Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

möglich, alle diejenigen Schriftsteller an sich zu
ziehen, deren Werke für das Publikum durchaus
unentbehrlich wären, z. B. Aerzte, Rechtsgelehrte,
Chemiker, Landwirthe u. s. w. Die Preise der
Schriften dieser Leute würden dann von jenen Buch-
händlern so sehr gesteigert werden, daß blos der
Reiche sie kaufen könnte; was sollte aus unserm
Vaterlande werden? Müßte nicht jeder Minder-
wohlhabende, der einen oder mehrere talentvolle
Söhne hätte, darauf verzichten, ihnen eine wissen-
schaftliche höhere Bildung zu geben und dadurch ihr
Fortkommen zu befördern? Würden nicht auf diese
Weise durch den Eigennutz von zehn bis zwölf Buch-
händlern dem gemeinsamen Vaterlande vielleicht ge-
rade die besten und fähigsten Diener entrissen? Und
wo sollte unter jenen Umständen der Arzt, der
Rechtsgelehrte, der Geistliche, dem keine großen
Glücksgüter beschieden waren, bei einer zahlreichen
Familie wohl das Geld zu den kostbaren Büchern
hernehmen, um sich in seinem Fache zu vervollkomm-
nen und mit seinem Zeitalter fort zu schreiten?
Jetzt wird jener Eigennutz der Buchhändler noch
etwas gebändigt durch die Besorgniß vor dem Nach-
druck; was sollte ihm aber die Wage halten, wenn
diese Besorgniß hinwegfiele?

Gesetzt indessen, alle unsere Verlagsbuchhänd-
ler wären so fromm und so rein, wie die Engelchen
im Himmel; es wäre durchaus von dergleichen

moͤglich, alle diejenigen Schriftſteller an ſich zu
ziehen, deren Werke fuͤr das Publikum durchaus
unentbehrlich waͤren, z. B. Aerzte, Rechtsgelehrte,
Chemiker, Landwirthe u. ſ. w. Die Preiſe der
Schriften dieſer Leute wuͤrden dann von jenen Buch-
haͤndlern ſo ſehr geſteigert werden, daß blos der
Reiche ſie kaufen koͤnnte; was ſollte aus unſerm
Vaterlande werden? Muͤßte nicht jeder Minder-
wohlhabende, der einen oder mehrere talentvolle
Soͤhne haͤtte, darauf verzichten, ihnen eine wiſſen-
ſchaftliche hoͤhere Bildung zu geben und dadurch ihr
Fortkommen zu befoͤrdern? Wuͤrden nicht auf dieſe
Weiſe durch den Eigennutz von zehn bis zwoͤlf Buch-
haͤndlern dem gemeinſamen Vaterlande vielleicht ge-
rade die beſten und faͤhigſten Diener entriſſen? Und
wo ſollte unter jenen Umſtaͤnden der Arzt, der
Rechtsgelehrte, der Geiſtliche, dem keine großen
Gluͤcksguͤter beſchieden waren, bei einer zahlreichen
Familie wohl das Geld zu den koſtbaren Buͤchern
hernehmen, um ſich in ſeinem Fache zu vervollkomm-
nen und mit ſeinem Zeitalter fort zu ſchreiten?
Jetzt wird jener Eigennutz der Buchhaͤndler noch
etwas gebaͤndigt durch die Beſorgniß vor dem Nach-
druck; was ſollte ihm aber die Wage halten, wenn
dieſe Beſorgniß hinwegfiele?

