licht aus. Herr Gott! rief er, von einem Schau- der gepackt, bin ich denn so lange -- --? Er wagte seinen eigenen Gedanken nicht auszusprechen. Nein, sagte er, sich gewaltsam beruhigend, es thut die kühle Waldluft, daß mich so friert, matt bin ich von der Anstrengung geworden, und das gebrochene fahlgrüne Licht, welches durch die Büsche fällt, giebt den Händen die seltsame Farbe. Er schritt weiter und sah auf den Steinen die wilden Blumen und Blätter liegen, welche er bei dem Hinaufklimmen dahin gestreut hatte, den Weg zu merken. Sie waren frisch, als seien sie eben hingelegt worden. Damit war ihm ein neues Räthsel gesetzt. Ein Köhler hockte seitwärts vom Wege im Gehölz und schnitt Aeste ab, den fragte er nach dem Tage. Ei Vater, versetzte der Köhler, seid Ihr ein so böser Christ, daß Ihr Apostelntag nicht kennt? Wir haben Peter und Paul, wo der Hirsch aus dem Wald ins Korn tritt. Ich will meinem Jun- gen da aus dem Maserast ein Spielwerk schneiden, sonst arbeit' ich nicht an dem Tag, aber das ist zur Lust und Ergötzlichkeit, und die ist erlaubt, sagt der Caplan.
Ich bitte dich, Gesell, rief der Schüler, den das Grauen immer stärker durchrieselte, sag' mir
licht aus. Herr Gott! rief er, von einem Schau- der gepackt, bin ich denn ſo lange — —? Er wagte ſeinen eigenen Gedanken nicht auszuſprechen. Nein, ſagte er, ſich gewaltſam beruhigend, es thut die kühle Waldluft, daß mich ſo friert, matt bin ich von der Anſtrengung geworden, und das gebrochene fahlgrüne Licht, welches durch die Büſche fällt, giebt den Händen die ſeltſame Farbe. Er ſchritt weiter und ſah auf den Steinen die wilden Blumen und Blätter liegen, welche er bei dem Hinaufklimmen dahin geſtreut hatte, den Weg zu merken. Sie waren friſch, als ſeien ſie eben hingelegt worden. Damit war ihm ein neues Räthſel geſetzt. Ein Köhler hockte ſeitwärts vom Wege im Gehölz und ſchnitt Aeſte ab, den fragte er nach dem Tage. Ei Vater, verſetzte der Köhler, ſeid Ihr ein ſo böſer Chriſt, daß Ihr Apoſtelntag nicht kennt? Wir haben Peter und Paul, wo der Hirſch aus dem Wald ins Korn tritt. Ich will meinem Jun- gen da aus dem Maſeraſt ein Spielwerk ſchneiden, ſonſt arbeit’ ich nicht an dem Tag, aber das iſt zur Luſt und Ergötzlichkeit, und die iſt erlaubt, ſagt der Caplan.
Ich bitte dich, Geſell, rief der Schüler, den das Grauen immer ſtärker durchrieſelte, ſag’ mir
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licht aus. Herr Gott! rief er, von einem Schau-
der gepackt, bin ich denn ſo lange — —? Er
wagte ſeinen eigenen Gedanken nicht auszuſprechen.
Nein, ſagte er, ſich gewaltſam beruhigend, es thut
die kühle Waldluft, daß mich ſo friert, matt bin
ich von der Anſtrengung geworden, und das gebrochene
fahlgrüne Licht, welches durch die Büſche fällt, giebt
den Händen die ſeltſame Farbe. Er ſchritt weiter
und ſah auf den Steinen die wilden Blumen und
Blätter liegen, welche er bei dem Hinaufklimmen
dahin geſtreut hatte, den Weg zu merken. Sie
waren friſch, als ſeien ſie eben hingelegt worden.
Damit war ihm ein neues Räthſel geſetzt. Ein
Köhler hockte ſeitwärts vom Wege im Gehölz und
ſchnitt Aeſte ab, den fragte er nach dem Tage.
Ei Vater, verſetzte der Köhler, ſeid Ihr ein ſo
böſer Chriſt, daß Ihr Apoſtelntag nicht kennt?
Wir haben Peter und Paul, wo der Hirſch aus
dem Wald ins Korn tritt. Ich will meinem Jun-
gen da aus dem Maſeraſt ein Spielwerk ſchneiden,
ſonſt arbeit’ ich nicht an dem Tag, aber das iſt zur Luſt
und Ergötzlichkeit, und die iſt erlaubt, ſagt der Caplan.
Ich bitte dich, Geſell, rief der Schüler, den
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/189>, abgerufen am 22.11.2024.
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