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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838.

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Gaste besaß er jetzt mehr, als ihm eine Zeitschrift
bieten konnte, der Geist aller Journale erschien
in Münchhausen verkörpert. Immer ging der
wunderbare Mann bei seinen Erzählungen von
etwas Bekanntem und Verbürgtem aus, erhob sich
aber von dieser Grundfläche zu den kühnsten und
abentheuerlichsten Schwüngen, so daß man wohl
sagen konnte, er stelle recht eigentlich in seiner
Person den gewaltigen Fortschritt unserer Zeit dar.

Freilich blieb die Empfindung des Schloßherrn
nicht ganz ohne eine hin und wieder hervortre-
tende entgegengesetzte Beimischung. Münchhausen
redete auch viel von Literatur und Poesie, und
konnte bei solchen Gesprächen leicht satirisch wer-
den. Der alte Baron hatte aber an diesen Gegen-
ständen kein Interesse, und haßte die Satire;
weßhalb er denn auch derartigen Conversationen
sich nur mit einem gewissen Unbehagen hingab.
Wirklich verletzt aber fühlte er sich, wenn Münch-
hausen, wie er nicht selten that, seine Meinung
äußerte, alle Menschen seien gleich geboren, und
nur der Wahn, der aber für immer ab und todt
sei, habe den Einen durch seine Geburt zu Vor-
zügen bestimmt ausgeben können, die nicht auch

Gaſte beſaß er jetzt mehr, als ihm eine Zeitſchrift
bieten konnte, der Geiſt aller Journale erſchien
in Münchhauſen verkörpert. Immer ging der
wunderbare Mann bei ſeinen Erzählungen von
etwas Bekanntem und Verbürgtem aus, erhob ſich
aber von dieſer Grundfläche zu den kühnſten und
abentheuerlichſten Schwüngen, ſo daß man wohl
ſagen konnte, er ſtelle recht eigentlich in ſeiner
Perſon den gewaltigen Fortſchritt unſerer Zeit dar.

Freilich blieb die Empfindung des Schloßherrn
nicht ganz ohne eine hin und wieder hervortre-
tende entgegengeſetzte Beimiſchung. Münchhauſen
redete auch viel von Literatur und Poeſie, und
konnte bei ſolchen Geſprächen leicht ſatiriſch wer-
den. Der alte Baron hatte aber an dieſen Gegen-
ſtänden kein Intereſſe, und haßte die Satire;
weßhalb er denn auch derartigen Converſationen
ſich nur mit einem gewiſſen Unbehagen hingab.
Wirklich verletzt aber fühlte er ſich, wenn Münch-
hauſen, wie er nicht ſelten that, ſeine Meinung
äußerte, alle Menſchen ſeien gleich geboren, und
nur der Wahn, der aber für immer ab und todt
ſei, habe den Einen durch ſeine Geburt zu Vor-
zügen beſtimmt ausgeben können, die nicht auch

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[192/0200] Gaſte beſaß er jetzt mehr, als ihm eine Zeitſchrift bieten konnte, der Geiſt aller Journale erſchien in Münchhauſen verkörpert. Immer ging der wunderbare Mann bei ſeinen Erzählungen von etwas Bekanntem und Verbürgtem aus, erhob ſich aber von dieſer Grundfläche zu den kühnſten und abentheuerlichſten Schwüngen, ſo daß man wohl ſagen konnte, er ſtelle recht eigentlich in ſeiner Perſon den gewaltigen Fortſchritt unſerer Zeit dar. Freilich blieb die Empfindung des Schloßherrn nicht ganz ohne eine hin und wieder hervortre- tende entgegengeſetzte Beimiſchung. Münchhauſen redete auch viel von Literatur und Poeſie, und konnte bei ſolchen Geſprächen leicht ſatiriſch wer- den. Der alte Baron hatte aber an dieſen Gegen- ſtänden kein Intereſſe, und haßte die Satire; weßhalb er denn auch derartigen Converſationen ſich nur mit einem gewiſſen Unbehagen hingab. Wirklich verletzt aber fühlte er ſich, wenn Münch- hauſen, wie er nicht ſelten that, ſeine Meinung äußerte, alle Menſchen ſeien gleich geboren, und nur der Wahn, der aber für immer ab und todt ſei, habe den Einen durch ſeine Geburt zu Vor- zügen beſtimmt ausgeben können, die nicht auch

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Zitationshilfe: Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/200>, abgerufen am 05.12.2024.