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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Poltron und ich habe mit ihm auf einsamen nächt-
lichen Wanderungen zu Kranken oder Sterbenden
schon die lustigsten Scenen erlebt.

Doch lassen wir den Küster und seine Narrhei-
ten. Was die Procedur betrifft, welcher Sie heute
beiwohnten, so ist es unumgänglich nothwendig, daß
ich mich ihr in Person unterziehe; mein ganzes
Verhältniß zu den Leuten wäre gebrochen, wenn ich
zu ekel wäre, die alte Sitte mitzumachen. Mein
Vorgänger im Amte, der nicht aus hiesiger Gegend
war, schämte sich der terminirenden Fahrten, und
wollte schlechterdings nichts damit zu thun haben.
Was war die Folge davon. Er gerieth in die
übelsten Zwistigkeiten mit diesen Landgemeinen,
welche selbst auf den Verfall des Kirchlichen und
des Schulwesens Einfluß hatten. Zuletzt mußte
er gar um seine Versetzung einkommen und ich nahm
mir gleich vor, als ich die Pfarre erhielt, in allen
Dingen mich nach Ortsgebrauch zu verhalten. Hie-
bei habe ich mich denn bisher sehr wohl befunden,
und weit gefehlt, daß der Schein der Abhängigkeit,
welchen mir diese Fahrten geben, meinem Ansehen
schaden sollte; es wird vielmehr dadurch erhöht und
befestiget.


Poltron und ich habe mit ihm auf einſamen nächt-
lichen Wanderungen zu Kranken oder Sterbenden
ſchon die luſtigſten Scenen erlebt.

Doch laſſen wir den Küſter und ſeine Narrhei-
ten. Was die Procedur betrifft, welcher Sie heute
beiwohnten, ſo iſt es unumgänglich nothwendig, daß
ich mich ihr in Perſon unterziehe; mein ganzes
Verhältniß zu den Leuten wäre gebrochen, wenn ich
zu ekel wäre, die alte Sitte mitzumachen. Mein
Vorgänger im Amte, der nicht aus hieſiger Gegend
war, ſchämte ſich der terminirenden Fahrten, und
wollte ſchlechterdings nichts damit zu thun haben.
Was war die Folge davon. Er gerieth in die
übelſten Zwiſtigkeiten mit dieſen Landgemeinen,
welche ſelbſt auf den Verfall des Kirchlichen und
des Schulweſens Einfluß hatten. Zuletzt mußte
er gar um ſeine Verſetzung einkommen und ich nahm
mir gleich vor, als ich die Pfarre erhielt, in allen
Dingen mich nach Ortsgebrauch zu verhalten. Hie-
bei habe ich mich denn bisher ſehr wohl befunden,
und weit gefehlt, daß der Schein der Abhängigkeit,
welchen mir dieſe Fahrten geben, meinem Anſehen
ſchaden ſollte; es wird vielmehr dadurch erhöht und
befeſtiget.


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[392/0400] Poltron und ich habe mit ihm auf einſamen nächt- lichen Wanderungen zu Kranken oder Sterbenden ſchon die luſtigſten Scenen erlebt. Doch laſſen wir den Küſter und ſeine Narrhei- ten. Was die Procedur betrifft, welcher Sie heute beiwohnten, ſo iſt es unumgänglich nothwendig, daß ich mich ihr in Perſon unterziehe; mein ganzes Verhältniß zu den Leuten wäre gebrochen, wenn ich zu ekel wäre, die alte Sitte mitzumachen. Mein Vorgänger im Amte, der nicht aus hieſiger Gegend war, ſchämte ſich der terminirenden Fahrten, und wollte ſchlechterdings nichts damit zu thun haben. Was war die Folge davon. Er gerieth in die übelſten Zwiſtigkeiten mit dieſen Landgemeinen, welche ſelbſt auf den Verfall des Kirchlichen und des Schulweſens Einfluß hatten. Zuletzt mußte er gar um ſeine Verſetzung einkommen und ich nahm mir gleich vor, als ich die Pfarre erhielt, in allen Dingen mich nach Ortsgebrauch zu verhalten. Hie- bei habe ich mich denn bisher ſehr wohl befunden, und weit gefehlt, daß der Schein der Abhängigkeit, welchen mir dieſe Fahrten geben, meinem Anſehen ſchaden ſollte; es wird vielmehr dadurch erhöht und befeſtiget.

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/400>, abgerufen am 22.11.2024.