Mich soll der Teufel holen -- denn ich werde allemal lyrisch, wenn die selige Rückerinnerung an diese Tage über mich kommt -- habe ich meine angeb- liche reiche Erbin nicht geliebt, wie noch nie eine Frauensperson geliebt worden ist! Ich war sinn- lich, aber nie ohne Empfindung, denn ich weinte immerfort, so daß ich mir eine Thränenfistel zuzog. Geist spendirte ich, daß es nur so eine Art hatte; wie oft rief ich: Arm in Arm mit dir fühle ich eine Armee in meiner Faust! Ich habe Heroen- muth, den alten Sauerteig des Jahrhunderts weg zu fegen, und die Käuzlein aus den Höhlen zu treiben, worin sie noch immer blinzelnd über ihren verlegnen faulen Eiern brüten, denen nie eine lebendige Wirklichkeit entkriechen wird!
Münchhausen! fuhr der Schloßherr auf; die Geschichte nimmt eine unangenehme Wendung. Das Alte ist gut, und man muß wohlerworbene Rechte achten. Auch er ging hinaus.
1. die Sinnlichkeit
2. der Geiſt
3. die Empfindung
4. die Phantaſie
5. die Selbſtſucht
6. die Hingebung
in der Liebe.
Mich ſoll der Teufel holen — denn ich werde allemal lyriſch, wenn die ſelige Rückerinnerung an dieſe Tage über mich kommt — habe ich meine angeb- liche reiche Erbin nicht geliebt, wie noch nie eine Frauensperſon geliebt worden iſt! Ich war ſinn- lich, aber nie ohne Empfindung, denn ich weinte immerfort, ſo daß ich mir eine Thränenfiſtel zuzog. Geiſt ſpendirte ich, daß es nur ſo eine Art hatte; wie oft rief ich: Arm in Arm mit dir fühle ich eine Armee in meiner Fauſt! Ich habe Heroen- muth, den alten Sauerteig des Jahrhunderts weg zu fegen, und die Käuzlein aus den Höhlen zu treiben, worin ſie noch immer blinzelnd über ihren verlegnen faulen Eiern brüten, denen nie eine lebendige Wirklichkeit entkriechen wird!
Münchhauſen! fuhr der Schloßherr auf; die Geſchichte nimmt eine unangenehme Wendung. Das Alte iſt gut, und man muß wohlerworbene Rechte achten. Auch er ging hinaus.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0239"n="231"/><list><item><listrendition="#rightBraced"><item>1. die Sinnlichkeit</item><lb/><item>2. der Geiſt</item><lb/><item>3. die Empfindung</item><lb/><item>4. die Phantaſie</item><lb/><item>5. die Selbſtſucht</item><lb/><item>6. die Hingebung</item></list> in der Liebe.</item></list><lb/><p>Mich ſoll der Teufel holen — denn ich werde<lb/>
allemal lyriſch, wenn die ſelige Rückerinnerung an<lb/>
dieſe Tage über mich kommt — habe ich meine angeb-<lb/>
liche reiche Erbin nicht geliebt, wie noch nie eine<lb/>
Frauensperſon geliebt worden iſt! Ich war ſinn-<lb/>
lich, aber nie ohne Empfindung, denn ich weinte<lb/>
immerfort, ſo daß ich mir eine Thränenfiſtel zuzog.<lb/>
Geiſt ſpendirte ich, daß es nur ſo eine Art hatte;<lb/>
wie oft rief ich: Arm in Arm mit dir fühle ich<lb/>
eine Armee in meiner Fauſt! Ich habe Heroen-<lb/>
muth, den alten Sauerteig des Jahrhunderts weg<lb/>
zu fegen, und die Käuzlein aus den Höhlen zu<lb/>
treiben, worin ſie noch immer blinzelnd über ihren<lb/>
verlegnen faulen Eiern brüten, denen nie eine<lb/>
lebendige Wirklichkeit entkriechen wird!</p><lb/><p>Münchhauſen! fuhr der Schloßherr auf; die<lb/>
Geſchichte nimmt eine unangenehme Wendung. Das<lb/>
Alte iſt gut, und man muß wohlerworbene Rechte<lb/>
achten. Auch er ging hinaus.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[231/0239]
1. die Sinnlichkeit
2. der Geiſt
3. die Empfindung
4. die Phantaſie
5. die Selbſtſucht
6. die Hingebung
in der Liebe.
Mich ſoll der Teufel holen — denn ich werde
allemal lyriſch, wenn die ſelige Rückerinnerung an
dieſe Tage über mich kommt — habe ich meine angeb-
liche reiche Erbin nicht geliebt, wie noch nie eine
Frauensperſon geliebt worden iſt! Ich war ſinn-
lich, aber nie ohne Empfindung, denn ich weinte
immerfort, ſo daß ich mir eine Thränenfiſtel zuzog.
Geiſt ſpendirte ich, daß es nur ſo eine Art hatte;
wie oft rief ich: Arm in Arm mit dir fühle ich
eine Armee in meiner Fauſt! Ich habe Heroen-
muth, den alten Sauerteig des Jahrhunderts weg
zu fegen, und die Käuzlein aus den Höhlen zu
treiben, worin ſie noch immer blinzelnd über ihren
verlegnen faulen Eiern brüten, denen nie eine
lebendige Wirklichkeit entkriechen wird!
Münchhauſen! fuhr der Schloßherr auf; die
Geſchichte nimmt eine unangenehme Wendung. Das
Alte iſt gut, und man muß wohlerworbene Rechte
achten. Auch er ging hinaus.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/239>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.