Geſetzt indeſſen, alle unſere Verlagsbuchhaͤnd-
ler waͤren ſo fromm und ſo rein, wie die Engelchen
im Himmel; es waͤre durchaus von dergleichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0080" n="80"/>
mo&#x0364;glich, alle diejenigen Schrift&#x017F;teller an &#x017F;ich zu<lb/>
ziehen, deren Werke fu&#x0364;r das Publikum durchaus<lb/>
unentbehrlich wa&#x0364;ren, z. B. Aerzte, Rechtsgelehrte,<lb/>
Chemiker, Landwirthe u. &#x017F;. w. Die Prei&#x017F;e der<lb/>
Schriften die&#x017F;er Leute wu&#x0364;rden dann von jenen Buch-<lb/>
ha&#x0364;ndlern &#x017F;o &#x017F;ehr ge&#x017F;teigert werden, daß blos der<lb/>
Reiche &#x017F;ie kaufen ko&#x0364;nnte; was &#x017F;ollte aus un&#x017F;erm<lb/>
Vaterlande werden? Mu&#x0364;ßte nicht jeder Minder-<lb/>
wohlhabende, der einen oder mehrere talentvolle<lb/>
So&#x0364;hne ha&#x0364;tte, darauf verzichten, ihnen eine wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaftliche ho&#x0364;here Bildung zu geben und dadurch ihr<lb/>
Fortkommen zu befo&#x0364;rdern? Wu&#x0364;rden nicht auf die&#x017F;e<lb/>
Wei&#x017F;e durch den Eigennutz von zehn bis zwo&#x0364;lf Buch-<lb/>
ha&#x0364;ndlern dem gemein&#x017F;amen Vaterlande vielleicht ge-<lb/>
rade die be&#x017F;ten und fa&#x0364;hig&#x017F;ten Diener entri&#x017F;&#x017F;en? Und<lb/>
wo &#x017F;ollte unter jenen Um&#x017F;ta&#x0364;nden der Arzt, der<lb/>
Rechtsgelehrte, der Gei&#x017F;tliche, dem keine großen<lb/>
Glu&#x0364;cksgu&#x0364;ter be&#x017F;chieden waren, bei einer zahlreichen<lb/>
Familie wohl das Geld zu den ko&#x017F;tbaren Bu&#x0364;chern<lb/>
hernehmen, um &#x017F;ich in &#x017F;einem Fache zu vervollkomm-<lb/>
nen und mit &#x017F;einem Zeitalter fort zu &#x017F;chreiten?<lb/>
Jetzt wird jener Eigennutz der Buchha&#x0364;ndler noch<lb/>
etwas geba&#x0364;ndigt durch die Be&#x017F;orgniß vor dem Nach-<lb/>
druck; was &#x017F;ollte ihm aber die Wage halten, wenn<lb/>
die&#x017F;e Be&#x017F;orgniß hinwegfiele?</p><lb/>
        <p>Ge&#x017F;etzt inde&#x017F;&#x017F;en, alle un&#x017F;ere Verlagsbuchha&#x0364;nd-<lb/>
ler wa&#x0364;ren &#x017F;o fromm und &#x017F;o rein, wie die Engelchen<lb/>
im Himmel; es wa&#x0364;re durchaus von dergleichen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[80/0080] moͤglich, alle diejenigen Schriftſteller an ſich zu ziehen, deren Werke fuͤr das Publikum durchaus unentbehrlich waͤren, z. B. Aerzte, Rechtsgelehrte, Chemiker, Landwirthe u. ſ. w. Die Preiſe der Schriften dieſer Leute wuͤrden dann von jenen Buch- haͤndlern ſo ſehr geſteigert werden, daß blos der Reiche ſie kaufen koͤnnte; was ſollte aus unſerm Vaterlande werden? Muͤßte nicht jeder Minder- wohlhabende, der einen oder mehrere talentvolle Soͤhne haͤtte, darauf verzichten, ihnen eine wiſſen- ſchaftliche hoͤhere Bildung zu geben und dadurch ihr Fortkommen zu befoͤrdern? Wuͤrden nicht auf dieſe Weiſe durch den Eigennutz von zehn bis zwoͤlf Buch- haͤndlern dem gemeinſamen Vaterlande vielleicht ge- rade die beſten und faͤhigſten Diener entriſſen? Und wo ſollte unter jenen Umſtaͤnden der Arzt, der Rechtsgelehrte, der Geiſtliche, dem keine großen Gluͤcksguͤter beſchieden waren, bei einer zahlreichen Familie wohl das Geld zu den koſtbaren Buͤchern hernehmen, um ſich in ſeinem Fache zu vervollkomm- nen und mit ſeinem Zeitalter fort zu ſchreiten? Jetzt wird jener Eigennutz der Buchhaͤndler noch etwas gebaͤndigt durch die Beſorgniß vor dem Nach- druck; was ſollte ihm aber die Wage halten, wenn dieſe Beſorgniß hinwegfiele? Geſetzt indeſſen, alle unſere Verlagsbuchhaͤnd- ler waͤren ſo fromm und ſo rein, wie die Engelchen im Himmel; es waͤre durchaus von dergleichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/80
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/80>, abgerufen am 24.11.2024.