Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

Leviten zu gehören, und ohne etwas Schlimmes
dabei zu ahnen, ihr unanständiges Beispiel nach-
ahmt, und sich als Lehrer seiner Gemeine dadurch
schadet, einen Dienst zu leisten, wenn ich ihn auf
das Unschickliche und Unanständige jenes Betragens
aufmerksam mache. Niemand wird schärfer beob-
achtet als der Volkslehrer; ist er ein rechtlicher
Mann, so ist jeder Verlust an öffentlicher Achtung,
den er verschuldeter oder unverschuldeter Weise er-
leidet, auch ein wichtiger moralischer Verlust für
seine Gemeine, auf welche dann selbst seine beßten
Lehren und Beispiele nicht mehr den Eindruck ma-
chen können, den er dadurch machen sollte, und
zu machen wünscht. Darum ist es Pflicht jedes
gutgesinnten Pfarrers, alle Handlungen, und wären
sie übrigens noch so erlaubt und schuldlos, sorgfäl-
fältig zu meiden, die ihm von jener Achtung etwas
entziehen können. Also nicht Spottsucht, nicht Wi-
derwille gegen den Stand der Volkslehrer, der in
meinen Augen zwar nicht heilig, aber doch sehr eh-
renwerth und nützlich ist, leitete mir bei dieser, so
wie bei allen übrigen Rügen die Feder.

Nicht minder unangenehm, wenn gleich weni-
ger lächerlich, offenbart sich der Geitz der christli-
chen Leviten in ihrer Rauhheit und Harther-
zigkeit
gegen Arme und Dürftige. Wie oft sieht
man nicht, daß der reisende Handwerker, oder der
verkrüppelte Krieger, der sein Blut für das Va-

Leviten zu gehoͤren, und ohne etwas Schlimmes
dabei zu ahnen, ihr unanſtaͤndiges Beiſpiel nach-
ahmt, und ſich als Lehrer ſeiner Gemeine dadurch
ſchadet, einen Dienſt zu leiſten, wenn ich ihn auf
das Unſchickliche und Unanſtaͤndige jenes Betragens
aufmerkſam mache. Niemand wird ſchaͤrfer beob-
achtet als der Volkslehrer; iſt er ein rechtlicher
Mann, ſo iſt jeder Verluſt an oͤffentlicher Achtung,
den er verſchuldeter oder unverſchuldeter Weiſe er-
leidet, auch ein wichtiger moraliſcher Verluſt fuͤr
ſeine Gemeine, auf welche dann ſelbſt ſeine beßten
Lehren und Beiſpiele nicht mehr den Eindruck ma-
chen koͤnnen, den er dadurch machen ſollte, und
zu machen wuͤnſcht. Darum iſt es Pflicht jedes
gutgeſinnten Pfarrers, alle Handlungen, und waͤren
ſie uͤbrigens noch ſo erlaubt und ſchuldlos, ſorgfaͤl-
faͤltig zu meiden, die ihm von jener Achtung etwas
entziehen koͤnnen. Alſo nicht Spottſucht, nicht Wi-
derwille gegen den Stand der Volkslehrer, der in
meinen Augen zwar nicht heilig, aber doch ſehr eh-
renwerth und nuͤtzlich iſt, leitete mir bei dieſer, ſo
wie bei allen uͤbrigen Ruͤgen die Feder.

