Jch kenne nichts Unheilbringenderes, als die durch pfäffische Heiligthuerei in manchen Ländern einge- führten Verbote aller öffentlichen Vergnügungen an Sonn- und Festtagen, besonders des Tanzes, der Musik und mancher unschuldigen Spiele, die zur Stärkung des Körpers und zur Erheiterung des Geistes dienen. Vorzüglich grausam sind dergleichen Verbote dort, wo die arbeitenden Klassen, der Bür- ger, und der Bauernstand alle Tage, und oft noch wohl halbe Nächte der Woche hindurch verwenden müssen, um neben einem höchst kümmerlichen Un- terhalt die ungeheuern Lasten und Abgaben aufzu- bringen, die man ihnen auflegt, so daß bloß ein Theil des Sonntags ihnen übrig bleibt. Raubt man dem Menschen jede Freude, jeden heitern Ge- nuß des Lebens, bei welchem er vielleicht den Kum- mer vergessen kann, der ihn zu Boden drückt; so macht man ihn stumpfsinnig, gefühllos, hartherzig, neidisch, heimtückisch und boshaft, und würdigt ihn zum Lastthiere herab, dem man nur deshalb noth- dürftiges Futter giebt, damit es nicht vor der Zeit umkommen möge, und man es desto länger gebrau- chen könne. Jeder Sonn- und Festtag sollte also, und vor Allem dort, wo kein blühender Wohlstand den arbeitenden Volsklassen es gestattet, auch an den Werktagen sich eine Erheiterung und Erholung zu verschaffen, eben so sehr den öffentlichen Vergnü- gungen, als der Gottesverehrung gewidmet seyn.
Jch kenne nichts Unheilbringenderes, als die durch pfaͤffiſche Heiligthuerei in manchen Laͤndern einge- fuͤhrten Verbote aller oͤffentlichen Vergnuͤgungen an Sonn- und Feſttagen, beſonders des Tanzes, der Muſik und mancher unſchuldigen Spiele, die zur Staͤrkung des Koͤrpers und zur Erheiterung des Geiſtes dienen. Vorzuͤglich grauſam ſind dergleichen Verbote dort, wo die arbeitenden Klaſſen, der Buͤr- ger, und der Bauernſtand alle Tage, und oft noch wohl halbe Naͤchte der Woche hindurch verwenden muͤſſen, um neben einem hoͤchſt kuͤmmerlichen Un- terhalt die ungeheuern Laſten und Abgaben aufzu- bringen, die man ihnen auflegt, ſo daß bloß ein Theil des Sonntags ihnen uͤbrig bleibt. Raubt man dem Menſchen jede Freude, jeden heitern Ge- nuß des Lebens, bei welchem er vielleicht den Kum- mer vergeſſen kann, der ihn zu Boden druͤckt; ſo macht man ihn ſtumpfſinnig, gefuͤhllos, hartherzig, neidiſch, heimtuͤckiſch und boshaft, und wuͤrdigt ihn zum Laſtthiere herab, dem man nur deshalb noth- duͤrftiges Futter giebt, damit es nicht vor der Zeit umkommen moͤge, und man es deſto laͤnger gebrau- chen koͤnne. Jeder Sonn- und Feſttag ſollte alſo, und vor Allem dort, wo kein bluͤhender Wohlſtand den arbeitenden Volsklaſſen es geſtattet, auch an den Werktagen ſich eine Erheiterung und Erholung zu verſchaffen, eben ſo ſehr den oͤffentlichen Vergnuͤ- gungen, als der Gottesverehrung gewidmet ſeyn.
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Jch kenne nichts Unheilbringenderes, als die durch
pfaͤffiſche Heiligthuerei in manchen Laͤndern einge-
fuͤhrten Verbote aller oͤffentlichen Vergnuͤgungen an
Sonn- und Feſttagen, beſonders des Tanzes, der
Muſik und mancher unſchuldigen Spiele, die zur
Staͤrkung des Koͤrpers und zur Erheiterung des
Geiſtes dienen. Vorzuͤglich grauſam ſind dergleichen
Verbote dort, wo die arbeitenden Klaſſen, der Buͤr-
ger, und der Bauernſtand alle Tage, und oft noch
wohl halbe Naͤchte der Woche hindurch verwenden
muͤſſen, um neben einem hoͤchſt kuͤmmerlichen Un-
terhalt die ungeheuern Laſten und Abgaben aufzu-
bringen, die man ihnen auflegt, ſo daß bloß ein
Theil des Sonntags ihnen uͤbrig bleibt. Raubt
man dem Menſchen jede Freude, jeden heitern Ge-
nuß des Lebens, bei welchem er vielleicht den Kum-
mer vergeſſen kann, der ihn zu Boden druͤckt; ſo
macht man ihn ſtumpfſinnig, gefuͤhllos, hartherzig,
neidiſch, heimtuͤckiſch und boshaft, und wuͤrdigt ihn
zum Laſtthiere herab, dem man nur deshalb noth-
duͤrftiges Futter giebt, damit es nicht vor der Zeit
umkommen moͤge, und man es deſto laͤnger gebrau-
chen koͤnne. Jeder Sonn- und Feſttag ſollte alſo,
und vor Allem dort, wo kein bluͤhender Wohlſtand
den arbeitenden Volsklaſſen es geſtattet, auch an
den Werktagen ſich eine Erheiterung und Erholung
zu verſchaffen, eben ſo ſehr den oͤffentlichen Vergnuͤ-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/245>, abgerufen am 03.05.2024.
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