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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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werden soll, das ist unter ihnen noch lange nicht
ausgemacht. Sie vertauschen, je nachdem ihr Vor-
theil es heischt, ihre Ansichten sehr schnell und leicht,
und daher muß man sich nicht wundern, daß, wer
vor einer Stunde noch mit dem größten Eifer diese
Meinung verfocht, in der folgenden eine ganz ent-
gegengesetzte behauptet. Die entfernte Aussicht auf
eine vortheilhafte Spekulation, die Furcht durch
irgend einen Andern im Verkehr beeinträchtigt zu
werden, ändert gleich das ganze System, dessen
oberster Grundsatz es ist: Alles, was uns schadet,
ist unrecht, was uns nützt, ist erlaubt.

Daß ein deutscher Buchhändler berechtigt sey,
ausländische Werke nachzudrucken, selbst wenn der
fremde Buchhändler darüber mit Frau und Kind
an den Bettelstab käme, ist ein, fast durchgehends
als richtig angenommener Grundsatz, der über al-
len Zweifel erhaben ist. Wenn unsere deutschen
soliden und legitimen Urverleger hievon die schwei-
zerischen Buchhändler ausnehmen, so glauben sie
wahrscheinlich, dies der, den Schweizern zugesicher-
ten Neutralität schuldig zu seyn. Eben so ausge-
macht und richtig wie jenes ist es, daß der Verle-
ger, dem von dem Verfasser nur das Recht zum
Druck einer Auflage gegen ein bestimmtes Hono-
rar zugestanden ward, und der sich dagegen kon-
traktlich verpflichtete, ohne des Verfassers oder
seiner Erben Genehmigung keine weitere Ausgaben

werden ſoll, das iſt unter ihnen noch lange nicht
ausgemacht. Sie vertauſchen, je nachdem ihr Vor-
theil es heiſcht, ihre Anſichten ſehr ſchnell und leicht,
und daher muß man ſich nicht wundern, daß, wer
vor einer Stunde noch mit dem groͤßten Eifer dieſe
Meinung verfocht, in der folgenden eine ganz ent-
gegengeſetzte behauptet. Die entfernte Ausſicht auf
eine vortheilhafte Spekulation, die Furcht durch
irgend einen Andern im Verkehr beeintraͤchtigt zu
werden, aͤndert gleich das ganze Syſtem, deſſen
oberſter Grundſatz es iſt: Alles, was uns ſchadet,
iſt unrecht, was uns nuͤtzt, iſt erlaubt.

Daß ein deutſcher Buchhaͤndler berechtigt ſey,
auslaͤndiſche Werke nachzudrucken, ſelbſt wenn der
fremde Buchhaͤndler daruͤber mit Frau und Kind
an den Bettelſtab kaͤme, iſt ein, faſt durchgehends
als richtig angenommener Grundſatz, der uͤber al-
len Zweifel erhaben iſt. Wenn unſere deutſchen
ſoliden und legitimen Urverleger hievon die ſchwei-
zeriſchen Buchhaͤndler ausnehmen, ſo glauben ſie
wahrſcheinlich, dies der, den Schweizern zugeſicher-
ten Neutralitaͤt ſchuldig zu ſeyn. Eben ſo ausge-
macht und richtig wie jenes iſt es, daß der Verle-
ger, dem von dem Verfaſſer nur das Recht zum
Druck einer Auflage gegen ein beſtimmtes Hono-
rar zugeſtanden ward, und der ſich dagegen kon-
traktlich verpflichtete, ohne des Verfaſſers oder
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[98/0098] werden ſoll, das iſt unter ihnen noch lange nicht ausgemacht. Sie vertauſchen, je nachdem ihr Vor- theil es heiſcht, ihre Anſichten ſehr ſchnell und leicht, und daher muß man ſich nicht wundern, daß, wer vor einer Stunde noch mit dem groͤßten Eifer dieſe Meinung verfocht, in der folgenden eine ganz ent- gegengeſetzte behauptet. Die entfernte Ausſicht auf eine vortheilhafte Spekulation, die Furcht durch irgend einen Andern im Verkehr beeintraͤchtigt zu werden, aͤndert gleich das ganze Syſtem, deſſen oberſter Grundſatz es iſt: Alles, was uns ſchadet, iſt unrecht, was uns nuͤtzt, iſt erlaubt. Daß ein deutſcher Buchhaͤndler berechtigt ſey, auslaͤndiſche Werke nachzudrucken, ſelbſt wenn der fremde Buchhaͤndler daruͤber mit Frau und Kind an den Bettelſtab kaͤme, iſt ein, faſt durchgehends als richtig angenommener Grundſatz, der uͤber al- len Zweifel erhaben iſt. Wenn unſere deutſchen ſoliden und legitimen Urverleger hievon die ſchwei- zeriſchen Buchhaͤndler ausnehmen, ſo glauben ſie wahrſcheinlich, dies der, den Schweizern zugeſicher- ten Neutralitaͤt ſchuldig zu ſeyn. Eben ſo ausge- macht und richtig wie jenes iſt es, daß der Verle- ger, dem von dem Verfaſſer nur das Recht zum Druck einer Auflage gegen ein beſtimmtes Hono- rar zugeſtanden ward, und der ſich dagegen kon- traktlich verpflichtete, ohne des Verfaſſers oder ſeiner Erben Genehmigung keine weitere Ausgaben

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/98>, abgerufen am 28.11.2024.