Ach, meine Gnädige, ist es nicht ein Unglück für einen armen Erzähler, daß er immerfort die alten Geschichten wieder aufwärmen muß? Die Sachen, die ich da berichte, schienen schon vor fünfzig Jahren durch die Romanenschreiber jener Zeiten so verbraucht zu seyn! Und ich muß den längstgekochten Kohl doch wieder zum Feuer rücken!
"Sie erzählen ja von der Vergangenheit, Herr Herausgeber, und dahinein gehören allerdings solche alte Geschichten."
Ich danke Ihnen tausendmal für diese Erinne- rung, meine Gnädige. Ja wohl, ich erzähle von der Vergangenheit, von Dingen, die ab und todt sind, wie die weiland in der Schmiede gewesene Adelskette. Meine Phantasie riß mich nur hin, daß ich mir die Erfindung derer von Schnuck als der Gegenwart oder nächsten Zukunft angehörig vorstellen mußte. Nein, sie wird nicht wieder aufkommen, diese Erfindung; gegen sie spricht wirklich eine ungeheure Majorität, die Majorität aller rechtlichen Leute, die es sich haben sauer werden lassen in der Welt. Also nur ohne Stocken und Seufzen weiter in diesen Sagen der Vorzeit!
Ach, meine Gnädige, iſt es nicht ein Unglück für einen armen Erzähler, daß er immerfort die alten Geſchichten wieder aufwärmen muß? Die Sachen, die ich da berichte, ſchienen ſchon vor fünfzig Jahren durch die Romanenſchreiber jener Zeiten ſo verbraucht zu ſeyn! Und ich muß den längſtgekochten Kohl doch wieder zum Feuer rücken!
„Sie erzählen ja von der Vergangenheit, Herr Herausgeber, und dahinein gehören allerdings ſolche alte Geſchichten.“
Ich danke Ihnen tauſendmal für dieſe Erinne- rung, meine Gnädige. Ja wohl, ich erzähle von der Vergangenheit, von Dingen, die ab und todt ſind, wie die weiland in der Schmiede geweſene Adelskette. Meine Phantaſie riß mich nur hin, daß ich mir die Erfindung derer von Schnuck als der Gegenwart oder nächſten Zukunft angehörig vorſtellen mußte. Nein, ſie wird nicht wieder aufkommen, dieſe Erfindung; gegen ſie ſpricht wirklich eine ungeheure Majorität, die Majorität aller rechtlichen Leute, die es ſich haben ſauer werden laſſen in der Welt. Alſo nur ohne Stocken und Seufzen weiter in dieſen Sagen der Vorzeit!
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Ach, meine Gnädige, iſt es nicht ein Unglück
für einen armen Erzähler, daß er immerfort die
alten Geſchichten wieder aufwärmen muß? Die
Sachen, die ich da berichte, ſchienen ſchon vor
fünfzig Jahren durch die Romanenſchreiber jener
Zeiten ſo verbraucht zu ſeyn! Und ich muß den
längſtgekochten Kohl doch wieder zum Feuer rücken!
„Sie erzählen ja von der Vergangenheit, Herr
Herausgeber, und dahinein gehören allerdings ſolche
alte Geſchichten.“
Ich danke Ihnen tauſendmal für dieſe Erinne-
rung, meine Gnädige. Ja wohl, ich erzähle von
der Vergangenheit, von Dingen, die ab und todt
ſind, wie die weiland in der Schmiede geweſene
Adelskette. Meine Phantaſie riß mich nur hin,
daß ich mir die Erfindung derer von Schnuck als
der Gegenwart oder nächſten Zukunft angehörig
vorſtellen mußte. Nein, ſie wird nicht wieder
aufkommen, dieſe Erfindung; gegen ſie ſpricht
wirklich eine ungeheure Majorität, die Majorität
aller rechtlichen Leute, die es ſich haben ſauer
werden laſſen in der Welt. Alſo nur ohne
Stocken und Seufzen weiter in dieſen Sagen der
Vorzeit!
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Immermann, Karl: Münchhausen. Bd. 1. Düsseldorf, 1838, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/immermann_muenchhausen01_1838/113>, abgerufen am 24.11.2024.
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