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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839.

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Mit diesen Worten entfernte sich die Gestalt.
Der Jäger wollte: Jochem! rufen, konnte aber
keinen Laut aus der zusammengeschnürten Kehle
bringen. So lag er noch eine Zeit lang. Endlich
setzte sich das stockende Blut doch wieder gewalt-
sam in Bewegung, er konnte seine Arme und Füße
regen. Hastig sprang er von dem gefährlichen La-
ger auf und eilte in das Freie, um Gottes reine
Luft einzuathmen.

Draußen pfiff ihm ein rauher Nordostwind ent-
gegen. Ein brenzlichter Geruch schwebte in der
Luft, und ein Bauer, der vorbeiging, sagte: Es
giebt heut Haarrauch. Er fragte den Mann nach
dem nächsten Wirthshause, welches ihm in einiger
Entfernung auf einer Höhe gezeigt wurde. Sein
Weg lief über ein hohes, braunes Haideland, in
geringer Entfernung in der Tiefe sah er aber grüne
Wiesen, durch welche sich der Fluß, der sie speiste,
in zwanzig Windungen schlängelte. Schaaren von
Landleuten waren mit dem zweiten Hiebe auf den
Wiesen beschäftigt. Auf manchen Wiesen wurde
die Grummet auch schon gewendet.

Im Wirthshause heilte sich der Jäger von sei-
nen Kopfschmerzen durch das kalte Wasser, in wel-

Mit dieſen Worten entfernte ſich die Geſtalt.
Der Jäger wollte: Jochem! rufen, konnte aber
keinen Laut aus der zuſammengeſchnürten Kehle
bringen. So lag er noch eine Zeit lang. Endlich
ſetzte ſich das ſtockende Blut doch wieder gewalt-
ſam in Bewegung, er konnte ſeine Arme und Füße
regen. Haſtig ſprang er von dem gefährlichen La-
ger auf und eilte in das Freie, um Gottes reine
Luft einzuathmen.

Draußen pfiff ihm ein rauher Nordoſtwind ent-
gegen. Ein brenzlichter Geruch ſchwebte in der
Luft, und ein Bauer, der vorbeiging, ſagte: Es
giebt heut Haarrauch. Er fragte den Mann nach
dem nächſten Wirthshauſe, welches ihm in einiger
Entfernung auf einer Höhe gezeigt wurde. Sein
Weg lief über ein hohes, braunes Haideland, in
geringer Entfernung in der Tiefe ſah er aber grüne
Wieſen, durch welche ſich der Fluß, der ſie ſpeiſte,
in zwanzig Windungen ſchlängelte. Schaaren von
Landleuten waren mit dem zweiten Hiebe auf den
Wieſen beſchäftigt. Auf manchen Wieſen wurde
die Grummet auch ſchon gewendet.

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nen Kopfſchmerzen durch das kalte Waſſer, in wel-

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[191/0205] Mit dieſen Worten entfernte ſich die Geſtalt. Der Jäger wollte: Jochem! rufen, konnte aber keinen Laut aus der zuſammengeſchnürten Kehle bringen. So lag er noch eine Zeit lang. Endlich ſetzte ſich das ſtockende Blut doch wieder gewalt- ſam in Bewegung, er konnte ſeine Arme und Füße regen. Haſtig ſprang er von dem gefährlichen La- ger auf und eilte in das Freie, um Gottes reine Luft einzuathmen. Draußen pfiff ihm ein rauher Nordoſtwind ent- gegen. Ein brenzlichter Geruch ſchwebte in der Luft, und ein Bauer, der vorbeiging, ſagte: Es giebt heut Haarrauch. Er fragte den Mann nach dem nächſten Wirthshauſe, welches ihm in einiger Entfernung auf einer Höhe gezeigt wurde. Sein Weg lief über ein hohes, braunes Haideland, in geringer Entfernung in der Tiefe ſah er aber grüne Wieſen, durch welche ſich der Fluß, der ſie ſpeiſte, in zwanzig Windungen ſchlängelte. Schaaren von Landleuten waren mit dem zweiten Hiebe auf den Wieſen beſchäftigt. Auf manchen Wieſen wurde die Grummet auch ſchon gewendet. Im Wirthshauſe heilte ſich der Jäger von ſei- nen Kopfſchmerzen durch das kalte Waſſer, in wel-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/205>, abgerufen am 25.11.2024.