Nach einer Pause, die so feierlich war, als die- jenige zu seyn pflegt, welche die Comödianten vor der großen Scene machen, in welcher die Liebe dadurch über die Cabale siegt, daß Ferdinand sei- ner Louise Rattenpulver in Limonade eingiebt, nach einer Pause, lang und lastend, wie die vorstehende Periode, sagte das Fräulein schüchtern zum Frei- herrn: Herr von Münchhausen, Sie treten wie ein mythisches Product unsrer Zustände mit innerer Nothwendigkeit in die Burg meiner Väter. Schon haben Sie sich selbst in Ihrer Gartenrede als einen durch beziehungsvolle Beziehungen mit unsern Wünschen und Aussichten Verknüpften empfunden. Verargen Sie es daher der schüchternen Jungfrau nicht, wenn sie, die Gesetze der Zurückhaltung, welche sonst meinem Geschlechte eignen, brechend, Sie herzlich und dringend fragt: Giebt es noch Laufer?
Ja, meine Gnädige, erwiederte der Freiherr mit ernster Rührung; es giebt allerdings noch Laufer.
Pflegen sich wohl Fürsten dergleichen Laufer zu halten? fragte das Fräulein, indem sie eine Thräne im rechten Auge zerdrückte.
Nach einer Pauſe, die ſo feierlich war, als die- jenige zu ſeyn pflegt, welche die Comödianten vor der großen Scene machen, in welcher die Liebe dadurch über die Cabale ſiegt, daß Ferdinand ſei- ner Louiſe Rattenpulver in Limonade eingiebt, nach einer Pauſe, lang und laſtend, wie die vorſtehende Periode, ſagte das Fräulein ſchüchtern zum Frei- herrn: Herr von Münchhauſen, Sie treten wie ein mythiſches Product unſrer Zuſtände mit innerer Nothwendigkeit in die Burg meiner Väter. Schon haben Sie ſich ſelbſt in Ihrer Gartenrede als einen durch beziehungsvolle Beziehungen mit unſern Wünſchen und Ausſichten Verknüpften empfunden. Verargen Sie es daher der ſchüchternen Jungfrau nicht, wenn ſie, die Geſetze der Zurückhaltung, welche ſonſt meinem Geſchlechte eignen, brechend, Sie herzlich und dringend fragt: Giebt es noch Laufer?
Ja, meine Gnädige, erwiederte der Freiherr mit ernſter Rührung; es giebt allerdings noch Laufer.
Pflegen ſich wohl Fürſten dergleichen Laufer zu halten? fragte das Fräulein, indem ſie eine Thräne im rechten Auge zerdrückte.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0195"n="187"/><p>Nach einer Pauſe, die ſo feierlich war, als die-<lb/>
jenige zu ſeyn pflegt, welche die Comödianten vor<lb/>
der großen Scene machen, in welcher die Liebe<lb/>
dadurch über die Cabale ſiegt, daß Ferdinand ſei-<lb/>
ner Louiſe Rattenpulver in Limonade eingiebt, nach<lb/>
einer Pauſe, lang und laſtend, wie die vorſtehende<lb/>
Periode, ſagte das Fräulein ſchüchtern zum Frei-<lb/>
herrn: Herr von Münchhauſen, Sie treten wie ein<lb/>
mythiſches Product unſrer Zuſtände mit innerer<lb/>
Nothwendigkeit in die Burg meiner Väter. Schon<lb/>
haben Sie ſich ſelbſt in Ihrer Gartenrede als<lb/>
einen durch beziehungsvolle Beziehungen mit unſern<lb/>
Wünſchen und Ausſichten Verknüpften empfunden.<lb/>
Verargen Sie es daher der ſchüchternen Jungfrau<lb/>
nicht, wenn ſie, die Geſetze der Zurückhaltung,<lb/>
welche ſonſt meinem Geſchlechte eignen, brechend,<lb/>
Sie herzlich und dringend fragt: Giebt es noch<lb/>
Laufer?</p><lb/><p>Ja, meine Gnädige, erwiederte der Freiherr<lb/>
mit ernſter Rührung; es giebt allerdings noch<lb/>
Laufer.</p><lb/><p>Pflegen ſich wohl Fürſten dergleichen Laufer<lb/>
zu halten? fragte das Fräulein, indem ſie eine<lb/>
Thräne im rechten Auge zerdrückte.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[187/0195]
Nach einer Pauſe, die ſo feierlich war, als die-
jenige zu ſeyn pflegt, welche die Comödianten vor
der großen Scene machen, in welcher die Liebe
dadurch über die Cabale ſiegt, daß Ferdinand ſei-
ner Louiſe Rattenpulver in Limonade eingiebt, nach
einer Pauſe, lang und laſtend, wie die vorſtehende
Periode, ſagte das Fräulein ſchüchtern zum Frei-
herrn: Herr von Münchhauſen, Sie treten wie ein
mythiſches Product unſrer Zuſtände mit innerer
Nothwendigkeit in die Burg meiner Väter. Schon
haben Sie ſich ſelbſt in Ihrer Gartenrede als
einen durch beziehungsvolle Beziehungen mit unſern
Wünſchen und Ausſichten Verknüpften empfunden.
Verargen Sie es daher der ſchüchternen Jungfrau
nicht, wenn ſie, die Geſetze der Zurückhaltung,
welche ſonſt meinem Geſchlechte eignen, brechend,
Sie herzlich und dringend fragt: Giebt es noch
Laufer?
Ja, meine Gnädige, erwiederte der Freiherr
mit ernſter Rührung; es giebt allerdings noch
Laufer.
Pflegen ſich wohl Fürſten dergleichen Laufer
zu halten? fragte das Fräulein, indem ſie eine
Thräne im rechten Auge zerdrückte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/195>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.