aromatische Kräuter, wie am Helikon, fraß mich endlich einmal in Muße wieder satt und verschlief den meisten Theil der folgenden Tage aus über- großer Ermüdung von dem langen Reisewege. Erst etwa eine Woche später bekam ich sonach die Fähigkeit wieder, aufzumerken, über meine Umge- bung und mich nachzudenken.
Als dieser Zeitpunkt eingetreten war, habe ich die Lebensweise eines holländischen Rentenierers, der sich vom Geschäft zurückgezogen hat, gründlich kennen lernen. Denn mein Weide- und Wohnplatz lag hart unter den Fenstern des Lusthäuschens, welches durch den Hof von dem Haupthause ge- trennt, dem Herrn des Landhauses zu seinem täg- lichen Vergnügungsorte diente, es mochte Son- nenschein oder Nebel, Sturm oder Regen seyn. Sebulon hatte mir einen Felsen von Klinkern etwa vier Fuß hoch aufgebaut, welcher Klein-He- likon genannt wurde. Auf diesen kletterte ich häu- fig und konnte von ihm aus Alles sehen, was in dem Lusthäuschen vorging, das Meiste auch hören, was darin gesprochen wurde, da die Fenster, wenn das Wetter nicht gar zu schlecht war, nach der Menagerieseite zu, offen zu stehen pflegten. Nach
aromatiſche Kräuter, wie am Helikon, fraß mich endlich einmal in Muße wieder ſatt und verſchlief den meiſten Theil der folgenden Tage aus über- großer Ermüdung von dem langen Reiſewege. Erſt etwa eine Woche ſpäter bekam ich ſonach die Fähigkeit wieder, aufzumerken, über meine Umge- bung und mich nachzudenken.
Als dieſer Zeitpunkt eingetreten war, habe ich die Lebensweiſe eines holländiſchen Rentenierers, der ſich vom Geſchäft zurückgezogen hat, gründlich kennen lernen. Denn mein Weide- und Wohnplatz lag hart unter den Fenſtern des Luſthäuschens, welches durch den Hof von dem Haupthauſe ge- trennt, dem Herrn des Landhauſes zu ſeinem täg- lichen Vergnügungsorte diente, es mochte Son- nenſchein oder Nebel, Sturm oder Regen ſeyn. Sebulon hatte mir einen Felſen von Klinkern etwa vier Fuß hoch aufgebaut, welcher Klein-He- likon genannt wurde. Auf dieſen kletterte ich häu- fig und konnte von ihm aus Alles ſehen, was in dem Luſthäuschen vorging, das Meiſte auch hören, was darin geſprochen wurde, da die Fenſter, wenn das Wetter nicht gar zu ſchlecht war, nach der Menagerieſeite zu, offen zu ſtehen pflegten. Nach
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aromatiſche Kräuter, wie am Helikon, fraß mich
endlich einmal in Muße wieder ſatt und verſchlief
den meiſten Theil der folgenden Tage aus über-
großer Ermüdung von dem langen Reiſewege.
Erſt etwa eine Woche ſpäter bekam ich ſonach die
Fähigkeit wieder, aufzumerken, über meine Umge-
bung und mich nachzudenken.
Als dieſer Zeitpunkt eingetreten war, habe ich
die Lebensweiſe eines holländiſchen Rentenierers,
der ſich vom Geſchäft zurückgezogen hat, gründlich
kennen lernen. Denn mein Weide- und Wohnplatz
lag hart unter den Fenſtern des Luſthäuschens,
welches durch den Hof von dem Haupthauſe ge-
trennt, dem Herrn des Landhauſes zu ſeinem täg-
lichen Vergnügungsorte diente, es mochte Son-
nenſchein oder Nebel, Sturm oder Regen ſeyn.
Sebulon hatte mir einen Felſen von Klinkern
etwa vier Fuß hoch aufgebaut, welcher Klein-He-
likon genannt wurde. Auf dieſen kletterte ich häu-
fig und konnte von ihm aus Alles ſehen, was in
dem Luſthäuschen vorging, das Meiſte auch hören,
was darin geſprochen wurde, da die Fenſter, wenn
das Wetter nicht gar zu ſchlecht war, nach der
Menagerieſeite zu, offen zu ſtehen pflegten. Nach
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/208>, abgerufen am 30.11.2024.
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