Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

Bild:
<< vorherige Seite

Hingebung aus, und sein großer Hund, der neben
ihm liegt, sieht ihm sehr ähnlich.

Adolph Schrötter hat meinen Großvater getrof-
fen, wie kein Anderer vor ihm. Das ist aber auch
kein Wunder, denn mein Großvater ist ihm im
Traume erschienen, er hat eine Vision von ihm
gehabt. Die frommen Maler haben nicht allein
Visionen, nein! die Andern haben die ihrigen auch.
Es malt Keiner ein Paar Kinder, die von zwei
schlechten Kerlen todtgemacht werden sollen, oder
eine Kegelbahn, oder auch nur ein Portrait, ohne
daß er eine Vision von diesen Dingen gehabt
hätte. Und das ist der Vortheil dieser weltlichen
Gesichte: Man kann immer da die Vergleichung
anstellen, und urtheilen, ob die Erscheinungen richtig
gewesen sind, denn überall giebt es unschuldige
Kinder und schlechte Kerle und Kegelbahnen, und
Leute, die sich portraitiren lassen; aber bei den
frommen Visionen kann man das nie, und man weiß
daher auch nicht, ob die lieben Engelein und Heiligen
und die Mütter Gottes so ausgesehen haben, wie die
Leute behaupten, daß sie ihnen vorgekommen seien.

Daß Adolph Schrötter eine richtige Vision
gehabt, bestätigte noch letzthin ein alter eisgrauer

Hingebung aus, und ſein großer Hund, der neben
ihm liegt, ſieht ihm ſehr ähnlich.

Adolph Schrötter hat meinen Großvater getrof-
fen, wie kein Anderer vor ihm. Das iſt aber auch
kein Wunder, denn mein Großvater iſt ihm im
Traume erſchienen, er hat eine Viſion von ihm
gehabt. Die frommen Maler haben nicht allein
Viſionen, nein! die Andern haben die ihrigen auch.
Es malt Keiner ein Paar Kinder, die von zwei
ſchlechten Kerlen todtgemacht werden ſollen, oder
eine Kegelbahn, oder auch nur ein Portrait, ohne
daß er eine Viſion von dieſen Dingen gehabt
hätte. Und das iſt der Vortheil dieſer weltlichen
Geſichte: Man kann immer da die Vergleichung
anſtellen, und urtheilen, ob die Erſcheinungen richtig
geweſen ſind, denn überall giebt es unſchuldige
Kinder und ſchlechte Kerle und Kegelbahnen, und
Leute, die ſich portraitiren laſſen; aber bei den
frommen Viſionen kann man das nie, und man weiß
daher auch nicht, ob die lieben Engelein und Heiligen
und die Mütter Gottes ſo ausgeſehen haben, wie die
Leute behaupten, daß ſie ihnen vorgekommen ſeien.

Daß Adolph Schrötter eine richtige Viſion
gehabt, beſtätigte noch letzthin ein alter eisgrauer

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0082" n="74"/>
Hingebung aus, und &#x017F;ein großer Hund, der neben<lb/>
ihm liegt, &#x017F;ieht ihm &#x017F;ehr ähnlich.</p><lb/>
          <p>Adolph Schrötter hat meinen Großvater getrof-<lb/>
fen, wie kein Anderer vor ihm. Das i&#x017F;t aber auch<lb/>
kein Wunder, denn mein Großvater i&#x017F;t ihm im<lb/>
Traume er&#x017F;chienen, er hat eine Vi&#x017F;ion von ihm<lb/>
gehabt. Die frommen Maler haben nicht allein<lb/>
Vi&#x017F;ionen, nein! die Andern haben die ihrigen auch.<lb/>
Es malt Keiner ein Paar Kinder, die von zwei<lb/>
&#x017F;chlechten Kerlen todtgemacht werden &#x017F;ollen, oder<lb/>
eine Kegelbahn, oder auch nur ein Portrait, ohne<lb/>
daß er eine Vi&#x017F;ion von die&#x017F;en Dingen gehabt<lb/>
hätte. Und das i&#x017F;t der Vortheil die&#x017F;er weltlichen<lb/>
Ge&#x017F;ichte: Man kann immer da die Vergleichung<lb/>
an&#x017F;tellen, und urtheilen, ob die Er&#x017F;cheinungen richtig<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ind, denn überall giebt es un&#x017F;chuldige<lb/>
Kinder und &#x017F;chlechte Kerle und Kegelbahnen, und<lb/>
Leute, die &#x017F;ich portraitiren la&#x017F;&#x017F;en; aber bei den<lb/>
frommen Vi&#x017F;ionen kann man das nie, und man weiß<lb/>
daher auch nicht, ob die lieben Engelein und Heiligen<lb/>
und die Mütter Gottes &#x017F;o ausge&#x017F;ehen haben, wie die<lb/>
Leute behaupten, daß &#x017F;ie ihnen vorgekommen &#x017F;eien.</p><lb/>
          <p>Daß Adolph Schrötter eine richtige Vi&#x017F;ion<lb/>
gehabt, be&#x017F;tätigte noch letzthin ein alter eisgrauer<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[74/0082] Hingebung aus, und ſein großer Hund, der neben ihm liegt, ſieht ihm ſehr ähnlich. Adolph Schrötter hat meinen Großvater getrof- fen, wie kein Anderer vor ihm. Das iſt aber auch kein Wunder, denn mein Großvater iſt ihm im Traume erſchienen, er hat eine Viſion von ihm gehabt. Die frommen Maler haben nicht allein Viſionen, nein! die Andern haben die ihrigen auch. Es malt Keiner ein Paar Kinder, die von zwei ſchlechten Kerlen todtgemacht werden ſollen, oder eine Kegelbahn, oder auch nur ein Portrait, ohne daß er eine Viſion von dieſen Dingen gehabt hätte. Und das iſt der Vortheil dieſer weltlichen Geſichte: Man kann immer da die Vergleichung anſtellen, und urtheilen, ob die Erſcheinungen richtig geweſen ſind, denn überall giebt es unſchuldige Kinder und ſchlechte Kerle und Kegelbahnen, und Leute, die ſich portraitiren laſſen; aber bei den frommen Viſionen kann man das nie, und man weiß daher auch nicht, ob die lieben Engelein und Heiligen und die Mütter Gottes ſo ausgeſehen haben, wie die Leute behaupten, daß ſie ihnen vorgekommen ſeien. Daß Adolph Schrötter eine richtige Viſion gehabt, beſtätigte noch letzthin ein alter eisgrauer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/82
Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/82>, abgerufen am 23.11.2024.