber
faßte er sich und sagte: Dieser Jemand wird nicht
kommen. Es wäre ja die albernste Laune, eine
Laune, die ich selbst dem Schicksale nicht zutraue,
wenn ein junger, plumper, unerfahrener Mensch mich
ausfindig machte; zudem ist das Schloß in diesem
verruchten Nebel auf zwanzig Schritte Entfernung
nicht zu sehen.

Ein Hacken wie mit einem Beile ließ sich über
ihren Köpfen vernehmen, zugleich sang Emeren-
tia unten lauter, ohne daß die Worte verständlich
waren. Der Wind schnob, pfiff, die Wände schüt-
terten. Der Schriftsteller machte ein ängstliches
Gesicht. Er verlangte, daß Münchhausen augen-
blicklich mit ihm das Schloß verlassen solle. --
Nein! rief der Freiherr, dort im Schlafe ist mir
ein allerliebstes spirituelles Billet an den Erb-
prinzen eingefallen, worin ich ihm den Plan unserer
künftigen geheimen genialen Lebensweise vorzeichnen
will, und zugleich ein submisses Danksagungsschrei-
ben an den regierenden Herrn für meine semioffi-
zielle Anstellung in den angemessensten Ausdrücken;

die Vergangenheit. Fort aus dem verwünſchten
Schloſſe! Wenn noch Jemand käme —

Münchhauſen ſchrak etwas zuſammen, dann aber
faßte er ſich und ſagte: Dieſer Jemand wird nicht
kommen. Es wäre ja die albernſte Laune, eine
Laune, die ich ſelbſt dem Schickſale nicht zutraue,
wenn ein junger, plumper, unerfahrener Menſch mich
ausfindig machte; zudem iſt das Schloß in dieſem
verruchten Nebel auf zwanzig Schritte Entfernung
nicht zu ſehen.

Ein Hacken wie mit einem Beile ließ ſich über
ihren Köpfen vernehmen, zugleich ſang Emeren-
tia unten lauter, ohne daß die Worte verſtändlich
waren. Der Wind ſchnob, pfiff, die Wände ſchüt-
terten. Der Schriftſteller machte ein ängſtliches
Geſicht. Er verlangte, daß Münchhauſen augen-
blicklich mit ihm das Schloß verlaſſen ſolle. —
Nein! rief der Freiherr, dort im Schlafe iſt mir
ein allerliebſtes ſpirituelles Billet an den Erb-
prinzen eingefallen, worin ich ihm den Plan unſerer
künftigen geheimen genialen Lebensweiſe vorzeichnen
will, und zugleich ein ſubmiſſes Dankſagungsſchrei-
ben an den regierenden Herrn für meine ſemioffi-
zielle Anſtellung in den angemeſſenſten Ausdrücken;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0373" n="359"/>
die Vergangenheit. Fort aus dem verwün&#x017F;chten<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;e! Wenn noch Jemand käme &#x2014;</p><lb/>
          <p>Münchhau&#x017F;en &#x017F;chrak etwas zu&#x017F;ammen, dann aber<lb/>
faßte er &#x017F;ich und &#x017F;agte: Die&#x017F;er Jemand wird nicht<lb/>
kommen. Es wäre ja die albern&#x017F;te Laune, eine<lb/>
Laune, die ich &#x017F;elb&#x017F;t dem Schick&#x017F;ale nicht zutraue,<lb/>
wenn ein junger, plumper, unerfahrener Men&#x017F;ch mich<lb/>
ausfindig machte; zudem i&#x017F;t das Schloß in die&#x017F;em<lb/>
verruchten Nebel auf zwanzig Schritte Entfernung<lb/>
nicht zu &#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p>Ein Hacken wie mit einem Beile ließ &#x017F;ich über<lb/>
ihren Köpfen vernehmen, zugleich &#x017F;ang Emeren-<lb/>
tia unten lauter, ohne daß die Worte ver&#x017F;tändlich<lb/>
waren. Der Wind &#x017F;chnob, pfiff, die Wände &#x017F;chüt-<lb/>
terten. Der Schrift&#x017F;teller machte ein äng&#x017F;tliches<lb/>
Ge&#x017F;icht. Er verlangte, daß Münchhau&#x017F;en augen-<lb/>
blicklich mit ihm das Schloß verla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olle. &#x2014;<lb/>
Nein! rief der Freiherr, dort im Schlafe i&#x017F;t mir<lb/>
ein allerlieb&#x017F;tes &#x017F;pirituelles Billet an den Erb-<lb/>
prinzen eingefallen, worin ich ihm den Plan un&#x017F;erer<lb/>
künftigen geheimen genialen Lebenswei&#x017F;e vorzeichnen<lb/>
will, und zugleich ein &#x017F;ubmi&#x017F;&#x017F;es Dank&#x017F;agungs&#x017F;chrei-<lb/>
ben an den regierenden Herrn für meine &#x017F;emioffi-<lb/>
zielle An&#x017F;tellung in den angeme&#x017F;&#x017F;en&#x017F;ten Ausdrücken;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0373] die Vergangenheit. Fort aus dem verwünſchten Schloſſe! Wenn noch Jemand käme — Münchhauſen ſchrak etwas zuſammen, dann aber faßte er ſich und ſagte: Dieſer Jemand wird nicht kommen. Es wäre ja die albernſte Laune, eine Laune, die ich ſelbſt dem Schickſale nicht zutraue, wenn ein junger, plumper, unerfahrener Menſch mich ausfindig machte; zudem iſt das Schloß in dieſem verruchten Nebel auf zwanzig Schritte Entfernung nicht zu ſehen. Ein Hacken wie mit einem Beile ließ ſich über ihren Köpfen vernehmen, zugleich ſang Emeren- tia unten lauter, ohne daß die Worte verſtändlich waren. Der Wind ſchnob, pfiff, die Wände ſchüt- terten. Der Schriftſteller machte ein ängſtliches Geſicht. Er verlangte, daß Münchhauſen augen- blicklich mit ihm das Schloß verlaſſen ſolle. — Nein! rief der Freiherr, dort im Schlafe iſt mir ein allerliebſtes ſpirituelles Billet an den Erb- prinzen eingefallen, worin ich ihm den Plan unſerer künftigen geheimen genialen Lebensweiſe vorzeichnen will, und zugleich ein ſubmiſſes Dankſagungsſchrei- ben an den regierenden Herrn für meine ſemioffi- zielle Anſtellung in den angemeſſenſten Ausdrücken;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/373
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/373>, abgerufen am 25.11.2024.