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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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als solcher mir das volle unbeschränkte Eigenthum
an dem von mir gekauften Exemplar, ohne allen
Vorbehalt übertrug, mich an der Ausübung des
wichtigsten Theils meines Eigenthumsrechts, nemlich
an der Vervielfältigung und Veräußerung hindern
können und dürfen? Wenn ein Pferdehändler und
Pferdeverleiher Jemanden ohne weitere Bedingung
ein Gespann Pferde verkaufte, und wollte nachher
dem Käufer verbieten, sie nicht zu verleihen und
keine Füllen davon aufzuziehen, weil ihm, dem
Verkäufer, dies in seinem Verkehr nachtheilig sey;
-- würde nicht jeder vernünftige Richter, im Fall
einer Klage des Pferdehändlers, diesen ohne weitere
Umstände zurück weisen? Doch ich wähle ein an-
deres Gleichniß, weil jenes Manchem vielleicht zu
profan dünken möchte! Gesetzt, ein Maler liehe
(ich sage: liehe) einem andern eins seiner Gemäl-
de, ohne alle weitere Bedingung; der letztere kopirte
es fünfzig oder hundertfach, so daß man keinen
Unterschied zwischen dem Urbilde und Nachbilde
wahrnehmen könnte. Er verkaufte seine Kopieen,
jedoch mit der ausdrücklichen Angabe, daß es Nach-
bildungen jenes Originals wären, und der Maler
verlöre dadurch vielleicht selbst den Käufer, der ihm
Tausende für sein Urbild geboten hatte; -- mit wel-
chem Rechte frage ich, könnte man den Nachbildner
einen Dieb, einen Betrüger schelten? Wo ist das
Sittengesetz, welches verbietet, ein mir geliehenes

als ſolcher mir das volle unbeſchraͤnkte Eigenthum
an dem von mir gekauften Exemplar, ohne allen
Vorbehalt uͤbertrug, mich an der Ausuͤbung des
wichtigſten Theils meines Eigenthumsrechts, nemlich
an der Vervielfaͤltigung und Veraͤußerung hindern
koͤnnen und duͤrfen? Wenn ein Pferdehaͤndler und
Pferdeverleiher Jemanden ohne weitere Bedingung
ein Geſpann Pferde verkaufte, und wollte nachher
dem Kaͤufer verbieten, ſie nicht zu verleihen und
keine Fuͤllen davon aufzuziehen, weil ihm, dem
Verkaͤufer, dies in ſeinem Verkehr nachtheilig ſey;
— wuͤrde nicht jeder vernuͤnftige Richter, im Fall
einer Klage des Pferdehaͤndlers, dieſen ohne weitere
Umſtaͤnde zuruͤck weiſen? Doch ich waͤhle ein an-
deres Gleichniß, weil jenes Manchem vielleicht zu
profan duͤnken moͤchte! Geſetzt, ein Maler liehe
(ich ſage: liehe) einem andern eins ſeiner Gemaͤl-
de, ohne alle weitere Bedingung; der letztere kopirte
es fuͤnfzig oder hundertfach, ſo daß man keinen
Unterſchied zwiſchen dem Urbilde und Nachbilde
wahrnehmen koͤnnte. Er verkaufte ſeine Kopieen,
jedoch mit der ausdruͤcklichen Angabe, daß es Nach-
bildungen jenes Originals waͤren, und der Maler
verloͤre dadurch vielleicht ſelbſt den Kaͤufer, der ihm
Tauſende fuͤr ſein Urbild geboten hatte; — mit wel-
chem Rechte frage ich, koͤnnte man den Nachbildner
einen Dieb, einen Betruͤger ſchelten? Wo iſt das
Sittengeſetz, welches verbietet, ein mir geliehenes

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[47/0047] als ſolcher mir das volle unbeſchraͤnkte Eigenthum an dem von mir gekauften Exemplar, ohne allen Vorbehalt uͤbertrug, mich an der Ausuͤbung des wichtigſten Theils meines Eigenthumsrechts, nemlich an der Vervielfaͤltigung und Veraͤußerung hindern koͤnnen und duͤrfen? Wenn ein Pferdehaͤndler und Pferdeverleiher Jemanden ohne weitere Bedingung ein Geſpann Pferde verkaufte, und wollte nachher dem Kaͤufer verbieten, ſie nicht zu verleihen und keine Fuͤllen davon aufzuziehen, weil ihm, dem Verkaͤufer, dies in ſeinem Verkehr nachtheilig ſey; — wuͤrde nicht jeder vernuͤnftige Richter, im Fall einer Klage des Pferdehaͤndlers, dieſen ohne weitere Umſtaͤnde zuruͤck weiſen? Doch ich waͤhle ein an- deres Gleichniß, weil jenes Manchem vielleicht zu profan duͤnken moͤchte! Geſetzt, ein Maler liehe (ich ſage: liehe) einem andern eins ſeiner Gemaͤl- de, ohne alle weitere Bedingung; der letztere kopirte es fuͤnfzig oder hundertfach, ſo daß man keinen Unterſchied zwiſchen dem Urbilde und Nachbilde wahrnehmen koͤnnte. Er verkaufte ſeine Kopieen, jedoch mit der ausdruͤcklichen Angabe, daß es Nach- bildungen jenes Originals waͤren, und der Maler verloͤre dadurch vielleicht ſelbſt den Kaͤufer, der ihm Tauſende fuͤr ſein Urbild geboten hatte; — mit wel- chem Rechte frage ich, koͤnnte man den Nachbildner einen Dieb, einen Betruͤger ſchelten? Wo iſt das Sittengeſetz, welches verbietet, ein mir geliehenes

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/47>, abgerufen am 23.11.2024.