Nicht minder unangenehm, wenn gleich weni-
ger laͤcherlich, offenbart ſich der Geitz der chriſtli-
chen Leviten in ihrer Rauhheit und Harther-
zigkeit
gegen Arme und Duͤrftige. Wie oft ſieht
man nicht, daß der reiſende Handwerker, oder der
verkruͤppelte Krieger, der ſein Blut fuͤr das Va-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0261" n="261"/>
Leviten zu geho&#x0364;ren, und ohne etwas Schlimmes<lb/>
dabei zu ahnen, ihr unan&#x017F;ta&#x0364;ndiges Bei&#x017F;piel nach-<lb/>
ahmt, und &#x017F;ich als Lehrer &#x017F;einer Gemeine dadurch<lb/>
&#x017F;chadet, einen Dien&#x017F;t zu lei&#x017F;ten, wenn ich ihn auf<lb/>
das Un&#x017F;chickliche und Unan&#x017F;ta&#x0364;ndige jenes Betragens<lb/>
aufmerk&#x017F;am mache. Niemand wird &#x017F;cha&#x0364;rfer beob-<lb/>
achtet als der Volkslehrer; i&#x017F;t er ein rechtlicher<lb/>
Mann, &#x017F;o i&#x017F;t jeder Verlu&#x017F;t an o&#x0364;ffentlicher Achtung,<lb/>
den er ver&#x017F;chuldeter oder unver&#x017F;chuldeter Wei&#x017F;e er-<lb/>
leidet, auch ein wichtiger morali&#x017F;cher Verlu&#x017F;t fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;eine Gemeine, auf welche dann &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eine beßten<lb/>
Lehren und Bei&#x017F;piele nicht mehr den Eindruck ma-<lb/>
chen ko&#x0364;nnen, den er dadurch machen &#x017F;ollte, und<lb/>
zu machen wu&#x0364;n&#x017F;cht. Darum i&#x017F;t es Pflicht jedes<lb/>
gutge&#x017F;innten Pfarrers, alle Handlungen, und wa&#x0364;ren<lb/>
&#x017F;ie u&#x0364;brigens noch &#x017F;o erlaubt und &#x017F;chuldlos, &#x017F;orgfa&#x0364;l-<lb/>
fa&#x0364;ltig zu meiden, die ihm von jener Achtung etwas<lb/>
entziehen ko&#x0364;nnen. Al&#x017F;o nicht Spott&#x017F;ucht, nicht Wi-<lb/>
derwille gegen den Stand der Volkslehrer, der in<lb/>
meinen Augen zwar nicht heilig, aber doch &#x017F;ehr eh-<lb/>
renwerth und nu&#x0364;tzlich i&#x017F;t, leitete mir bei die&#x017F;er, &#x017F;o<lb/>
wie bei allen u&#x0364;brigen Ru&#x0364;gen die Feder.</p><lb/>
        <p>Nicht minder unangenehm, wenn gleich weni-<lb/>
ger la&#x0364;cherlich, offenbart &#x017F;ich der Geitz der chri&#x017F;tli-<lb/>
chen Leviten in ihrer <hi rendition="#g">Rauhheit</hi> und <hi rendition="#g">Harther-<lb/>
zigkeit</hi> gegen Arme und Du&#x0364;rftige. Wie oft &#x017F;ieht<lb/>
man nicht, daß der rei&#x017F;ende Handwerker, oder der<lb/>
verkru&#x0364;ppelte Krieger, der &#x017F;ein Blut fu&#x0364;r das Va-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0261] Leviten zu gehoͤren, und ohne etwas Schlimmes dabei zu ahnen, ihr unanſtaͤndiges Beiſpiel nach- ahmt, und ſich als Lehrer ſeiner Gemeine dadurch ſchadet, einen Dienſt zu leiſten, wenn ich ihn auf das Unſchickliche und Unanſtaͤndige jenes Betragens aufmerkſam mache. Niemand wird ſchaͤrfer beob- achtet als der Volkslehrer; iſt er ein rechtlicher Mann, ſo iſt jeder Verluſt an oͤffentlicher Achtung, den er verſchuldeter oder unverſchuldeter Weiſe er- leidet, auch ein wichtiger moraliſcher Verluſt fuͤr ſeine Gemeine, auf welche dann ſelbſt ſeine beßten Lehren und Beiſpiele nicht mehr den Eindruck ma- chen koͤnnen, den er dadurch machen ſollte, und zu machen wuͤnſcht. Darum iſt es Pflicht jedes gutgeſinnten Pfarrers, alle Handlungen, und waͤren ſie uͤbrigens noch ſo erlaubt und ſchuldlos, ſorgfaͤl- faͤltig zu meiden, die ihm von jener Achtung etwas entziehen koͤnnen. Alſo nicht Spottſucht, nicht Wi- derwille gegen den Stand der Volkslehrer, der in meinen Augen zwar nicht heilig, aber doch ſehr eh- renwerth und nuͤtzlich iſt, leitete mir bei dieſer, ſo wie bei allen uͤbrigen Ruͤgen die Feder. Nicht minder unangenehm, wenn gleich weni- ger laͤcherlich, offenbart ſich der Geitz der chriſtli- chen Leviten in ihrer Rauhheit und Harther- zigkeit gegen Arme und Duͤrftige. Wie oft ſieht man nicht, daß der reiſende Handwerker, oder der verkruͤppelte Krieger, der ſein Blut fuͤr das Va-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/261
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/261>, abgerufen am 18.05.2024.