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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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lassen wollte, da das zu seinem Stande gehörte,
und darum ist an Ihnen eine Thorheit gesetzt, das
Schießen ohne Treffen. Sie sollten aber suchen,
mit der Gewalt davon los zu kommen, weil solche
Neigungen nicht aus den Wirkungen in der dunkeln
Kammer, nicht aus den Kräften und den eigenen
Rechten, wie Sie es nannten, herrühren, sondern
einzig und allein aus der Thorheit, durch welche
Sie groß Unglück anrichten können. Auch die
Mädchen haben mitunter das Gelüst, Feuer anzu-
legen, sie lassen es aber wohl bleiben, wenn sie
scharf zusammengenommen werden. Es kann und
soll aber der Mensch, über den kein Anderer gesetzt
worden, an ihm selber der Herr und Zuchtmeister seyn.

Zweitens thut die Geschichte lehren, daß im
Ehestande gar zu viel Liebe schädlich ist. Denn
Ihr Herr Vater würde mit dem Pferde nicht
gestürzt seyn, wenn Ihre Frau Mutter nicht so be-
sorgt aus der Thüre gesprungen wäre. Sie wollte
ihn vor Gefahr hüten und brachte ihn eben recht
in Gefahr. Wie leicht konnte ihn Einer von den
Herrn niederschießen, an die er nach der Jagd
Briefe schreiben wollte! Im Ehestande muß Alles
moderirt seyn, auch die Liebe, weil die Sache für

laſſen wollte, da das zu ſeinem Stande gehörte,
und darum iſt an Ihnen eine Thorheit geſetzt, das
Schießen ohne Treffen. Sie ſollten aber ſuchen,
mit der Gewalt davon los zu kommen, weil ſolche
Neigungen nicht aus den Wirkungen in der dunkeln
Kammer, nicht aus den Kräften und den eigenen
Rechten, wie Sie es nannten, herrühren, ſondern
einzig und allein aus der Thorheit, durch welche
Sie groß Unglück anrichten können. Auch die
Mädchen haben mitunter das Gelüſt, Feuer anzu-
legen, ſie laſſen es aber wohl bleiben, wenn ſie
ſcharf zuſammengenommen werden. Es kann und
ſoll aber der Menſch, über den kein Anderer geſetzt
worden, an ihm ſelber der Herr und Zuchtmeiſter ſeyn.

Zweitens thut die Geſchichte lehren, daß im
Eheſtande gar zu viel Liebe ſchädlich iſt. Denn
Ihr Herr Vater würde mit dem Pferde nicht
geſtürzt ſeyn, wenn Ihre Frau Mutter nicht ſo be-
ſorgt aus der Thüre geſprungen wäre. Sie wollte
ihn vor Gefahr hüten und brachte ihn eben recht
in Gefahr. Wie leicht konnte ihn Einer von den
Herrn niederſchießen, an die er nach der Jagd
Briefe ſchreiben wollte! Im Eheſtande muß Alles
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[367/0375] laſſen wollte, da das zu ſeinem Stande gehörte, und darum iſt an Ihnen eine Thorheit geſetzt, das Schießen ohne Treffen. Sie ſollten aber ſuchen, mit der Gewalt davon los zu kommen, weil ſolche Neigungen nicht aus den Wirkungen in der dunkeln Kammer, nicht aus den Kräften und den eigenen Rechten, wie Sie es nannten, herrühren, ſondern einzig und allein aus der Thorheit, durch welche Sie groß Unglück anrichten können. Auch die Mädchen haben mitunter das Gelüſt, Feuer anzu- legen, ſie laſſen es aber wohl bleiben, wenn ſie ſcharf zuſammengenommen werden. Es kann und ſoll aber der Menſch, über den kein Anderer geſetzt worden, an ihm ſelber der Herr und Zuchtmeiſter ſeyn. Zweitens thut die Geſchichte lehren, daß im Eheſtande gar zu viel Liebe ſchädlich iſt. Denn Ihr Herr Vater würde mit dem Pferde nicht geſtürzt ſeyn, wenn Ihre Frau Mutter nicht ſo be- ſorgt aus der Thüre geſprungen wäre. Sie wollte ihn vor Gefahr hüten und brachte ihn eben recht in Gefahr. Wie leicht konnte ihn Einer von den Herrn niederſchießen, an die er nach der Jagd Briefe ſchreiben wollte! Im Eheſtande muß Alles moderirt ſeyn, auch die Liebe, weil die Sache für

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/375>, abgerufen am 23.11.2024.