cellanmaler. Unterweges traf er mehrere Collegen. Durch die allerseltsamste Fügung brachte uns das Schicksal wieder zusammen. Er ging bei Nacht aus, einen Bock zu zeichnen und traf seinen Sohn.
Wir machten uns noch vor Tagesanbruch von Vrouw Elizabeth fort, denn mein Vater fühlte wohl, daß, da er dem Eigenthümer das fremde Thier nicht auf die Vase liefern könne, seine Rolle im Landhause ausgespielt sei. Wir benutzten die erste Schuite nach Amsterdam, und dort die erste Gelegenheit nach Bodenwerder. Als wir im Wagen saßen, ich wie in den ersten Zeiten in der Tasche, fiel mir der Gedanke an Frau von Münchhausen, die Gemahlin meines Vaters, schwer auf das Herz. Ich theilte ihm die Besorgniß mit und setzte hinzu: Wird es uns nicht gehen, wie Myn Heer van Streef, der in der Pforte seines Landhauses zum zweitenmale auf Reisen geschickt werden sollte?
Nein, mein Sohn, erwiederte er, die vortreffliche Frau ist bereits vor sechs Monden gestorben, von mir begraben und hinlänglich beweint worden. -- Ich zollte ihrem Andenken ebenfalls einige nachträgliche Zähren.
Auf Bodenwerder widmete sich mein Vater nun ganz dem Werke meiner Ausbildung. Denn ob-
cellanmaler. Unterweges traf er mehrere Collegen. Durch die allerſeltſamſte Fügung brachte uns das Schickſal wieder zuſammen. Er ging bei Nacht aus, einen Bock zu zeichnen und traf ſeinen Sohn.
Wir machten uns noch vor Tagesanbruch von Vrouw Elizabeth fort, denn mein Vater fühlte wohl, daß, da er dem Eigenthümer das fremde Thier nicht auf die Vaſe liefern könne, ſeine Rolle im Landhauſe ausgeſpielt ſei. Wir benutzten die erſte Schuite nach Amſterdam, und dort die erſte Gelegenheit nach Bodenwerder. Als wir im Wagen ſaßen, ich wie in den erſten Zeiten in der Taſche, fiel mir der Gedanke an Frau von Münchhauſen, die Gemahlin meines Vaters, ſchwer auf das Herz. Ich theilte ihm die Beſorgniß mit und ſetzte hinzu: Wird es uns nicht gehen, wie Myn Heer van Streef, der in der Pforte ſeines Landhauſes zum zweitenmale auf Reiſen geſchickt werden ſollte?
Nein, mein Sohn, erwiederte er, die vortreffliche Frau iſt bereits vor ſechs Monden geſtorben, von mir begraben und hinlänglich beweint worden. — Ich zollte ihrem Andenken ebenfalls einige nachträgliche Zähren.
Auf Bodenwerder widmete ſich mein Vater nun ganz dem Werke meiner Ausbildung. Denn ob-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0232"n="214"/>
cellanmaler. Unterweges traf er mehrere Collegen.<lb/>
Durch die allerſeltſamſte Fügung brachte uns das<lb/>
Schickſal wieder zuſammen. Er ging bei Nacht<lb/>
aus, einen Bock zu zeichnen und traf ſeinen Sohn.</p><lb/><p>Wir machten uns noch vor Tagesanbruch von<lb/>
Vrouw Elizabeth fort, denn mein Vater fühlte<lb/>
wohl, daß, da er dem Eigenthümer das fremde<lb/>
Thier nicht auf die Vaſe liefern könne, ſeine Rolle<lb/>
im Landhauſe ausgeſpielt ſei. Wir benutzten die<lb/>
erſte Schuite nach Amſterdam, und dort die erſte<lb/>
Gelegenheit nach Bodenwerder. Als wir im Wagen<lb/>ſaßen, ich wie in den erſten Zeiten in der Taſche,<lb/>
fiel mir der Gedanke an Frau von Münchhauſen,<lb/>
die Gemahlin meines Vaters, ſchwer auf das Herz.<lb/>
Ich theilte ihm die Beſorgniß mit und ſetzte hinzu:<lb/>
Wird es uns nicht gehen, wie Myn Heer van<lb/>
Streef, der in der Pforte ſeines Landhauſes zum<lb/>
zweitenmale auf Reiſen geſchickt werden ſollte?</p><lb/><p>Nein, mein Sohn, erwiederte er, die vortreffliche<lb/>
Frau iſt bereits vor ſechs Monden geſtorben, von mir<lb/>
begraben und hinlänglich beweint worden. — Ich zollte<lb/>
ihrem Andenken ebenfalls einige nachträgliche Zähren.</p><lb/><p>Auf Bodenwerder widmete ſich mein Vater nun<lb/>
ganz dem Werke meiner Ausbildung. Denn ob-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[214/0232]
cellanmaler. Unterweges traf er mehrere Collegen.
Durch die allerſeltſamſte Fügung brachte uns das
Schickſal wieder zuſammen. Er ging bei Nacht
aus, einen Bock zu zeichnen und traf ſeinen Sohn.
Wir machten uns noch vor Tagesanbruch von
Vrouw Elizabeth fort, denn mein Vater fühlte
wohl, daß, da er dem Eigenthümer das fremde
Thier nicht auf die Vaſe liefern könne, ſeine Rolle
im Landhauſe ausgeſpielt ſei. Wir benutzten die
erſte Schuite nach Amſterdam, und dort die erſte
Gelegenheit nach Bodenwerder. Als wir im Wagen
ſaßen, ich wie in den erſten Zeiten in der Taſche,
fiel mir der Gedanke an Frau von Münchhauſen,
die Gemahlin meines Vaters, ſchwer auf das Herz.
Ich theilte ihm die Beſorgniß mit und ſetzte hinzu:
Wird es uns nicht gehen, wie Myn Heer van
Streef, der in der Pforte ſeines Landhauſes zum
zweitenmale auf Reiſen geſchickt werden ſollte?
Nein, mein Sohn, erwiederte er, die vortreffliche
Frau iſt bereits vor ſechs Monden geſtorben, von mir
begraben und hinlänglich beweint worden. — Ich zollte
ihrem Andenken ebenfalls einige nachträgliche Zähren.
Auf Bodenwerder widmete ſich mein Vater nun
ganz dem Werke meiner Ausbildung. Denn ob-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/232>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.