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Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702.

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und Satyrische Gedichte.
Doch ein gehangner Dieb ist zu anatomiren;
Ach! armer Müller ach! wie würde dirs ergehn?
Ich seh' im Geiste schon das schöne Werck vollführen/
Und eine Legion von Jungfern üm dich stehn.
Viel wollen sich das Maul zum Zeitvertreibe nehmen/
Und stecken zum Voraus die Zungen gar hinein/
Du weist wol/ daß sich jetzt die Mädgen nicht mehr schämen/
Die - - doch der Kiel wil mehr als alle züchtig seyn.
Diß wil in - - - mir die Erfahrung lehren/
Die Meisten in der Stadt sind von der schönen Art/
Welch tugendhaffter Geist erstaunet nicht zu hören/
Daß sich das Geile Volck wie Mann und Weibchen paart.
Die Eine wil sich gleich mit deinem Haar staffieren/
Es läst dein reiner Kopff kein kleines Thierlein sehn/
Doch manche/ die sich wil mit Favoritgen zieren/
Läst/ den/ so es beliebt/ in reiffe Nüsse gehn.
Die Andre wil sofort nach deiner Nase reichen/
Denn hier ist Reinlichkeit/ kein Dreck noch Schnaub-Toback/
Doch ihre könte sich dem Nacht-Stuhl wol vergleichen/
Und trieffet ärger noch als wie ein Laugen-Sack.
Die blauen Augen sind der Dritten ausgesetzet/
Die so wie eine Ganß bey Wetterleuchten schielt/
Der man die Butter recht nach dem Gewichte schätzet/
Die sie des Morgens früh in beyden Augen fühlt.
Die weissen Zähne hat die vierdte sich ersehen/
Der schon das gantze Maul durch Scharbock faulen muß.
Der Fünfften pflegen denn die Lippen anzustehen/
Warum? Ihr Rüssel kriegt gar selten einen Kuß.
Die Sechste lässet sich den süssen Halß verschreiben/
Die vor Ziebeth ein Aaß in ihren Athem legt/
Bey der man nicht so wol kan vor Geruche bleiben/
Als wenn die saubre Hand Gemächer ausgefegt.
Zu den geraden Leib wil sich nun auch beqvemen
Ein dickes Kiebel-Faß/ die so am Hüften hinckt.
Den wol gemachten Fuß wil eine Lahme nehmen/
Und deren krummes Bein wie Bothen-Füsse stinckt.
Die
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und Satyriſche Gedichte.
Doch ein gehangner Dieb iſt zu anatomiren;
Ach! armer Muͤller ach! wie wuͤrde dirs ergehn?
Ich ſeh' im Geiſte ſchon das ſchoͤne Werck vollfuͤhren/
Und eine Legion von Jungfern uͤm dich ſtehn.
Viel wollen ſich das Maul zum Zeitvertreibe nehmen/
Und ſtecken zum Voraus die Zungen gar hinein/
Du weiſt wol/ daß ſich jetzt die Maͤdgen nicht mehr ſchaͤmen/
Die - - doch der Kiel wil mehr als alle zuͤchtig ſeyn.
Diß wil in - - - mir die Erfahrung lehren/
Die Meiſten in der Stadt ſind von der ſchoͤnen Art/
Welch tugendhaffter Geiſt erſtaunet nicht zu hoͤren/
Daß ſich das Geile Volck wie Mann und Weibchen paart.
Die Eine wil ſich gleich mit deinem Haar ſtaffieren/
Es laͤſt dein reiner Kopff kein kleines Thierlein ſehn/
Doch manche/ die ſich wil mit Favoritgen zieren/
Laͤſt/ den/ ſo es beliebt/ in reiffe Nuͤſſe gehn.
Die Andre wil ſofort nach deiner Naſe reichen/
Denn hier iſt Reinlichkeit/ kein Dreck noch Schnaub-Toback/
Doch ihre koͤnte ſich dem Nacht-Stuhl wol vergleichen/
Und trieffet aͤrger noch als wie ein Laugen-Sack.
