mütsmenschen jedes Minimalquäntchen an sozi- aler Hilfsarbeit nennen, noch die unnatürlichen der Schande, der Not, der Schutzlosigkeit beigesellt werden?
Wie viele Faktoren zum Fall einer solch un- glücklichen unehelichen Mutter beitragen, dafür spricht in lebendigen Zahlen eine ergreifende soziologische Studie von Adele Schreiber, die sie auf Grund eines Materials, das sie aus mehreren tausend Fragebogen gewonnen hat, in ihrem eben erschienenen ausgezeichneten oben bereits zitierten Sammelwerk "Mutterschaft" entwickelt. Da sehen wir zunächst, daß etwa ein Viertel Minderjährige unter 21 Jahre alt sind, hier- von ein nicht geringer Teil noch dem Kindes- alter nahestehend zwischen 15 bis 18 Jahren. Mindestens die Hälfte haben das 25. Jahr noch nicht überschritten, nur wenige das 30. Etwa 10 Prozent sind Angehörige der gebildeten Klassen, darunter nicht wenige die Berufen angehören, die ein Zölibat von der Frau verlangen, wie die der Lehrerin, der Beamtin, der Krankenpflegerin usw. Den höchsten Prozentsatz der unehelichen Mütter stellen die Dienstboten, was vielfach auf ihre Ju- gend und Unerfahrenheit zurückzuführen ist, be- sonders wenn sie vom Lande oder aus kleinen Orten kommen, glauben sie den schönen Worten, denken auch vielfach, daß, wie bei ländlichen Ver-
mütsmenschen jedes Minimalquäntchen an sozi- aler Hilfsarbeit nennen, noch die unnatürlichen der Schande, der Not, der Schutzlosigkeit beigesellt werden?
Wie viele Faktoren zum Fall einer solch un- glücklichen unehelichen Mutter beitragen, dafür spricht in lebendigen Zahlen eine ergreifende soziologische Studie von Adele Schreiber, die sie auf Grund eines Materials, das sie aus mehreren tausend Fragebogen gewonnen hat, in ihrem eben erschienenen ausgezeichneten oben bereits zitierten Sammelwerk „Mutterschaft“ entwickelt. Da sehen wir zunächst, daß etwa ein Viertel Minderjährige unter 21 Jahre alt sind, hier- von ein nicht geringer Teil noch dem Kindes- alter nahestehend zwischen 15 bis 18 Jahren. Mindestens die Hälfte haben das 25. Jahr noch nicht überschritten, nur wenige das 30. Etwa 10 Prozent sind Angehörige der gebildeten Klassen, darunter nicht wenige die Berufen angehören, die ein Zölibat von der Frau verlangen, wie die der Lehrerin, der Beamtin, der Krankenpflegerin usw. Den höchsten Prozentsatz der unehelichen Mütter stellen die Dienstboten, was vielfach auf ihre Ju- gend und Unerfahrenheit zurückzuführen ist, be- sonders wenn sie vom Lande oder aus kleinen Orten kommen, glauben sie den schönen Worten, denken auch vielfach, daß, wie bei ländlichen Ver-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0301"n="297"/>
mütsmenschen jedes Minimalquäntchen an sozi-<lb/>
aler Hilfsarbeit nennen, noch die unnatürlichen<lb/>
der Schande, der Not, der Schutzlosigkeit beigesellt<lb/>
werden?</p><lb/><p>Wie viele Faktoren zum Fall einer solch un-<lb/>
glücklichen unehelichen Mutter beitragen, dafür<lb/>
spricht in lebendigen Zahlen eine ergreifende<lb/>
soziologische Studie von Adele Schreiber, die sie auf<lb/>
Grund eines Materials, das sie aus mehreren<lb/>
tausend Fragebogen gewonnen hat, in ihrem eben<lb/>
erschienenen ausgezeichneten oben bereits zitierten<lb/>
Sammelwerk „Mutterschaft“ entwickelt. Da<lb/>
sehen wir zunächst, daß etwa ein Viertel<lb/>
Minderjährige unter 21 Jahre alt sind, hier-<lb/>
von ein nicht geringer Teil noch dem Kindes-<lb/>
alter nahestehend zwischen 15 bis 18 Jahren.<lb/>
Mindestens die Hälfte haben das 25. Jahr noch<lb/>
nicht überschritten, nur wenige das 30. Etwa<lb/>
10 Prozent sind Angehörige der gebildeten Klassen,<lb/>
darunter nicht wenige die Berufen angehören, die<lb/>
ein Zölibat von der Frau verlangen, wie die der<lb/>
Lehrerin, der Beamtin, der <choice><sic>Krankenflegerin</sic><corr>Krankenpflegerin</corr></choice> usw.<lb/>
Den höchsten Prozentsatz der unehelichen Mütter<lb/>
stellen die Dienstboten, was vielfach auf ihre Ju-<lb/>
gend und Unerfahrenheit zurückzuführen ist, be-<lb/>
sonders wenn sie vom Lande oder aus kleinen<lb/>
Orten kommen, glauben sie den schönen Worten,<lb/>
denken auch vielfach, daß, wie bei ländlichen Ver-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[297/0301]
mütsmenschen jedes Minimalquäntchen an sozi-
aler Hilfsarbeit nennen, noch die unnatürlichen
der Schande, der Not, der Schutzlosigkeit beigesellt
werden?
Wie viele Faktoren zum Fall einer solch un-
glücklichen unehelichen Mutter beitragen, dafür
spricht in lebendigen Zahlen eine ergreifende
soziologische Studie von Adele Schreiber, die sie auf
Grund eines Materials, das sie aus mehreren
tausend Fragebogen gewonnen hat, in ihrem eben
erschienenen ausgezeichneten oben bereits zitierten
Sammelwerk „Mutterschaft“ entwickelt. Da
sehen wir zunächst, daß etwa ein Viertel
Minderjährige unter 21 Jahre alt sind, hier-
von ein nicht geringer Teil noch dem Kindes-
alter nahestehend zwischen 15 bis 18 Jahren.
Mindestens die Hälfte haben das 25. Jahr noch
nicht überschritten, nur wenige das 30. Etwa
10 Prozent sind Angehörige der gebildeten Klassen,
darunter nicht wenige die Berufen angehören, die
ein Zölibat von der Frau verlangen, wie die der
Lehrerin, der Beamtin, der Krankenpflegerin usw.
Den höchsten Prozentsatz der unehelichen Mütter
stellen die Dienstboten, was vielfach auf ihre Ju-
gend und Unerfahrenheit zurückzuführen ist, be-
sonders wenn sie vom Lande oder aus kleinen
Orten kommen, glauben sie den schönen Worten,
denken auch vielfach, daß, wie bei ländlichen Ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-12-07T10:34:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-12-07T10:34:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: gekennzeichnet;
Druckfehler: gekennzeichnet;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): als s transkribiert;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/301>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.