samer, aber verstandner Reflex den Knopf des Feldwebelstocks traf, welcher darüber am dritten Haken hing. Ueberall tiefe, satte Farbentone, klare, durchsichtige Schatten! Die Wachtstube schien keine wirkliche Wachtstube zu seyn, sie war heute mehr, sie war eine gemalte.
Was Piepmeyers betrifft, so hatten sie ihre Postenstunden abgestanden, sie durften sich nun einem kurzen Schlafe überlassen. Ruhig lagen sie neben einander auf der Pritsche und schnarchten. Hinter der Pritsche hingen ihre sechs Zöpfe ein- trächtig herunter, damit der Wachtfriseur dieselben auch während ihres Schlummers neu einflechten könne.
Um diese Zeit ereignete sich folgende wunder- würdige Begebenheit. Nämlich der Wachtfriseur Isidor Hirsewenzel trat in die Wachtstube.
Darin sehe ich denn eben kein großes Wunder! fuhr der alte Baron unwillkührlich heraus.
Alles in der Natur und in der Geschichte hängt zusammen, sagte der Freiherr mit Würde. Man höre mich ohne Unterbrechung an, das Wunder folgt dem Kurhessischen Wachtfriseur Isidor Hirse- wenzel auf der Ferse.
ſamer, aber verſtandner Reflex den Knopf des Feldwebelſtocks traf, welcher darüber am dritten Haken hing. Ueberall tiefe, ſatte Farbentone, klare, durchſichtige Schatten! Die Wachtſtube ſchien keine wirkliche Wachtſtube zu ſeyn, ſie war heute mehr, ſie war eine gemalte.
Was Piepmeyers betrifft, ſo hatten ſie ihre Poſtenſtunden abgeſtanden, ſie durften ſich nun einem kurzen Schlafe überlaſſen. Ruhig lagen ſie neben einander auf der Pritſche und ſchnarchten. Hinter der Pritſche hingen ihre ſechs Zöpfe ein- trächtig herunter, damit der Wachtfriſeur dieſelben auch während ihres Schlummers neu einflechten könne.
Um dieſe Zeit ereignete ſich folgende wunder- würdige Begebenheit. Nämlich der Wachtfriſeur Iſidor Hirſewenzel trat in die Wachtſtube.
Darin ſehe ich denn eben kein großes Wunder! fuhr der alte Baron unwillkührlich heraus.
Alles in der Natur und in der Geſchichte hängt zuſammen, ſagte der Freiherr mit Würde. Man höre mich ohne Unterbrechung an, das Wunder folgt dem Kurheſſiſchen Wachtfriſeur Iſidor Hirſe- wenzel auf der Ferſe.
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ſamer, aber verſtandner Reflex den Knopf des
Feldwebelſtocks traf, welcher darüber am dritten
Haken hing. Ueberall tiefe, ſatte Farbentone, klare,
durchſichtige Schatten! Die Wachtſtube ſchien keine
wirkliche Wachtſtube zu ſeyn, ſie war heute mehr,
ſie war eine gemalte.
Was Piepmeyers betrifft, ſo hatten ſie ihre
Poſtenſtunden abgeſtanden, ſie durften ſich nun
einem kurzen Schlafe überlaſſen. Ruhig lagen ſie
neben einander auf der Pritſche und ſchnarchten.
Hinter der Pritſche hingen ihre ſechs Zöpfe ein-
trächtig herunter, damit der Wachtfriſeur dieſelben
auch während ihres Schlummers neu einflechten
könne.
Um dieſe Zeit ereignete ſich folgende wunder-
würdige Begebenheit. Nämlich der Wachtfriſeur
Iſidor Hirſewenzel trat in die Wachtſtube.
Darin ſehe ich denn eben kein großes Wunder!
fuhr der alte Baron unwillkührlich heraus.
Alles in der Natur und in der Geſchichte hängt
zuſammen, ſagte der Freiherr mit Würde. Man
höre mich ohne Unterbrechung an, das Wunder
folgt dem Kurheſſiſchen Wachtfriſeur Iſidor Hirſe-
wenzel auf der Ferſe.
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/51>, abgerufen am 23.11.2024.
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