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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839.

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Da raufte der treue Diener sein Haar,
weinte und schrie: O wehe mir, wehe! Myn
Heer van Streef ist auf diesem nichtswürdigen
Berge toll geworden; sein Thee schmeckt ihm dahau-
ßen besser als daheim; er lobt die Fremde auf
Kosten von Altniederland, er ist abgefallen von
Oranjeboven und Altniederland.

Sebulon erhitze dich nicht, sagte der Herr
gleichmüthig und freundlich. Ich habe meinen Ver-
stand nicht verloren. Weißt du, was Schwärmerei
bedeutet? Es ist der Zustand, worin sich der
Hanswurst von Franzosen, und der Bull von Eng-
länder oft befindet, und der deutsche Muff fast
immer, Altniederland aber niemals. Die Sache
sollte aber zur Probe auch einmal an uns kom-
men, denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. Ich
liefere die Probe. Ich schwärme, Sebulon, das
ist das Ganze. In dem Thee muß etwas seyn;
ich bin von dem Thee ein Schwärmer geworden,
denn ich muß es noch einmal sagen; er schmeckt
wahrhaftig besser, als der auf meinem Landgute
Welgelegen. Es wird aber schon wieder vergehen.

Nur mit Mühe gelang es dem schwärmerischen
Holländer, seinen Diener zu beruhigen. Am mei-

Da raufte der treue Diener ſein Haar,
weinte und ſchrie: O wehe mir, wehe! Myn
Heer van Streef iſt auf dieſem nichtswürdigen
Berge toll geworden; ſein Thee ſchmeckt ihm dahau-
ßen beſſer als daheim; er lobt die Fremde auf
Koſten von Altniederland, er iſt abgefallen von
Oranjeboven und Altniederland.

Sebulon erhitze dich nicht, ſagte der Herr
gleichmüthig und freundlich. Ich habe meinen Ver-
ſtand nicht verloren. Weißt du, was Schwärmerei
bedeutet? Es iſt der Zuſtand, worin ſich der
Hanswurſt von Franzoſen, und der Bull von Eng-
länder oft befindet, und der deutſche Muff faſt
immer, Altniederland aber niemals. Die Sache
ſollte aber zur Probe auch einmal an uns kom-
men, denn bei Gott iſt kein Ding unmöglich. Ich
liefere die Probe. Ich ſchwärme, Sebulon, das
iſt das Ganze. In dem Thee muß etwas ſeyn;
ich bin von dem Thee ein Schwärmer geworden,
denn ich muß es noch einmal ſagen; er ſchmeckt
wahrhaftig beſſer, als der auf meinem Landgute
Welgelegen. Es wird aber ſchon wieder vergehen.

Nur mit Mühe gelang es dem ſchwärmeriſchen
Holländer, ſeinen Diener zu beruhigen. Am mei-

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[182/0200] Da raufte der treue Diener ſein Haar, weinte und ſchrie: O wehe mir, wehe! Myn Heer van Streef iſt auf dieſem nichtswürdigen Berge toll geworden; ſein Thee ſchmeckt ihm dahau- ßen beſſer als daheim; er lobt die Fremde auf Koſten von Altniederland, er iſt abgefallen von Oranjeboven und Altniederland. Sebulon erhitze dich nicht, ſagte der Herr gleichmüthig und freundlich. Ich habe meinen Ver- ſtand nicht verloren. Weißt du, was Schwärmerei bedeutet? Es iſt der Zuſtand, worin ſich der Hanswurſt von Franzoſen, und der Bull von Eng- länder oft befindet, und der deutſche Muff faſt immer, Altniederland aber niemals. Die Sache ſollte aber zur Probe auch einmal an uns kom- men, denn bei Gott iſt kein Ding unmöglich. Ich liefere die Probe. Ich ſchwärme, Sebulon, das iſt das Ganze. In dem Thee muß etwas ſeyn; ich bin von dem Thee ein Schwärmer geworden, denn ich muß es noch einmal ſagen; er ſchmeckt wahrhaftig beſſer, als der auf meinem Landgute Welgelegen. Es wird aber ſchon wieder vergehen. Nur mit Mühe gelang es dem ſchwärmeriſchen Holländer, ſeinen Diener zu beruhigen. Am mei-

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 2. Düsseldorf, 1839, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen02_1839/200>, abgerufen am 28.04.2024.