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Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847.

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wissen, daß Du diesen Elias schon gesehen, ob Du ihn aber
erkannt hast, das weiß ich nicht. Sela. Freundin höre! die
Harfe stimmt an, Auferstehung zu singen. Ach! die erste Auf¬
erstehung, wohl denen, die Theil daran haben, an denen hat
der zweite Tod keine Macht. Wohl denen, die da leben 1228
Tage. Ja Härflein, ich ließe dich gern singen, du weißt
aber, meine Stunde hat noch nicht geschlagen. Amen, Amen,
Amen. Jerusalem den 15, 10, 46. (Am Rande sind einige
Bibelverse bemerkt, welche sich auf die nahe und unerwartete
Wiedererscheinung des Erlösers beziehen). Freundin gieb acht!
Die Sonne spiegelt sich im Wasser ab. Das Wasser ist die
Demuth, denn es sucht die Gründe (Erniedrigung). Gott
unser lieber Vater spiegelt sich in Christo ab. Darum spricht
Er: wer mich siehet, der siehet den Vater. Wahrlich ich sage
Dir, wer Vater oder Mutter, Weib oder Kind, wer sein Le¬
ben dahin giebt für die armen Schaafe, der spiegelt sich in
Christo ab, und er kann sagen, wer mich siehet, der siehet
Jesum Christum. Ein guter Hirte läßt sein Leben für die
Schaafe; der Miethling verkauft sie für Gold und Silber an
den Wolf. O errathe, was ich meine. Gelobt sei der da
kommt im Namen des Herrn, Hosianna in der Höh. Friede
sei mit Dir, Halleluja. Amen.

Ein zweites, um dieselbe Zeit geschriebenes Blatt enthält
unter mehreren Bibelversen noch folgenden verstümmelten: Ja
fürwahr, es werden sich in diesen Tagen die Kräfte des Him¬
mels bewegen, die Sonne wird ihren Schein verlieren, und
der Mond in Blut verwandelt werden, und die Sterne wer¬
den auf die Erde fallen. G. bemerkt dazu: "Darum weil
man die Auserwählten verfolgt, verhöhnt, verspottet, teuflisch
höhnend verlacht, ja weil man den Auserwählten der Polizei
übergeben, ihn einzukerkern gesonnen ist. Wehe dir, wehe
dir Jerusalem."

Im Gefängniß las er fleißig in der Schrift über Elias,
wodurch er noch mehr in seiner Ueberzeugung bestärkt wurde,
daß er derselbe sei, da er gleichwie Elias von Gott in die
Wüste geführt, von einem Raben ernährt und dann zu gro¬
ßen Dingen berufen, auch ihm nach mannigfachem Drangsal
die Würde eines Propheten bestimmt sei. Zugleich tröstete er

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wiſſen, daß Du dieſen Elias ſchon geſehen, ob Du ihn aber
erkannt haſt, das weiß ich nicht. Sela. Freundin hoͤre! die
Harfe ſtimmt an, Auferſtehung zu ſingen. Ach! die erſte Auf¬
erſtehung, wohl denen, die Theil daran haben, an denen hat
der zweite Tod keine Macht. Wohl denen, die da leben 1228
Tage. Ja Haͤrflein, ich ließe dich gern ſingen, du weißt
aber, meine Stunde hat noch nicht geſchlagen. Amen, Amen,
Amen. Jeruſalem den 15, 10, 46. (Am Rande ſind einige
Bibelverſe bemerkt, welche ſich auf die nahe und unerwartete
Wiedererſcheinung des Erloͤſers beziehen). Freundin gieb acht!
Die Sonne ſpiegelt ſich im Waſſer ab. Das Waſſer iſt die
Demuth, denn es ſucht die Gruͤnde (Erniedrigung). Gott
unſer lieber Vater ſpiegelt ſich in Chriſto ab. Darum ſpricht
Er: wer mich ſiehet, der ſiehet den Vater. Wahrlich ich ſage
Dir, wer Vater oder Mutter, Weib oder Kind, wer ſein Le¬
ben dahin giebt fuͤr die armen Schaafe, der ſpiegelt ſich in
Chriſto ab, und er kann ſagen, wer mich ſiehet, der ſiehet
Jeſum Chriſtum. Ein guter Hirte laͤßt ſein Leben fuͤr die
Schaafe; der Miethling verkauft ſie fuͤr Gold und Silber an
den Wolf. O errathe, was ich meine. Gelobt ſei der da
kommt im Namen des Herrn, Hoſianna in der Hoͤh. Friede
ſei mit Dir, Halleluja. Amen.

