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Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785.

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Anton. Du weinst? -- ist es denn so traurig, was
noch nachkömmt? Weine nicht. Wenn Du weinest, so
thut mir es in der Seele weh! Nun sprich -- --
Friedrike. Anton -- Deine Eltern sind dreißig Jahre
verheirathet und leben heute noch so glücklich, als am
ersten Tage ihrer Heirath. So oft ich sie ansehe, denke
ich, ob wir wohl auch so glücklich -- und so lange
glücklich sein werden? Anton -- mein ganzes Leben ist
in Dir. Wäre es möglich, daß Du einmal mich weni-
ger liebtest, als heute? -- Wenn ich Eltern hätte, sie
würden Dich an meiner Stelle fragen. Nun bin ich
eine Waise, und mein Leben ist in Deiner Hand. Wäre
es möglich -- so laß uns gleich abbrechen. Es wird
mir das Leben kosten, das weiß ich; aber ich sterbe doch
sanfter, als wenn -- -- -- (sie bedeckt sich das Gesicht.
Anton umfaßt sie mit einem Arm.)
Ach Anton!
Anton. Riekchen -- Riekchen, sieh mich an! (sie
sieht ihn innig an, er legt ihre Hand auf sein Herz.)
Gott
weiß, es ist kein Falsch in mir.
Friedrike. Hast Du Dich geprüft, ob es wirklich
Liebe ist, was -- -- --
Anton. Ich habe mich nicht geprüft. Das ist nicht
nöthig. Als Du nicht hier warst, da war mir Nichts
lieb, immer war ich verdrießlich. Nun Du wieder hier
E
Anton. Du weinſt? — iſt es denn ſo traurig, was
noch nachkoͤmmt? Weine nicht. Wenn Du weineſt, ſo
thut mir es in der Seele weh! Nun ſprich — —
Friedrike. Anton — Deine Eltern ſind dreißig Jahre
verheirathet und leben heute noch ſo gluͤcklich, als am
erſten Tage ihrer Heirath. So oft ich ſie anſehe, denke
ich, ob wir wohl auch ſo gluͤcklich — und ſo lange
gluͤcklich ſein werden? Anton — mein ganzes Leben iſt
in Dir. Waͤre es moͤglich, daß Du einmal mich weni-
ger liebteſt, als heute? — Wenn ich Eltern haͤtte, ſie
wuͤrden Dich an meiner Stelle fragen. Nun bin ich
eine Waiſe, und mein Leben iſt in Deiner Hand. Waͤre
es moͤglich — ſo laß uns gleich abbrechen. Es wird
mir das Leben koſten, das weiß ich; aber ich ſterbe doch
ſanfter, als wenn — — — (ſie bedeckt ſich das Geſicht.
Anton umfaßt ſie mit einem Arm.)
Ach Anton!
Anton. Riekchen — Riekchen, ſieh mich an! (ſie
ſieht ihn innig an, er legt ihre Hand auf ſein Herz.)
Gott
weiß, es iſt kein Falſch in mir.
Friedrike. Haſt Du Dich gepruͤft, ob es wirklich
Liebe iſt, was — — —
Anton. Ich habe mich nicht gepruͤft. Das iſt nicht
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lieb, immer war ich verdrießlich. Nun Du wieder hier
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[65/0071] Anton. Du weinſt? — iſt es denn ſo traurig, was noch nachkoͤmmt? Weine nicht. Wenn Du weineſt, ſo thut mir es in der Seele weh! Nun ſprich — — Friedrike. Anton — Deine Eltern ſind dreißig Jahre verheirathet und leben heute noch ſo gluͤcklich, als am erſten Tage ihrer Heirath. So oft ich ſie anſehe, denke ich, ob wir wohl auch ſo gluͤcklich — und ſo lange gluͤcklich ſein werden? Anton — mein ganzes Leben iſt in Dir. Waͤre es moͤglich, daß Du einmal mich weni- ger liebteſt, als heute? — Wenn ich Eltern haͤtte, ſie wuͤrden Dich an meiner Stelle fragen. Nun bin ich eine Waiſe, und mein Leben iſt in Deiner Hand. Waͤre es moͤglich — ſo laß uns gleich abbrechen. Es wird mir das Leben koſten, das weiß ich; aber ich ſterbe doch ſanfter, als wenn — — — (ſie bedeckt ſich das Geſicht. Anton umfaßt ſie mit einem Arm.) Ach Anton! Anton. Riekchen — Riekchen, ſieh mich an! (ſie ſieht ihn innig an, er legt ihre Hand auf ſein Herz.) Gott weiß, es iſt kein Falſch in mir. Friedrike. Haſt Du Dich gepruͤft, ob es wirklich Liebe iſt, was — — — Anton. Ich habe mich nicht gepruͤft. Das iſt nicht noͤthig. Als Du nicht hier warſt, da war mir Nichts lieb, immer war ich verdrießlich. Nun Du wieder hier E

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Zitationshilfe: Iffland, August Wilhelm: Die Jäger. Berlin, 1785, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/iffland_jaeger_1785/71>, abgerufen am 26.04.2024.