war derjenige gewesen, welcher sich bei dem Ein- zuge des Kurfürsten auf einen Eckstein gestellt, jubelnd seinen durch alle Verführungen der Fremd- herrschaft hindurch geretteten Zopf geschwungen und gerufen hatte: Durchlaucht! Durchlaucht! meiner sitzt noch! was dem alten Herrn die erste wahre Regentenfreude in seinen Staaten bereitet haben soll. Sobald nun die sechs Söhne Piep- meyer, welche zwei Paar Drillinge waren, die Mutter Piepmeyer in zwei nach einander folgenden Jahren ihrem Gatten geschenkt hatte, in das Soldatenalter traten, ließ Vater Piepmeyer alle sechs an einem und demselben Tage in die Kur- fürstliche Zopf- und Stiefeletten-Garde eintreten. Sie hatten alle sechs dasselbe Maaß, nämlich sechs Fuß, drei Striche; hielten auf die völlige Iden- tität ihrer Stiefeletten und Zöpfe, und sahen einander überhaupt zum Verwechseln gleich, so daß der Commandeur sie mit verschiedenfarbigen Strichen über der Nase bezeichnen lassen mußte, um sie im Dienst unterscheiden zu können. Karl Piepmeyer bekam einen gelben, Heinrich Piepmeyer einen blauen, Ferdinand Piepmeyer einen rothen, Guido Piepmeyer einen orangefarbnen, Christian
war derjenige geweſen, welcher ſich bei dem Ein- zuge des Kurfürſten auf einen Eckſtein geſtellt, jubelnd ſeinen durch alle Verführungen der Fremd- herrſchaft hindurch geretteten Zopf geſchwungen und gerufen hatte: Durchlaucht! Durchlaucht! meiner ſitzt noch! was dem alten Herrn die erſte wahre Regentenfreude in ſeinen Staaten bereitet haben ſoll. Sobald nun die ſechs Söhne Piep- meyer, welche zwei Paar Drillinge waren, die Mutter Piepmeyer in zwei nach einander folgenden Jahren ihrem Gatten geſchenkt hatte, in das Soldatenalter traten, ließ Vater Piepmeyer alle ſechs an einem und demſelben Tage in die Kur- fürſtliche Zopf- und Stiefeletten-Garde eintreten. Sie hatten alle ſechs daſſelbe Maaß, nämlich ſechs Fuß, drei Striche; hielten auf die völlige Iden- tität ihrer Stiefeletten und Zöpfe, und ſahen einander überhaupt zum Verwechſeln gleich, ſo daß der Commandeur ſie mit verſchiedenfarbigen Strichen über der Naſe bezeichnen laſſen mußte, um ſie im Dienſt unterſcheiden zu können. Karl Piepmeyer bekam einen gelben, Heinrich Piepmeyer einen blauen, Ferdinand Piepmeyer einen rothen, Guido Piepmeyer einen orangefarbnen, Chriſtian
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war derjenige geweſen, welcher ſich bei dem Ein-
zuge des Kurfürſten auf einen Eckſtein geſtellt,
jubelnd ſeinen durch alle Verführungen der Fremd-
herrſchaft hindurch geretteten Zopf geſchwungen
und gerufen hatte: Durchlaucht! Durchlaucht!
meiner ſitzt noch! was dem alten Herrn die erſte
wahre Regentenfreude in ſeinen Staaten bereitet
haben ſoll. Sobald nun die ſechs Söhne Piep-
meyer, welche zwei Paar Drillinge waren, die
Mutter Piepmeyer in zwei nach einander folgenden
Jahren ihrem Gatten geſchenkt hatte, in das
Soldatenalter traten, ließ Vater Piepmeyer alle
ſechs an einem und demſelben Tage in die Kur-
fürſtliche Zopf- und Stiefeletten-Garde eintreten.
Sie hatten alle ſechs daſſelbe Maaß, nämlich ſechs
Fuß, drei Striche; hielten auf die völlige Iden-
tität ihrer Stiefeletten und Zöpfe, und ſahen
einander überhaupt zum Verwechſeln gleich, ſo
daß der Commandeur ſie mit verſchiedenfarbigen
Strichen über der Naſe bezeichnen laſſen mußte,
um ſie im Dienſt unterſcheiden zu können. Karl
Piepmeyer bekam einen gelben, Heinrich Piepmeyer
einen blauen, Ferdinand Piepmeyer einen rothen,
Guido Piepmeyer einen orangefarbnen, Chriſtian
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/40>, abgerufen am 24.11.2024.
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