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Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

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freier Ehe oder Zeitehen, deren Dauer im Sinne
ihrer Jnstitution ebenso begrenzt wie die Häufig-
keit ihrer Schließungen und Lösungen unbegrenzt
wäre, aus dem Nachwuchs werden? Er wäre ver-
mutlich ebenso schlimm dran, wie die unehelichen
Kinder es leider bereits heute sind, denn weder
Vaterschaftssteuer noch Mutterschaftslohn könnten,
selbst wenn sie greifbare Gestalt annehmen würden,
einen auch nur annähernden Ersatz für das bieten,
was den Kindern an Pflege, Erziehung, elterlicher
Fürsorge und Zärtlichkeit, an Liebe und Wärme im
elterlichen Heim zuteil wird.

Und die Frauen selbst. Sollte ihnen wirklich
damit gedient sein, daß man sie ganz und gar auf
die sexuelle Seite des Daseins einstellen will? Die
Frauen, die von idealer Liebe träumen, die sich
diese am liebsten als seelische Einheit, als Treu-
verhältnis bis in den Tod vorstellen, die mit ihrer
Hingabe dem geliebten Manne nur ein Liebesopfer
darbringen, sollten ihr zukünftiges Jdeal darin
sehen, in vorübergehenden Bündnissen zu leben, die
nur der Leidenschaft dienen? Nein, nein und drei-
mal nein! Nichts liegt den Frauen ferner als das.
Darum haben sie nicht für die Freiheit ihrer Per-
sönlichkeitsentfaltung, für das Recht der Mitarbeit
an den Kulturaufgaben der Gegenwart gekämpft,
um in die größte Unkultur zurückzusinken, um die
im Laufe von Jahrtausenden mühsam errungene

freier Ehe oder Zeitehen, deren Dauer im Sinne
ihrer Jnstitution ebenso begrenzt wie die Häufig-
keit ihrer Schließungen und Lösungen unbegrenzt
wäre, aus dem Nachwuchs werden? Er wäre ver-
mutlich ebenso schlimm dran, wie die unehelichen
Kinder es leider bereits heute sind, denn weder
Vaterschaftssteuer noch Mutterschaftslohn könnten,
selbst wenn sie greifbare Gestalt annehmen würden,
einen auch nur annähernden Ersatz für das bieten,
was den Kindern an Pflege, Erziehung, elterlicher
Fürsorge und Zärtlichkeit, an Liebe und Wärme im
elterlichen Heim zuteil wird.

Und die Frauen selbst. Sollte ihnen wirklich
damit gedient sein, daß man sie ganz und gar auf
die sexuelle Seite des Daseins einstellen will? Die
Frauen, die von idealer Liebe träumen, die sich
diese am liebsten als seelische Einheit, als Treu-
verhältnis bis in den Tod vorstellen, die mit ihrer
Hingabe dem geliebten Manne nur ein Liebesopfer
darbringen, sollten ihr zukünftiges Jdeal darin
sehen, in vorübergehenden Bündnissen zu leben, die
nur der Leidenschaft dienen? Nein, nein und drei-
mal nein! Nichts liegt den Frauen ferner als das.
Darum haben sie nicht für die Freiheit ihrer Per-
sönlichkeitsentfaltung, für das Recht der Mitarbeit
an den Kulturaufgaben der Gegenwart gekämpft,
um in die größte Unkultur zurückzusinken, um die
im Laufe von Jahrtausenden mühsam errungene

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[264/0268] freier Ehe oder Zeitehen, deren Dauer im Sinne ihrer Jnstitution ebenso begrenzt wie die Häufig- keit ihrer Schließungen und Lösungen unbegrenzt wäre, aus dem Nachwuchs werden? Er wäre ver- mutlich ebenso schlimm dran, wie die unehelichen Kinder es leider bereits heute sind, denn weder Vaterschaftssteuer noch Mutterschaftslohn könnten, selbst wenn sie greifbare Gestalt annehmen würden, einen auch nur annähernden Ersatz für das bieten, was den Kindern an Pflege, Erziehung, elterlicher Fürsorge und Zärtlichkeit, an Liebe und Wärme im elterlichen Heim zuteil wird. Und die Frauen selbst. Sollte ihnen wirklich damit gedient sein, daß man sie ganz und gar auf die sexuelle Seite des Daseins einstellen will? Die Frauen, die von idealer Liebe träumen, die sich diese am liebsten als seelische Einheit, als Treu- verhältnis bis in den Tod vorstellen, die mit ihrer Hingabe dem geliebten Manne nur ein Liebesopfer darbringen, sollten ihr zukünftiges Jdeal darin sehen, in vorübergehenden Bündnissen zu leben, die nur der Leidenschaft dienen? Nein, nein und drei- mal nein! Nichts liegt den Frauen ferner als das. Darum haben sie nicht für die Freiheit ihrer Per- sönlichkeitsentfaltung, für das Recht der Mitarbeit an den Kulturaufgaben der Gegenwart gekämpft, um in die größte Unkultur zurückzusinken, um die im Laufe von Jahrtausenden mühsam errungene

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/268>, abgerufen am 23.11.2024.