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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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seines Brodherrn den Deutschen zugänglich gemacht
habe.

Der alte Baron versetzte: Es sei gar nichts,
daß ein Mensch sich für einen Pinsel halte, da so
viele Pinsel überzeugt seien, Menschen zu bedeuten.
Er habe einmal gesehen -- -- --

Münchhausen sagte, wenn ihm diese Geschichte
keine Verwunderung abzwinge, so werde ihn doch
ein Beweis seines eigenen Genies in Erstaunen
setzen. Er habe nämlich bei dem jetzigen Auf-
schwunge künstlerischer Begabung auch in sich das
plastische Element gefühlt und sei deßhalb Discipel
einer berühmten Academie geworden. Die Methode
und Influenz habe sich zum Erstaunen an ihm be-
währt, denn er sei in der ersten Woche schon Le-
nardo da Vinci, in der zweiten Michel Angelo, in
der dritten Rafael gewesen -- öffentlichen gedruckten
Nachrichten zu Folge. In der vierten sei aus ihm
eine Complication von Vinci -- Angelo -- Rafael ge-
worden. Späterhin habe er sich auf das Nieder-
ländische geworfen und nach vier und zwanzig
Stunden der kleine Rembrandt geheißen.

Mich ennuyirte aber die Malerei, fuhr Münch-
hausen fort, beschloß Bildhauer zu werden und

Immermann's Münchhausen. 2. Th. 4

ſeines Brodherrn den Deutſchen zugänglich gemacht
habe.

Der alte Baron verſetzte: Es ſei gar nichts,
daß ein Menſch ſich für einen Pinſel halte, da ſo
viele Pinſel überzeugt ſeien, Menſchen zu bedeuten.
Er habe einmal geſehen — — —

Münchhauſen ſagte, wenn ihm dieſe Geſchichte
keine Verwunderung abzwinge, ſo werde ihn doch
ein Beweis ſeines eigenen Genies in Erſtaunen
ſetzen. Er habe nämlich bei dem jetzigen Auf-
ſchwunge künſtleriſcher Begabung auch in ſich das
plaſtiſche Element gefühlt und ſei deßhalb Discipel
einer berühmten Academie geworden. Die Methode
und Influenz habe ſich zum Erſtaunen an ihm be-
währt, denn er ſei in der erſten Woche ſchon Le-
nardo da Vinci, in der zweiten Michel Angelo, in
der dritten Rafael geweſen — öffentlichen gedruckten
Nachrichten zu Folge. In der vierten ſei aus ihm
eine Complication von Vinci — Angelo — Rafael ge-
worden. Späterhin habe er ſich auf das Nieder-
ländiſche geworfen und nach vier und zwanzig
Stunden der kleine Rembrandt geheißen.

Mich ennuyirte aber die Malerei, fuhr Münch-
hauſen fort, beſchloß Bildhauer zu werden und

Immermann’s Münchhauſen. 2. Th. 4
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[49/0067] ſeines Brodherrn den Deutſchen zugänglich gemacht habe. Der alte Baron verſetzte: Es ſei gar nichts, daß ein Menſch ſich für einen Pinſel halte, da ſo viele Pinſel überzeugt ſeien, Menſchen zu bedeuten. Er habe einmal geſehen — — — Münchhauſen ſagte, wenn ihm dieſe Geſchichte keine Verwunderung abzwinge, ſo werde ihn doch ein Beweis ſeines eigenen Genies in Erſtaunen ſetzen. Er habe nämlich bei dem jetzigen Auf- ſchwunge künſtleriſcher Begabung auch in ſich das plaſtiſche Element gefühlt und ſei deßhalb Discipel einer berühmten Academie geworden. Die Methode und Influenz habe ſich zum Erſtaunen an ihm be- währt, denn er ſei in der erſten Woche ſchon Le- nardo da Vinci, in der zweiten Michel Angelo, in der dritten Rafael geweſen — öffentlichen gedruckten Nachrichten zu Folge. In der vierten ſei aus ihm eine Complication von Vinci — Angelo — Rafael ge- worden. Späterhin habe er ſich auf das Nieder- ländiſche geworfen und nach vier und zwanzig Stunden der kleine Rembrandt geheißen. Mich ennuyirte aber die Malerei, fuhr Münch- hauſen fort, beſchloß Bildhauer zu werden und Immermann’s Münchhauſen. 2. Th. 4

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/67>, abgerufen am 04.05.2024.