den Sauen und Hirschen seines Wildbanns aus- lassen, und ist von allem dem nicht ein Tüttelchen wahr, obgleich ich auch hier, Gott sei es geklagt, auf die Jagd gehe, aber im Dienste eines Westphä- lischen Bauern als Wilddieb gegen meine Herrn Standesgenossen.
Ich bitte dich, verliere die Geduld nicht; denn wenn seltsame Dinge von der Seele her- untergebeichtet werden sollen, so darf der Sün- der schon etwas stocken und zaudern, und der Beichtvater muß es sich gefallen lassen, das Tüchel lange vor dem Antlitz zu halten. In der Ohren- beicht aber fühle ich mich trotz meines guten Tübin- ger Protestantismus immer dir gegenüber, wenn ich etwas habe auslaufen lassen, was nicht inner- halb der Schnur war. Die Sünde kann ich nicht verschwören, aber, ist sie begangen, so verspüre ich wie ein Glaubiger der allgemeinen Kirche ein wahres Reinigungsbedürfniß in der Seele, und mein moralischer Reiniger bist du. Du hast mich in hundert Nöthen der Art schon losgesprochen -- -- ach nein! das hast du nicht, du hast immer bitter gezankt und gescholten, aber es ist nun ein- mal mein Schicksal; ich kann die Last nicht bei
21*
den Sauen und Hirſchen ſeines Wildbanns aus- laſſen, und iſt von allem dem nicht ein Tüttelchen wahr, obgleich ich auch hier, Gott ſei es geklagt, auf die Jagd gehe, aber im Dienſte eines Weſtphä- liſchen Bauern als Wilddieb gegen meine Herrn Standesgenoſſen.
Ich bitte dich, verliere die Geduld nicht; denn wenn ſeltſame Dinge von der Seele her- untergebeichtet werden ſollen, ſo darf der Sün- der ſchon etwas ſtocken und zaudern, und der Beichtvater muß es ſich gefallen laſſen, das Tüchel lange vor dem Antlitz zu halten. In der Ohren- beicht aber fühle ich mich trotz meines guten Tübin- ger Proteſtantismus immer dir gegenüber, wenn ich etwas habe auslaufen laſſen, was nicht inner- halb der Schnur war. Die Sünde kann ich nicht verſchwören, aber, iſt ſie begangen, ſo verſpüre ich wie ein Glaubiger der allgemeinen Kirche ein wahres Reinigungsbedürfniß in der Seele, und mein moraliſcher Reiniger biſt du. Du haſt mich in hundert Nöthen der Art ſchon losgeſprochen — — ach nein! das haſt du nicht, du haſt immer bitter gezankt und geſcholten, aber es iſt nun ein- mal mein Schickſal; ich kann die Laſt nicht bei
21*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0331"n="323"/>
den Sauen und Hirſchen ſeines Wildbanns aus-<lb/>
laſſen, und iſt von allem dem nicht ein Tüttelchen<lb/>
wahr, obgleich ich auch hier, Gott ſei es geklagt,<lb/>
auf die Jagd gehe, aber im Dienſte eines Weſtphä-<lb/>
liſchen Bauern als Wilddieb gegen meine Herrn<lb/>
Standesgenoſſen.</p><lb/><p>Ich bitte dich, verliere die Geduld nicht;<lb/>
denn wenn ſeltſame Dinge von der Seele her-<lb/>
untergebeichtet werden ſollen, ſo darf der Sün-<lb/>
der ſchon etwas ſtocken und zaudern, und der<lb/>
Beichtvater muß es ſich gefallen laſſen, das Tüchel<lb/>
lange vor dem Antlitz zu halten. In der Ohren-<lb/>
beicht aber fühle ich mich trotz meines guten Tübin-<lb/>
ger Proteſtantismus immer dir gegenüber, wenn<lb/>
ich etwas habe auslaufen laſſen, was nicht inner-<lb/>
halb der Schnur war. Die Sünde kann ich nicht<lb/>
verſchwören, aber, iſt ſie begangen, ſo verſpüre<lb/>
ich wie ein Glaubiger der allgemeinen Kirche ein<lb/>
wahres Reinigungsbedürfniß in der Seele, und<lb/>
mein moraliſcher Reiniger biſt <hirendition="#g">du</hi>. Du haſt mich<lb/>
in hundert Nöthen der Art ſchon losgeſprochen —<lb/>— ach nein! das haſt du nicht, du haſt immer<lb/>
bitter gezankt und geſcholten, aber es iſt nun ein-<lb/>
mal mein Schickſal; ich kann die Laſt nicht bei<lb/><fwplace="bottom"type="sig">21*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[323/0331]
den Sauen und Hirſchen ſeines Wildbanns aus-
laſſen, und iſt von allem dem nicht ein Tüttelchen
wahr, obgleich ich auch hier, Gott ſei es geklagt,
auf die Jagd gehe, aber im Dienſte eines Weſtphä-
liſchen Bauern als Wilddieb gegen meine Herrn
Standesgenoſſen.
Ich bitte dich, verliere die Geduld nicht;
denn wenn ſeltſame Dinge von der Seele her-
untergebeichtet werden ſollen, ſo darf der Sün-
der ſchon etwas ſtocken und zaudern, und der
Beichtvater muß es ſich gefallen laſſen, das Tüchel
lange vor dem Antlitz zu halten. In der Ohren-
beicht aber fühle ich mich trotz meines guten Tübin-
ger Proteſtantismus immer dir gegenüber, wenn
ich etwas habe auslaufen laſſen, was nicht inner-
halb der Schnur war. Die Sünde kann ich nicht
verſchwören, aber, iſt ſie begangen, ſo verſpüre
ich wie ein Glaubiger der allgemeinen Kirche ein
wahres Reinigungsbedürfniß in der Seele, und
mein moraliſcher Reiniger biſt du. Du haſt mich
in hundert Nöthen der Art ſchon losgeſprochen —
— ach nein! das haſt du nicht, du haſt immer
bitter gezankt und geſcholten, aber es iſt nun ein-
mal mein Schickſal; ich kann die Laſt nicht bei
21*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/331>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.