Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

am Schmerlenbach, und mit meinem Kamm, den
ich bei mir hab', kämm' ich mir das Haar glatt,
und den Rock stäub' ich aus, und -- --

Genug, Fürst! rief Emerentia. Ich brauche
Ihre Toilette nicht näher kennen zu lernen. Gehen
Sie, Ruhe meinen Tagen und Schlummer meinen
Nächten zurückzubringen!

Der Prätendent und Schmetterling raffte sei-
nen lackirten Hut auf, sprang den Schneckenberg
hinunter und kroch wieder unten durch die Hecke
in das Freie. Emerentia lächelte wohlgefällig
und flüsterte: Erste Liebe, einzige Liebe! Dann
deckte sie den Korb mit der Serviette zu, denn
die Fliegen waren, weil man August schrieb, etwas
zahlreich und zudringlich. Hierauf wiegte sie wie-
der sinnend das Haupt und spielte abermals mit
dem Fächer, ihn auf- und zufaltend. Sie beglei-
tete diese Gebärden mit der Abschiedsode von
Nizza, nämlich mit den ersten beiden Zeilen der-
selben, denn die folgenden hatte sie vergessen.
Anfangs summte sie dieselben leise, nach und nach
fing sie an, lauter zu singen.




19*

am Schmerlenbach, und mit meinem Kamm, den
ich bei mir hab’, kämm’ ich mir das Haar glatt,
und den Rock ſtäub’ ich aus, und — —

Genug, Fürſt! rief Emerentia. Ich brauche
Ihre Toilette nicht näher kennen zu lernen. Gehen
Sie, Ruhe meinen Tagen und Schlummer meinen
Nächten zurückzubringen!

Der Prätendent und Schmetterling raffte ſei-
nen lackirten Hut auf, ſprang den Schneckenberg
hinunter und kroch wieder unten durch die Hecke
in das Freie. Emerentia lächelte wohlgefällig
und flüſterte: Erſte Liebe, einzige Liebe! Dann
deckte ſie den Korb mit der Serviette zu, denn
die Fliegen waren, weil man Auguſt ſchrieb, etwas
zahlreich und zudringlich. Hierauf wiegte ſie wie-
der ſinnend das Haupt und ſpielte abermals mit
dem Fächer, ihn auf- und zufaltend. Sie beglei-
tete dieſe Gebärden mit der Abſchiedsode von
Nizza, nämlich mit den erſten beiden Zeilen der-
ſelben, denn die folgenden hatte ſie vergeſſen.
Anfangs ſummte ſie dieſelben leiſe, nach und nach
fing ſie an, lauter zu ſingen.




19*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0305" n="291"/>
am Schmerlenbach, und mit meinem Kamm, den<lb/>
ich bei mir hab&#x2019;, kämm&#x2019; ich mir das Haar glatt,<lb/>
und den Rock &#x017F;täub&#x2019; ich aus, und &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Genug, Für&#x017F;t! rief Emerentia. Ich brauche<lb/>
Ihre Toilette nicht näher kennen zu lernen. Gehen<lb/>
Sie, Ruhe meinen Tagen und Schlummer meinen<lb/>
Nächten zurückzubringen!</p><lb/>
          <p>Der Prätendent und Schmetterling raffte &#x017F;ei-<lb/>
nen lackirten Hut auf, &#x017F;prang den Schneckenberg<lb/>
hinunter und kroch wieder unten durch die Hecke<lb/>
in das Freie. Emerentia lächelte wohlgefällig<lb/>
und flü&#x017F;terte: Er&#x017F;te Liebe, einzige Liebe! Dann<lb/>
deckte &#x017F;ie den Korb mit der Serviette zu, denn<lb/>
die Fliegen waren, weil man Augu&#x017F;t &#x017F;chrieb, etwas<lb/>
zahlreich und zudringlich. Hierauf wiegte &#x017F;ie wie-<lb/>
der &#x017F;innend das Haupt und &#x017F;pielte abermals mit<lb/>
dem Fächer, ihn auf- und zufaltend. Sie beglei-<lb/>
tete die&#x017F;e Gebärden mit der Ab&#x017F;chiedsode von<lb/>
Nizza, nämlich mit den er&#x017F;ten beiden Zeilen der-<lb/>
&#x017F;elben, denn die folgenden hatte &#x017F;ie verge&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Anfangs &#x017F;ummte &#x017F;ie die&#x017F;elben lei&#x017F;e, nach und nach<lb/>
fing &#x017F;ie an, lauter zu &#x017F;ingen.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="sig">19*</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0305] am Schmerlenbach, und mit meinem Kamm, den ich bei mir hab’, kämm’ ich mir das Haar glatt, und den Rock ſtäub’ ich aus, und — — Genug, Fürſt! rief Emerentia. Ich brauche Ihre Toilette nicht näher kennen zu lernen. Gehen Sie, Ruhe meinen Tagen und Schlummer meinen Nächten zurückzubringen! Der Prätendent und Schmetterling raffte ſei- nen lackirten Hut auf, ſprang den Schneckenberg hinunter und kroch wieder unten durch die Hecke in das Freie. Emerentia lächelte wohlgefällig und flüſterte: Erſte Liebe, einzige Liebe! Dann deckte ſie den Korb mit der Serviette zu, denn die Fliegen waren, weil man Auguſt ſchrieb, etwas zahlreich und zudringlich. Hierauf wiegte ſie wie- der ſinnend das Haupt und ſpielte abermals mit dem Fächer, ihn auf- und zufaltend. Sie beglei- tete dieſe Gebärden mit der Abſchiedsode von Nizza, nämlich mit den erſten beiden Zeilen der- ſelben, denn die folgenden hatte ſie vergeſſen. Anfangs ſummte ſie dieſelben leiſe, nach und nach fing ſie an, lauter zu ſingen. 19*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/305
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/305>, abgerufen am 18.12.2024.