Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Kassenmitgliedern eine Besserung herbeiführen,
aber eine durchgreifende Änderung läßt sich nur
durch obligatorische Mutterschaftsversicherung er-
zielen. Jn diese müssen nicht allein alle jetzigen
fakultativen Bestimmungen der Reichsversiche-
rungsordnung einbezogen werden, sondern sie muß
ausgedehnt werden auf die Familien aller unter
3000 Mark Einkommen Habender, außerdem muß
sie den Schwangeren vier Wochen Unterstützung in
Höhe ihres Lohnes zubilligen, wie denn auch für
die Wöchnerinnen die Unterstützung in der vollen
Höhe ihres Lohnes zu verlangen ist.

Es ist ja ganz selbstverständlich, daß der
Mutterschutz der Fabrikarbeiterin nur der Anfang
eines generellen Mutterschutzes sein konnte, denn
warum sollte die Heimarbeiterin, die Landarbeite-
rin, das Dienstmädchen und die Hausmutter, die
alle genau so schwer arbeiten, nicht ebenfalls dar-
auf Anspruch haben. Und ebenso selbstverständlich
erscheint es, daß auch all die anderen Frauen der
Einkommenstufe unter 3000 Mark in die Lage
versetzt werden, gesunde Kinder zur Welt zu
bringen und sie gesund zu erhalten. Nötig genug
haben wir es, wo wir in bezug auf Säuglingssterb-
lichkeit nur noch von Rußland und Österreich-Un-
garn in Europa übertroffen werden und etwa
10000 Frauen jährlich an den Folgen des Ge-
bärens verlieren.

Kassenmitgliedern eine Besserung herbeiführen,
aber eine durchgreifende Änderung läßt sich nur
durch obligatorische Mutterschaftsversicherung er-
zielen. Jn diese müssen nicht allein alle jetzigen
fakultativen Bestimmungen der Reichsversiche-
rungsordnung einbezogen werden, sondern sie muß
ausgedehnt werden auf die Familien aller unter
3000 Mark Einkommen Habender, außerdem muß
sie den Schwangeren vier Wochen Unterstützung in
Höhe ihres Lohnes zubilligen, wie denn auch für
die Wöchnerinnen die Unterstützung in der vollen
Höhe ihres Lohnes zu verlangen ist.

Es ist ja ganz selbstverständlich, daß der
Mutterschutz der Fabrikarbeiterin nur der Anfang
eines generellen Mutterschutzes sein konnte, denn
warum sollte die Heimarbeiterin, die Landarbeite-
rin, das Dienstmädchen und die Hausmutter, die
alle genau so schwer arbeiten, nicht ebenfalls dar-
auf Anspruch haben. Und ebenso selbstverständlich
erscheint es, daß auch all die anderen Frauen der
Einkommenstufe unter 3000 Mark in die Lage
versetzt werden, gesunde Kinder zur Welt zu
bringen und sie gesund zu erhalten. Nötig genug
haben wir es, wo wir in bezug auf Säuglingssterb-
lichkeit nur noch von Rußland und Österreich-Un-
garn in Europa übertroffen werden und etwa
10000 Frauen jährlich an den Folgen des Ge-
bärens verlieren.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0209" n="205"/>
Kassenmitgliedern eine Besserung herbeiführen,<lb/>
aber eine durchgreifende Änderung läßt sich nur<lb/>
durch obligatorische Mutterschaftsversicherung er-<lb/>
zielen. Jn diese müssen nicht allein alle jetzigen<lb/>
fakultativen Bestimmungen der Reichsversiche-<lb/>
rungsordnung einbezogen werden, sondern sie muß<lb/>
ausgedehnt werden auf die Familien aller unter<lb/>
3000 Mark Einkommen Habender, außerdem muß<lb/>
sie den Schwangeren vier Wochen Unterstützung in<lb/>
Höhe ihres Lohnes zubilligen, wie denn auch für<lb/>
die Wöchnerinnen die Unterstützung in der vollen<lb/>
Höhe ihres Lohnes zu verlangen ist.</p><lb/>
          <p>Es ist ja ganz selbstverständlich, daß der<lb/>
Mutterschutz der Fabrikarbeiterin nur der Anfang<lb/>
eines generellen Mutterschutzes sein konnte, denn<lb/>
warum sollte die Heimarbeiterin, die Landarbeite-<lb/>
rin, das Dienstmädchen und die Hausmutter, die<lb/>
alle genau so schwer arbeiten, nicht ebenfalls dar-<lb/>
auf Anspruch haben. Und ebenso selbstverständlich<lb/>
erscheint es, daß auch all die anderen Frauen der<lb/>
Einkommenstufe unter 3000 Mark in die Lage<lb/>
versetzt werden, gesunde Kinder zur Welt zu<lb/>
bringen und sie gesund zu erhalten. Nötig genug<lb/>
haben wir es, wo wir in bezug auf Säuglingssterb-<lb/>
lichkeit nur noch von Rußland und Österreich-Un-<lb/>
garn in Europa übertroffen werden und etwa<lb/>
10000 Frauen jährlich an den Folgen des Ge-<lb/>
bärens verlieren.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0209] Kassenmitgliedern eine Besserung herbeiführen, aber eine durchgreifende Änderung läßt sich nur durch obligatorische Mutterschaftsversicherung er- zielen. Jn diese müssen nicht allein alle jetzigen fakultativen Bestimmungen der Reichsversiche- rungsordnung einbezogen werden, sondern sie muß ausgedehnt werden auf die Familien aller unter 3000 Mark Einkommen Habender, außerdem muß sie den Schwangeren vier Wochen Unterstützung in Höhe ihres Lohnes zubilligen, wie denn auch für die Wöchnerinnen die Unterstützung in der vollen Höhe ihres Lohnes zu verlangen ist. Es ist ja ganz selbstverständlich, daß der Mutterschutz der Fabrikarbeiterin nur der Anfang eines generellen Mutterschutzes sein konnte, denn warum sollte die Heimarbeiterin, die Landarbeite- rin, das Dienstmädchen und die Hausmutter, die alle genau so schwer arbeiten, nicht ebenfalls dar- auf Anspruch haben. Und ebenso selbstverständlich erscheint es, daß auch all die anderen Frauen der Einkommenstufe unter 3000 Mark in die Lage versetzt werden, gesunde Kinder zur Welt zu bringen und sie gesund zu erhalten. Nötig genug haben wir es, wo wir in bezug auf Säuglingssterb- lichkeit nur noch von Rußland und Österreich-Un- garn in Europa übertroffen werden und etwa 10000 Frauen jährlich an den Folgen des Ge- bärens verlieren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/209
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/209>, abgerufen am 22.11.2024.