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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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besondere Theilnahme an, ich stieg vom Wagen,
hob mit Hülfe meines Fuhrmannes den Sinnlosen
hinauf, und dachte, in Weinsberg werde sich wohl
ein Ort finden, wo er ausschlafen könne.

Endlich waren wir angelangt, und Doctor
Kernbeißer, dem ich schon empfohlen worden war,
empfing mich recht freundlich. -- 'S ist gut, sagte
er, daß Sie kommen. Für zwei Mann wird der
Sache zu viel, wir brauchen junge Kräfte, um die
Geisterwelt gehörig bestreiten zu können. 'S ist
heute einmal wieder ein tolles Getreibe hier und
das Zwischenreich ganz des Henkers. Das ist ein
Gerutsche, Gebrumme, Gepoltre, Gedusele, Gedu-
dele, Geschreite, Gewinsele und ein Gerumore
durch einander, daß man nicht weiß, wo man zuerst
anfassen soll. Ich helf' herzlich gern meinen Ne-
benmenschen in der unsichtbaren Welt, aber es kann
Einem auch zu viel werden. Der Eine will erlöst
seyn, der Andere hat 'n Schatz vergraben, der ein
Geheimbuch über die Seite gebracht, dazwischen
fallen die Sonnenkreise ab, wie reife Maulbeeren,
dem soll man was vorbeten, dem auf'm Clavier
was vorspielen, wir wissen Beide nicht, ich und mein
Freund Eschenmichel, wo uns der Kopf steht.


beſondere Theilnahme an, ich ſtieg vom Wagen,
hob mit Hülfe meines Fuhrmannes den Sinnloſen
hinauf, und dachte, in Weinsberg werde ſich wohl
ein Ort finden, wo er ausſchlafen könne.

Endlich waren wir angelangt, und Doctor
Kernbeißer, dem ich ſchon empfohlen worden war,
empfing mich recht freundlich. — ’S iſt gut, ſagte
er, daß Sie kommen. Für zwei Mann wird der
Sache zu viel, wir brauchen junge Kräfte, um die
Geiſterwelt gehörig beſtreiten zu können. ’S iſt
heute einmal wieder ein tolles Getreibe hier und
das Zwiſchenreich ganz des Henkers. Das iſt ein
Gerutſche, Gebrumme, Gepoltre, Geduſele, Gedu-
dele, Geſchreite, Gewinſele und ein Gerumore
durch einander, daß man nicht weiß, wo man zuerſt
anfaſſen ſoll. Ich helf’ herzlich gern meinen Ne-
benmenſchen in der unſichtbaren Welt, aber es kann
Einem auch zu viel werden. Der Eine will erlöſt
ſeyn, der Andere hat ’n Schatz vergraben, der ein
Geheimbuch über die Seite gebracht, dazwiſchen
fallen die Sonnenkreiſe ab, wie reife Maulbeeren,
dem ſoll man was vorbeten, dem auf’m Clavier
was vorſpielen, wir wiſſen Beide nicht, ich und mein
Freund Eſchenmichel, wo uns der Kopf ſteht.


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[250/0268] beſondere Theilnahme an, ich ſtieg vom Wagen, hob mit Hülfe meines Fuhrmannes den Sinnloſen hinauf, und dachte, in Weinsberg werde ſich wohl ein Ort finden, wo er ausſchlafen könne. Endlich waren wir angelangt, und Doctor Kernbeißer, dem ich ſchon empfohlen worden war, empfing mich recht freundlich. — ’S iſt gut, ſagte er, daß Sie kommen. Für zwei Mann wird der Sache zu viel, wir brauchen junge Kräfte, um die Geiſterwelt gehörig beſtreiten zu können. ’S iſt heute einmal wieder ein tolles Getreibe hier und das Zwiſchenreich ganz des Henkers. Das iſt ein Gerutſche, Gebrumme, Gepoltre, Geduſele, Gedu- dele, Geſchreite, Gewinſele und ein Gerumore durch einander, daß man nicht weiß, wo man zuerſt anfaſſen ſoll. Ich helf’ herzlich gern meinen Ne- benmenſchen in der unſichtbaren Welt, aber es kann Einem auch zu viel werden. Der Eine will erlöſt ſeyn, der Andere hat ’n Schatz vergraben, der ein Geheimbuch über die Seite gebracht, dazwiſchen fallen die Sonnenkreiſe ab, wie reife Maulbeeren, dem ſoll man was vorbeten, dem auf’m Clavier was vorſpielen, wir wiſſen Beide nicht, ich und mein Freund Eſchenmichel, wo uns der Kopf ſteht.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/268>, abgerufen am 21.11.2024.