Agesel! riefen Alle, die ihn kannten, und deren waren nicht wenige. Ist dieses das ganze ent- sprungene Irrenhaus? fragte der Hauptmann. Ihr seid und bleibt ein Poltron, Küster! -- Man kann noch nicht wissen -- stammelte der zitternde Küster, der seinen Versteck hinter der Excellenz vom Hofe, die indessen auch unter den Gästen ein- getroffen war, genommen hatte, vermuthlich weil er im Schutz des Vornehmsten am sichersten zu seyn glaubte. Die Excellenz sah verwundert umher und wußte abermals nicht, woran sie war.
Agesel warf einen wehmüthigen Blick auf die Versammlung, einen schmerzlichen gen Himmel und sagte dann seufzend: Ich ahne recht wohl, was dieser Vorgang zu bedeuten hat. Ja, wer einmal einem gewissen Unglücke unterworfen gewesen ist, vor dessen Schritten fleucht immerdar die Furcht her und ruft: Geht aus dem Wege! -- Meine Herren aus der Stadt! Ich kann Sie versichern, daß ich gewöhnlicher Mensch in der vollsten Bedeu- tung des Wortes bin. Euch Bauern, die Ihr dieß vielleicht nicht verstehen würdet, sage ich, daß es bei mir keinesweges rappelt, sondern daß ich auf den Oberhof komme, um mich nach der Pflege-
Ageſel! riefen Alle, die ihn kannten, und deren waren nicht wenige. Iſt dieſes das ganze ent- ſprungene Irrenhaus? fragte der Hauptmann. Ihr ſeid und bleibt ein Poltron, Küſter! — Man kann noch nicht wiſſen — ſtammelte der zitternde Küſter, der ſeinen Verſteck hinter der Excellenz vom Hofe, die indeſſen auch unter den Gäſten ein- getroffen war, genommen hatte, vermuthlich weil er im Schutz des Vornehmſten am ſicherſten zu ſeyn glaubte. Die Excellenz ſah verwundert umher und wußte abermals nicht, woran ſie war.
Ageſel warf einen wehmüthigen Blick auf die Verſammlung, einen ſchmerzlichen gen Himmel und ſagte dann ſeufzend: Ich ahne recht wohl, was dieſer Vorgang zu bedeuten hat. Ja, wer einmal einem gewiſſen Unglücke unterworfen geweſen iſt, vor deſſen Schritten fleucht immerdar die Furcht her und ruft: Geht aus dem Wege! — Meine Herren aus der Stadt! Ich kann Sie verſichern, daß ich gewöhnlicher Menſch in der vollſten Bedeu- tung des Wortes bin. Euch Bauern, die Ihr dieß vielleicht nicht verſtehen würdet, ſage ich, daß es bei mir keinesweges rappelt, ſondern daß ich auf den Oberhof komme, um mich nach der Pflege-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0105"n="91"/><p>Ageſel! riefen Alle, die ihn kannten, und deren<lb/>
waren nicht wenige. Iſt dieſes das ganze ent-<lb/>ſprungene Irrenhaus? fragte der Hauptmann.<lb/>
Ihr ſeid und bleibt ein Poltron, Küſter! — Man<lb/>
kann noch nicht wiſſen —ſtammelte der zitternde<lb/>
Küſter, der ſeinen Verſteck hinter der Excellenz<lb/>
vom Hofe, die indeſſen auch unter den Gäſten ein-<lb/>
getroffen war, genommen hatte, vermuthlich weil<lb/>
er im Schutz des Vornehmſten am ſicherſten zu<lb/>ſeyn glaubte. Die Excellenz ſah verwundert umher<lb/>
und wußte abermals nicht, woran ſie war.</p><lb/><p>Ageſel warf einen wehmüthigen Blick auf die<lb/>
Verſammlung, einen ſchmerzlichen gen Himmel und<lb/>ſagte dann ſeufzend: Ich ahne recht wohl, was<lb/>
dieſer Vorgang zu bedeuten hat. Ja, wer einmal<lb/>
einem gewiſſen Unglücke unterworfen geweſen iſt,<lb/>
vor deſſen Schritten fleucht immerdar die Furcht<lb/>
her und ruft: Geht aus dem Wege! — Meine<lb/>
Herren aus der Stadt! Ich kann Sie verſichern,<lb/>
daß ich gewöhnlicher Menſch in der vollſten Bedeu-<lb/>
tung des Wortes bin. Euch Bauern, die Ihr dieß<lb/>
vielleicht nicht verſtehen würdet, ſage ich, daß es<lb/>
bei mir keinesweges rappelt, ſondern daß ich auf<lb/>
den Oberhof komme, um mich nach der Pflege-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[91/0105]
Ageſel! riefen Alle, die ihn kannten, und deren
waren nicht wenige. Iſt dieſes das ganze ent-
ſprungene Irrenhaus? fragte der Hauptmann.
Ihr ſeid und bleibt ein Poltron, Küſter! — Man
kann noch nicht wiſſen — ſtammelte der zitternde
Küſter, der ſeinen Verſteck hinter der Excellenz
vom Hofe, die indeſſen auch unter den Gäſten ein-
getroffen war, genommen hatte, vermuthlich weil
er im Schutz des Vornehmſten am ſicherſten zu
ſeyn glaubte. Die Excellenz ſah verwundert umher
und wußte abermals nicht, woran ſie war.
Ageſel warf einen wehmüthigen Blick auf die
Verſammlung, einen ſchmerzlichen gen Himmel und
ſagte dann ſeufzend: Ich ahne recht wohl, was
dieſer Vorgang zu bedeuten hat. Ja, wer einmal
einem gewiſſen Unglücke unterworfen geweſen iſt,
vor deſſen Schritten fleucht immerdar die Furcht
her und ruft: Geht aus dem Wege! — Meine
Herren aus der Stadt! Ich kann Sie verſichern,
daß ich gewöhnlicher Menſch in der vollſten Bedeu-
tung des Wortes bin. Euch Bauern, die Ihr dieß
vielleicht nicht verſtehen würdet, ſage ich, daß es
bei mir keinesweges rappelt, ſondern daß ich auf
den Oberhof komme, um mich nach der Pflege-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 3. Düsseldorf, 1839, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen03_1839/105>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.