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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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darüber hingestrichen, haben wohl die Spitzen des
Gewächses abbrechen, aber die Wurzeln nicht aus-
rotten können, denen dann immer wieder frische
Schößlinge entsprossen, wenn gleich sich diese nicht
mehr zu Kronen und Wipfeln zusammenschließen
dürfen.

Die Gegend ist durchaus nicht, was man eine
schöne nennt, denn sie besteht lediglich aus wellen-
den Hebungen und Senkungen des Erdreichs, und
das Gebirge sieht man nur in der Ferne; 's ist
dieses auch mehr eine finstre Berglehne, als eine
schönliniirte Kette. Aber eben ihre Anspruchs-
losigkeit, daß sie sich nicht aufgeputzt Einem gegen-
über stellt, fragend: Wie gefall' ich dir? sondern
bis in die kleinsten Partikeln als fromme Schaffnerin
dem Aubau durch menschliche Hände dient, macht sie
mir doch sehr werth, und ich habe gute Stunden auf
meinen einsamen Streifereien genossen. Vielleicht
thut der Umstand auch das seinige, daß mein Herz ein-
mal wieder ganz ungestört seine Pendelschwingungen
ausschwingen darf, ohne daß vernünftige Leute am
Uhrwerke rücken und drehen.

Poetisch bin ich sogar geworden, was sagst du dazu,
mein alter Ernst? Hab' etwas hingeworfen, wozu

darüber hingeſtrichen, haben wohl die Spitzen des
Gewächſes abbrechen, aber die Wurzeln nicht aus-
rotten können, denen dann immer wieder friſche
Schößlinge entſproſſen, wenn gleich ſich dieſe nicht
mehr zu Kronen und Wipfeln zuſammenſchließen
dürfen.

Die Gegend iſt durchaus nicht, was man eine
ſchöne nennt, denn ſie beſteht lediglich aus wellen-
den Hebungen und Senkungen des Erdreichs, und
das Gebirge ſieht man nur in der Ferne; ’s iſt
dieſes auch mehr eine finſtre Berglehne, als eine
ſchönliniirte Kette. Aber eben ihre Anſpruchs-
loſigkeit, daß ſie ſich nicht aufgeputzt Einem gegen-
über ſtellt, fragend: Wie gefall’ ich dir? ſondern
bis in die kleinſten Partikeln als fromme Schaffnerin
dem Aubau durch menſchliche Hände dient, macht ſie
mir doch ſehr werth, und ich habe gute Stunden auf
meinen einſamen Streifereien genoſſen. Vielleicht
thut der Umſtand auch das ſeinige, daß mein Herz ein-
mal wieder ganz ungeſtört ſeine Pendelſchwingungen
ausſchwingen darf, ohne daß vernünftige Leute am
Uhrwerke rücken und drehen.

Poetiſch bin ich ſogar geworden, was ſagſt du dazu,
mein alter Ernſt? Hab’ etwas hingeworfen, wozu

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[343/0351] darüber hingeſtrichen, haben wohl die Spitzen des Gewächſes abbrechen, aber die Wurzeln nicht aus- rotten können, denen dann immer wieder friſche Schößlinge entſproſſen, wenn gleich ſich dieſe nicht mehr zu Kronen und Wipfeln zuſammenſchließen dürfen. Die Gegend iſt durchaus nicht, was man eine ſchöne nennt, denn ſie beſteht lediglich aus wellen- den Hebungen und Senkungen des Erdreichs, und das Gebirge ſieht man nur in der Ferne; ’s iſt dieſes auch mehr eine finſtre Berglehne, als eine ſchönliniirte Kette. Aber eben ihre Anſpruchs- loſigkeit, daß ſie ſich nicht aufgeputzt Einem gegen- über ſtellt, fragend: Wie gefall’ ich dir? ſondern bis in die kleinſten Partikeln als fromme Schaffnerin dem Aubau durch menſchliche Hände dient, macht ſie mir doch ſehr werth, und ich habe gute Stunden auf meinen einſamen Streifereien genoſſen. Vielleicht thut der Umſtand auch das ſeinige, daß mein Herz ein- mal wieder ganz ungeſtört ſeine Pendelſchwingungen ausſchwingen darf, ohne daß vernünftige Leute am Uhrwerke rücken und drehen. Poetiſch bin ich ſogar geworden, was ſagſt du dazu, mein alter Ernſt? Hab’ etwas hingeworfen, wozu

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/351>, abgerufen am 22.11.2024.