mehr übrig bleibt, es sei denn, daß man diese be- dauernswerten Familien zu vollendeten Hunger- künstlern erziehen will.
Der Verdienst der Ehefrauen ist dadurch in den meisten Fällen beschränkt, daß sie keine gelernte Arbeit verstehen. Jn 272 von Dr. Kempf auf- genommenen Münchener Haushaltungen sind 170 berufstätige Ehefrauen, von diesen nur 5 in ge- lernten Berufen, nämlich eine frühere Erzieherin und vier Näherinnen. Trotz alledem und alledem gab es auch unter den ungelernten so tüchtige und energische, daß diese es verstanden haben, ihren Weg, hauptsächlich als Selbständige, zu machen. Unter den selbständigen Näherinnen, Kleider- macherinnen konstatierte Dr. Kempf Jahresein- nahmen zwischen 848 und 1545 Mark, die Ein- nahmen aus Wäschereigeschäften wechseln zwischen 700 und 1612 Mark. Von den Fabrikarbeite- rinnen erreichten nur drei einen Jahresverdienst von über 1000 Mark, darunter eine 50 jährige Mutter von 12 Kindern, anscheinend ein weiblicher Herkules, denn sie bediente in einer Sägerei eine Maschine, die vorher von einem Manne bedient worden war und eine Zigarettenmacherin, welche im Akkord 1400 Mark erreichte. Selbstverständ- lich sind das Elitelöhne, aber es zeigt doch, welch einen bedeutenden Zuschuß die eheweibliche Arbeit zum Familienleben mitunter beiträgt und sogar
mehr übrig bleibt, es sei denn, daß man diese be- dauernswerten Familien zu vollendeten Hunger- künstlern erziehen will.
Der Verdienst der Ehefrauen ist dadurch in den meisten Fällen beschränkt, daß sie keine gelernte Arbeit verstehen. Jn 272 von Dr. Kempf auf- genommenen Münchener Haushaltungen sind 170 berufstätige Ehefrauen, von diesen nur 5 in ge- lernten Berufen, nämlich eine frühere Erzieherin und vier Näherinnen. Trotz alledem und alledem gab es auch unter den ungelernten so tüchtige und energische, daß diese es verstanden haben, ihren Weg, hauptsächlich als Selbständige, zu machen. Unter den selbständigen Näherinnen, Kleider- macherinnen konstatierte Dr. Kempf Jahresein- nahmen zwischen 848 und 1545 Mark, die Ein- nahmen aus Wäschereigeschäften wechseln zwischen 700 und 1612 Mark. Von den Fabrikarbeite- rinnen erreichten nur drei einen Jahresverdienst von über 1000 Mark, darunter eine 50 jährige Mutter von 12 Kindern, anscheinend ein weiblicher Herkules, denn sie bediente in einer Sägerei eine Maschine, die vorher von einem Manne bedient worden war und eine Zigarettenmacherin, welche im Akkord 1400 Mark erreichte. Selbstverständ- lich sind das Elitelöhne, aber es zeigt doch, welch einen bedeutenden Zuschuß die eheweibliche Arbeit zum Familienleben mitunter beiträgt und sogar
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0110"n="106"/>
mehr übrig bleibt, es sei denn, daß man diese be-<lb/>
dauernswerten Familien zu vollendeten Hunger-<lb/>
künstlern erziehen will.</p><lb/><p>Der Verdienst der Ehefrauen ist dadurch in den<lb/>
meisten Fällen beschränkt, daß sie keine gelernte<lb/>
Arbeit verstehen. Jn 272 von Dr. Kempf auf-<lb/>
genommenen Münchener Haushaltungen sind 170<lb/>
berufstätige Ehefrauen, von diesen nur 5 in ge-<lb/>
lernten Berufen, nämlich eine frühere Erzieherin<lb/>
und vier Näherinnen. Trotz alledem und alledem<lb/>
gab es auch unter den ungelernten so tüchtige und<lb/>
energische, daß diese es verstanden haben, ihren<lb/>
Weg, hauptsächlich als Selbständige, zu machen.<lb/>
Unter den selbständigen Näherinnen, Kleider-<lb/>
macherinnen konstatierte Dr. Kempf Jahresein-<lb/>
nahmen zwischen 848 und 1545 Mark, die Ein-<lb/>
nahmen aus Wäschereigeschäften wechseln zwischen<lb/>
700 und 1612 Mark. Von den Fabrikarbeite-<lb/>
rinnen erreichten nur drei einen Jahresverdienst<lb/>
von über 1000 Mark, darunter eine 50 jährige<lb/>
Mutter von 12 Kindern, anscheinend ein weiblicher<lb/>
Herkules, denn sie bediente in einer Sägerei eine<lb/>
Maschine, die vorher von einem Manne bedient<lb/>
worden war und eine Zigarettenmacherin, welche<lb/>
im Akkord 1400 Mark erreichte. Selbstverständ-<lb/>
lich sind das Elitelöhne, aber es zeigt doch, welch<lb/>
einen bedeutenden Zuschuß die eheweibliche Arbeit<lb/>
zum Familienleben mitunter beiträgt und sogar<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[106/0110]
mehr übrig bleibt, es sei denn, daß man diese be-
dauernswerten Familien zu vollendeten Hunger-
künstlern erziehen will.
Der Verdienst der Ehefrauen ist dadurch in den
meisten Fällen beschränkt, daß sie keine gelernte
Arbeit verstehen. Jn 272 von Dr. Kempf auf-
genommenen Münchener Haushaltungen sind 170
berufstätige Ehefrauen, von diesen nur 5 in ge-
lernten Berufen, nämlich eine frühere Erzieherin
und vier Näherinnen. Trotz alledem und alledem
gab es auch unter den ungelernten so tüchtige und
energische, daß diese es verstanden haben, ihren
Weg, hauptsächlich als Selbständige, zu machen.
Unter den selbständigen Näherinnen, Kleider-
macherinnen konstatierte Dr. Kempf Jahresein-
nahmen zwischen 848 und 1545 Mark, die Ein-
nahmen aus Wäschereigeschäften wechseln zwischen
700 und 1612 Mark. Von den Fabrikarbeite-
rinnen erreichten nur drei einen Jahresverdienst
von über 1000 Mark, darunter eine 50 jährige
Mutter von 12 Kindern, anscheinend ein weiblicher
Herkules, denn sie bediente in einer Sägerei eine
Maschine, die vorher von einem Manne bedient
worden war und eine Zigarettenmacherin, welche
im Akkord 1400 Mark erreichte. Selbstverständ-
lich sind das Elitelöhne, aber es zeigt doch, welch
einen bedeutenden Zuschuß die eheweibliche Arbeit
zum Familienleben mitunter beiträgt und sogar
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-12-07T10:34:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-12-07T10:34:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: gekennzeichnet;
Druckfehler: gekennzeichnet;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): als s transkribiert;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Ichenhaeuser, Eliza: Frauenziele. Berlin, 1913, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ichenhaeuser_frauenziele_1913/110>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.