Ein zweites, um dieſelbe Zeit geſchriebenes Blatt enthaͤlt
unter mehreren Bibelverſen noch folgenden verſtuͤmmelten: Ja
fuͤrwahr, es werden ſich in dieſen Tagen die Kraͤfte des Him¬
mels bewegen, die Sonne wird ihren Schein verlieren, und
der Mond in Blut verwandelt werden, und die Sterne wer¬
den auf die Erde fallen. G. bemerkt dazu: „Darum weil
man die Auserwaͤhlten verfolgt, verhoͤhnt, verſpottet, teufliſch
hoͤhnend verlacht, ja weil man den Auserwaͤhlten der Polizei
uͤbergeben, ihn einzukerkern geſonnen iſt. Wehe dir, wehe
dir Jeruſalem.”

Im Gefaͤngniß las er fleißig in der Schrift uͤber Elias,
wodurch er noch mehr in ſeiner Ueberzeugung beſtaͤrkt wurde,
daß er derſelbe ſei, da er gleichwie Elias von Gott in die
Wuͤſte gefuͤhrt, von einem Raben ernaͤhrt und dann zu gro¬
ßen Dingen berufen, auch ihm nach mannigfachem Drangſal
die Wuͤrde eines Propheten beſtimmt ſei. Zugleich troͤſtete er

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[195/0203] wiſſen, daß Du dieſen Elias ſchon geſehen, ob Du ihn aber erkannt haſt, das weiß ich nicht. Sela. Freundin hoͤre! die Harfe ſtimmt an, Auferſtehung zu ſingen. Ach! die erſte Auf¬ erſtehung, wohl denen, die Theil daran haben, an denen hat der zweite Tod keine Macht. Wohl denen, die da leben 1228 Tage. Ja Haͤrflein, ich ließe dich gern ſingen, du weißt aber, meine Stunde hat noch nicht geſchlagen. Amen, Amen, Amen. Jeruſalem den 15, 10, 46. (Am Rande ſind einige Bibelverſe bemerkt, welche ſich auf die nahe und unerwartete Wiedererſcheinung des Erloͤſers beziehen). Freundin gieb acht! Die Sonne ſpiegelt ſich im Waſſer ab. Das Waſſer iſt die Demuth, denn es ſucht die Gruͤnde (Erniedrigung). Gott unſer lieber Vater ſpiegelt ſich in Chriſto ab. Darum ſpricht Er: wer mich ſiehet, der ſiehet den Vater. Wahrlich ich ſage Dir, wer Vater oder Mutter, Weib oder Kind, wer ſein Le¬ ben dahin giebt fuͤr die armen Schaafe, der ſpiegelt ſich in Chriſto ab, und er kann ſagen, wer mich ſiehet, der ſiehet Jeſum Chriſtum. Ein guter Hirte laͤßt ſein Leben fuͤr die Schaafe; der Miethling verkauft ſie fuͤr Gold und Silber an den Wolf. O errathe, was ich meine. Gelobt ſei der da kommt im Namen des Herrn, Hoſianna in der Hoͤh. Friede ſei mit Dir, Halleluja. Amen. Ein zweites, um dieſelbe Zeit geſchriebenes Blatt enthaͤlt unter mehreren Bibelverſen noch folgenden verſtuͤmmelten: Ja fuͤrwahr, es werden ſich in dieſen Tagen die Kraͤfte des Him¬ mels bewegen, die Sonne wird ihren Schein verlieren, und der Mond in Blut verwandelt werden, und die Sterne wer¬ den auf die Erde fallen. G. bemerkt dazu: „Darum weil man die Auserwaͤhlten verfolgt, verhoͤhnt, verſpottet, teufliſch hoͤhnend verlacht, ja weil man den Auserwaͤhlten der Polizei uͤbergeben, ihn einzukerkern geſonnen iſt. Wehe dir, wehe dir Jeruſalem.” Im Gefaͤngniß las er fleißig in der Schrift uͤber Elias, wodurch er noch mehr in ſeiner Ueberzeugung beſtaͤrkt wurde, daß er derſelbe ſei, da er gleichwie Elias von Gott in die Wuͤſte gefuͤhrt, von einem Raben ernaͤhrt und dann zu gro¬ ßen Dingen berufen, auch ihm nach mannigfachem Drangſal die Wuͤrde eines Propheten beſtimmt ſei. Zugleich troͤſtete er 13*

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Zitationshilfe: Ideler, Karl Wilhelm: Der religiöse Wahnsinn, erläutert durch Krankengeschichten. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Wirren der Gegenwart. Halle (Saale), 1847, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ideler_wahnsinn_1847/203>, abgerufen am 05.05.2024.