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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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der Brüder wilde Reihn, aber ach! das Schönste
suchte er nicht auf den Fluren, womit er seine
Liebe schmückt'! Die Liebe erstarb in diesem Busen,
eine sinistre Falte des Unmuths lagerte sich auf
der denkenden Stirn, Entschlüsse reiften in ihm,
die zum Schrecken des Geschlechts finstre Thaten
wurden. Haarscheerer durch Bestimmung, dem in-
neren Berufe nach Lederhändler, Perückenmacher
aus Resignation, wurde er Tragiker aus Menschen-
haß, dem leider die Reue bis jetzt nicht gefolgt
ist. Ja, meine Freunde, alle jene Trauerspiele,
worin entweder der Held die Stiefeln seines Bru-
ders zu putzen hat, die Geliebte aber ihn auf jene
Welt vertröstet, in welcher er nicht mehr nach
Wichse riechen wird, oder worin der Landrath
Friedrich Barbarossa seine Dienstleiden erzählt, der
Steuerexecutor Heinrich der Sechste sich mit Bei-
treibung der Gefälle-Reste plagt, oder der biedre,
aufgeklärte Pastor Friedrich der Zweite aus Giels-
dorf wegen Rationalismus verdammte Scherereien
mit dem Lyoner Consistorium hat, die stuhlsetzen-
den Kämmerlinge jedoch, also die Abräumer, eigent-
lich die einzigen handelnden Personen sind, ja meine
Freunde, alles das, und o Gott! wie unendlich

Immermann's Münchhausen. 1. Th. 4

der Brüder wilde Reihn, aber ach! das Schönſte
ſuchte er nicht auf den Fluren, womit er ſeine
Liebe ſchmückt’! Die Liebe erſtarb in dieſem Buſen,
eine ſiniſtre Falte des Unmuths lagerte ſich auf
der denkenden Stirn, Entſchlüſſe reiften in ihm,
die zum Schrecken des Geſchlechts finſtre Thaten
wurden. Haarſcheerer durch Beſtimmung, dem in-
neren Berufe nach Lederhändler, Perückenmacher
aus Reſignation, wurde er Tragiker aus Menſchen-
haß, dem leider die Reue bis jetzt nicht gefolgt
iſt. Ja, meine Freunde, alle jene Trauerſpiele,
worin entweder der Held die Stiefeln ſeines Bru-
ders zu putzen hat, die Geliebte aber ihn auf jene
Welt vertröſtet, in welcher er nicht mehr nach
Wichſe riechen wird, oder worin der Landrath
Friedrich Barbaroſſa ſeine Dienſtleiden erzählt, der
Steuerexecutor Heinrich der Sechſte ſich mit Bei-
treibung der Gefälle-Reſte plagt, oder der biedre,
aufgeklärte Paſtor Friedrich der Zweite aus Giels-
dorf wegen Rationalismus verdammte Scherereien
mit dem Lyoner Conſiſtorium hat, die ſtuhlſetzen-
den Kämmerlinge jedoch, alſo die Abräumer, eigent-
lich die einzigen handelnden Perſonen ſind, ja meine
Freunde, alles das, und o Gott! wie unendlich

Immermann’s Münchhauſen. 1. Th. 4
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[49/0057] der Brüder wilde Reihn, aber ach! das Schönſte ſuchte er nicht auf den Fluren, womit er ſeine Liebe ſchmückt’! Die Liebe erſtarb in dieſem Buſen, eine ſiniſtre Falte des Unmuths lagerte ſich auf der denkenden Stirn, Entſchlüſſe reiften in ihm, die zum Schrecken des Geſchlechts finſtre Thaten wurden. Haarſcheerer durch Beſtimmung, dem in- neren Berufe nach Lederhändler, Perückenmacher aus Reſignation, wurde er Tragiker aus Menſchen- haß, dem leider die Reue bis jetzt nicht gefolgt iſt. Ja, meine Freunde, alle jene Trauerſpiele, worin entweder der Held die Stiefeln ſeines Bru- ders zu putzen hat, die Geliebte aber ihn auf jene Welt vertröſtet, in welcher er nicht mehr nach Wichſe riechen wird, oder worin der Landrath Friedrich Barbaroſſa ſeine Dienſtleiden erzählt, der Steuerexecutor Heinrich der Sechſte ſich mit Bei- treibung der Gefälle-Reſte plagt, oder der biedre, aufgeklärte Paſtor Friedrich der Zweite aus Giels- dorf wegen Rationalismus verdammte Scherereien mit dem Lyoner Conſiſtorium hat, die ſtuhlſetzen- den Kämmerlinge jedoch, alſo die Abräumer, eigent- lich die einzigen handelnden Perſonen ſind, ja meine Freunde, alles das, und o Gott! wie unendlich Immermann’s Münchhauſen. 1. Th. 4

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/57>, abgerufen am 24.11.2024.