Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite

Frau zu ergründen - ihnen entsprangen die edel-
sten, weiblichsten und rührendsten Frauengestalten
Goethes, Schillers, Lessings - die Romantiker, die
geistige Emanzipation der Frau zu verkünden.

Die greifbarsten Ergebnisse zeitigte der Jndi-
vidualismus jedoch in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika. Den Frauen der Neuen Welt
war es vorbehalten, die Theorien, die aus der
Alten Welt kamen, in der Neuen, in der das per-
sönliche Recht auf freie Selbstbestimmung grund-
rechtlich gesichert war, in die Tat umzusetzen. Und
sie taten es mit einer ungeheuren Energie und
bewundernswerten Tatkraft, die gleichzeitig die
Fähigkeiten der Frau aufs schlagendste bewies und
ihrer Sache dadurch auch außerhalb Amerikas
Anhänger gewann.

So hatte beispielsweise der zweite ameri-
kanische Frauenkongreß, der 1850 in Worcester
im Staate Massachusetts stattfand - der erste war
am 19. Juli 1848 in Seneca Falls im Staate
New York vorangegangen - bzw. die Forde-
rungen der Amerikanerinnen und ihr Verhalten
daselbst auf den als Nationalökonom und Philo-
sophen in England gleichgeschätzten John Stuart
Mill einen so tiefen Eindruck gemacht, daß er
durch ihn auf die Frauenfrage hingelenkt wurde
und ihren Forderungen nicht allein durch sein
ausgezeichnetes Buch "Die Hörigkeit der Frau"

Frau zu ergründen – ihnen entsprangen die edel-
sten, weiblichsten und rührendsten Frauengestalten
Goethes, Schillers, Lessings – die Romantiker, die
geistige Emanzipation der Frau zu verkünden.

Die greifbarsten Ergebnisse zeitigte der Jndi-
vidualismus jedoch in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika. Den Frauen der Neuen Welt
war es vorbehalten, die Theorien, die aus der
Alten Welt kamen, in der Neuen, in der das per-
sönliche Recht auf freie Selbstbestimmung grund-
rechtlich gesichert war, in die Tat umzusetzen. Und
sie taten es mit einer ungeheuren Energie und
bewundernswerten Tatkraft, die gleichzeitig die
Fähigkeiten der Frau aufs schlagendste bewies und
ihrer Sache dadurch auch außerhalb Amerikas
Anhänger gewann.

So hatte beispielsweise der zweite ameri-
kanische Frauenkongreß, der 1850 in Worcester
im Staate Massachusetts stattfand – der erste war
am 19. Juli 1848 in Seneca Falls im Staate
New York vorangegangen – bzw. die Forde-
rungen der Amerikanerinnen und ihr Verhalten
daselbst auf den als Nationalökonom und Philo-
sophen in England gleichgeschätzten John Stuart
Mill einen so tiefen Eindruck gemacht, daß er
durch ihn auf die Frauenfrage hingelenkt wurde
und ihren Forderungen nicht allein durch sein
ausgezeichnetes Buch „Die Hörigkeit der Frau“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0018" n="14"/>
Frau zu ergründen &#x2013; ihnen entsprangen die edel-<lb/>
sten, weiblichsten und rührendsten Frauengestalten<lb/>
Goethes, Schillers, Lessings &#x2013; die Romantiker, die<lb/>
geistige Emanzipation der Frau zu verkünden.</p><lb/>
          <p>Die greifbarsten Ergebnisse zeitigte der Jndi-<lb/>
vidualismus jedoch in den Vereinigten Staaten<lb/>
von Nordamerika. Den Frauen der Neuen Welt<lb/>
war es vorbehalten, die Theorien, die aus der<lb/>
Alten Welt kamen, in der Neuen, in der das per-<lb/>
sönliche Recht auf freie Selbstbestimmung grund-<lb/>
rechtlich gesichert war, in die Tat umzusetzen. Und<lb/>
sie taten es mit einer ungeheuren Energie und<lb/>
bewundernswerten Tatkraft, die gleichzeitig die<lb/>
Fähigkeiten der Frau aufs schlagendste bewies und<lb/>
ihrer Sache dadurch auch außerhalb Amerikas<lb/>
Anhänger gewann.</p><lb/>
          <p>So hatte beispielsweise der zweite ameri-<lb/>
kanische Frauenkongreß, der 1850 in Worcester<lb/>
im Staate Massachusetts stattfand &#x2013; der erste war<lb/>
am 19. Juli 1848 in Seneca Falls im Staate<lb/>
New York vorangegangen &#x2013; bzw. die Forde-<lb/>
rungen der Amerikanerinnen und ihr Verhalten<lb/>
daselbst auf den als Nationalökonom und Philo-<lb/>
sophen in England gleichgeschätzten John Stuart<lb/>
Mill einen so tiefen Eindruck gemacht, daß er<lb/>
durch ihn auf die Frauenfrage hingelenkt wurde<lb/>
und ihren Forderungen nicht allein durch sein<lb/>
ausgezeichnetes Buch &#x201E;Die Hörigkeit der Frau&#x201C;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0018] Frau zu ergründen – ihnen entsprangen die edel- sten, weiblichsten und rührendsten Frauengestalten Goethes, Schillers, Lessings – die Romantiker, die geistige Emanzipation der Frau zu verkünden. Die greifbarsten Ergebnisse zeitigte der Jndi- vidualismus jedoch in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Den Frauen der Neuen Welt war es vorbehalten, die Theorien, die aus der Alten Welt kamen, in der Neuen, in der das per- sönliche Recht auf freie Selbstbestimmung grund- rechtlich gesichert war, in die Tat umzusetzen. Und sie taten es mit einer ungeheuren Energie und bewundernswerten Tatkraft, die gleichzeitig die Fähigkeiten der Frau aufs schlagendste bewies und ihrer Sache dadurch auch außerhalb Amerikas Anhänger gewann. So hatte beispielsweise der zweite ameri- kanische Frauenkongreß, der 1850 in Worcester im Staate Massachusetts stattfand – der erste war am 19. Juli 1848 in Seneca Falls im Staate New York vorangegangen – bzw. die Forde- rungen der Amerikanerinnen und ihr Verhalten daselbst auf den als Nationalökonom und Philo- sophen in England gleichgeschätzten John Stuart Mill einen so tiefen Eindruck gemacht, daß er durch ihn auf die Frauenfrage hingelenkt wurde und ihren Forderungen nicht allein durch sein ausgezeichnetes Buch „Die Hörigkeit der Frau“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-12-07T10:34:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-12-07T10:34:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/18
Zitationshilfe: Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/18>, abgerufen am 23.11.2024.