Die blauen Augen ſind der Dritten ausgeſetzet/
Die ſo wie eine Ganß bey Wetterleuchten ſchielt/
Der man die Butter recht nach dem Gewichte ſchaͤtzet/
Die ſie des Morgens fruͤh in beyden Augen fuͤhlt.
Die weiſſen Zaͤhne hat die vierdte ſich erſehen/
Der ſchon das gantze Maul durch Scharbock faulen muß.
Der Fuͤnfften pflegen denn die Lippen anzuſtehen/
Warum? Ihr Ruͤſſel kriegt gar ſelten einen Kuß.
Die Sechſte laͤſſet ſich den ſuͤſſen Halß verſchreiben/
Die vor Ziebeth ein Aaß in ihren Athem legt/
Bey der man nicht ſo wol kan vor Geruche bleiben/
Als wenn die ſaubre Hand Gemaͤcher ausgefegt.
Zu den geraden Leib wil ſich nun auch beqvemen
Ein dickes Kiebel-Faß/ die ſo am Huͤften hinckt.
Den wol gemachten Fuß wil eine Lahme nehmen/
Und deren krummes Bein wie Bothen-Fuͤſſe ſtinckt.
Die
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[113/0123] und Satyriſche Gedichte. Doch ein gehangner Dieb iſt zu anatomiren; Ach! armer Muͤller ach! wie wuͤrde dirs ergehn? Ich ſeh' im Geiſte ſchon das ſchoͤne Werck vollfuͤhren/ Und eine Legion von Jungfern uͤm dich ſtehn. Viel wollen ſich das Maul zum Zeitvertreibe nehmen/ Und ſtecken zum Voraus die Zungen gar hinein/ Du weiſt wol/ daß ſich jetzt die Maͤdgen nicht mehr ſchaͤmen/ Die - - doch der Kiel wil mehr als alle zuͤchtig ſeyn. Diß wil in - - - mir die Erfahrung lehren/ Die Meiſten in der Stadt ſind von der ſchoͤnen Art/ Welch tugendhaffter Geiſt erſtaunet nicht zu hoͤren/ Daß ſich das Geile Volck wie Mann und Weibchen paart. Die Eine wil ſich gleich mit deinem Haar ſtaffieren/ Es laͤſt dein reiner Kopff kein kleines Thierlein ſehn/ Doch manche/ die ſich wil mit Favoritgen zieren/ Laͤſt/ den/ ſo es beliebt/ in reiffe Nuͤſſe gehn. Die Andre wil ſofort nach deiner Naſe reichen/ Denn hier iſt Reinlichkeit/ kein Dreck noch Schnaub-Toback/ Doch ihre koͤnte ſich dem Nacht-Stuhl wol vergleichen/ Und trieffet aͤrger noch als wie ein Laugen-Sack. Die blauen Augen ſind der Dritten ausgeſetzet/ Die ſo wie eine Ganß bey Wetterleuchten ſchielt/ Der man die Butter recht nach dem Gewichte ſchaͤtzet/ Die ſie des Morgens fruͤh in beyden Augen fuͤhlt. Die weiſſen Zaͤhne hat die vierdte ſich erſehen/ Der ſchon das gantze Maul durch Scharbock faulen muß. Der Fuͤnfften pflegen denn die Lippen anzuſtehen/ Warum? Ihr Ruͤſſel kriegt gar ſelten einen Kuß. Die Sechſte laͤſſet ſich den ſuͤſſen Halß verſchreiben/ Die vor Ziebeth ein Aaß in ihren Athem legt/ Bey der man nicht ſo wol kan vor Geruche bleiben/ Als wenn die ſaubre Hand Gemaͤcher ausgefegt. Zu den geraden Leib wil ſich nun auch beqvemen Ein dickes Kiebel-Faß/ die ſo am Huͤften hinckt. Den wol gemachten Fuß wil eine Lahme nehmen/ Und deren krummes Bein wie Bothen-Fuͤſſe ſtinckt. Die H

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Zitationshilfe: Hunold, Christian Friedrich: Die Edle Bemühung müssiger Stunden. Hamburg, 1702, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hunold_gedichte_1702/123>, abgerufen am 24.11.2024.