Freiheit des Handels, so weit er von außen nicht beschränkt wird; Freiheit im Denken, Reden und Schreiben, in so ferne nur kein Fremder mit seiner Adlerklaue in unser friedliches Treiben eingreift, und unser biederer Großherzog uns schützen kann. Er ist der geistvollste, edelste, bravste Mann im ganzen Lande, vielleicht in ganz Deutschland; auch der Thronfolger ist gut; allein wir behielten den Alten noch gerne; wir sind es unter ihm gewohnt, sind unter ihm grau geworden, und verdanken ihm Vieles. So sprach man überall, denn die Deut- schen sind treu und erkenntlich gegen ihre Regierer; undankbar und feige handelt daher der Fürst, der das Gegentheil von ihnen behauptet, und sie als eine rebellische Nation anklagt. Von keinem Zöll- ner und keinem Gensdarmen ward ich in diesem Lande belästigt. Auf der einzigen Polizeibehörde, die ich besuchte -- der ersten im Lande --, fand ich nur drei bis vier Beamte und Schreiber; alle höfliche Männer, die, ohne um den Zweck meiner Reise sich zu bekümmern, ohne eine argwöhnische, unbescheidene Frage zu thun, meinen Paß unter- zeichneten, und mir mit zuvorkommender Artigkeit sagten, auf welchem Wege ich näher, bequemer und sicherer würde reisen können; denn es war damals in manchen Ländern Deutschlands sehr gefährlich zu reisen. Jn allen Dörfern und Städten des Großherzogthums sah' ich fröhliche, glückliche und
Freiheit des Handels, ſo weit er von außen nicht beſchraͤnkt wird; Freiheit im Denken, Reden und Schreiben, in ſo ferne nur kein Fremder mit ſeiner Adlerklaue in unſer friedliches Treiben eingreift, und unſer biederer Großherzog uns ſchuͤtzen kann. Er iſt der geiſtvollſte, edelſte, bravſte Mann im ganzen Lande, vielleicht in ganz Deutſchland; auch der Thronfolger iſt gut; allein wir behielten den Alten noch gerne; wir ſind es unter ihm gewohnt, ſind unter ihm grau geworden, und verdanken ihm Vieles. So ſprach man uͤberall, denn die Deut- ſchen ſind treu und erkenntlich gegen ihre Regierer; undankbar und feige handelt daher der Fuͤrſt, der das Gegentheil von ihnen behauptet, und ſie als eine rebelliſche Nation anklagt. Von keinem Zoͤll- ner und keinem Gensdarmen ward ich in dieſem Lande belaͤſtigt. Auf der einzigen Polizeibehoͤrde, die ich beſuchte — der erſten im Lande —, fand ich nur drei bis vier Beamte und Schreiber; alle hoͤfliche Maͤnner, die, ohne um den Zweck meiner Reiſe ſich zu bekuͤmmern, ohne eine argwoͤhniſche, unbeſcheidene Frage zu thun, meinen Paß unter- zeichneten, und mir mit zuvorkommender Artigkeit ſagten, auf welchem Wege ich naͤher, bequemer und ſicherer wuͤrde reiſen koͤnnen; denn es war damals in manchen Laͤndern Deutſchlands ſehr gefaͤhrlich zu reiſen. Jn allen Doͤrfern und Staͤdten des Großherzogthums ſah’ ich froͤhliche, gluͤckliche und
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Freiheit des Handels, ſo weit er von außen nicht
beſchraͤnkt wird; Freiheit im Denken, Reden und
Schreiben, in ſo ferne nur kein Fremder mit ſeiner
Adlerklaue in unſer friedliches Treiben eingreift,
und unſer biederer Großherzog uns ſchuͤtzen kann.
Er iſt der geiſtvollſte, edelſte, bravſte Mann im
ganzen Lande, vielleicht in ganz Deutſchland; auch
der Thronfolger iſt gut; allein wir behielten den
Alten noch gerne; wir ſind es unter ihm gewohnt,
ſind unter ihm grau geworden, und verdanken ihm
Vieles. So ſprach man uͤberall, denn die Deut-
ſchen ſind treu und erkenntlich gegen ihre Regierer;
undankbar und feige handelt daher der Fuͤrſt, der
das Gegentheil von ihnen behauptet, und ſie als
eine rebelliſche Nation anklagt. Von keinem Zoͤll-
ner und keinem Gensdarmen ward ich in dieſem
Lande belaͤſtigt. Auf der einzigen Polizeibehoͤrde,
die ich beſuchte — der erſten im Lande —, fand
ich nur drei bis vier Beamte und Schreiber; alle
hoͤfliche Maͤnner, die, ohne um den Zweck meiner
Reiſe ſich zu bekuͤmmern, ohne eine argwoͤhniſche,
unbeſcheidene Frage zu thun, meinen Paß unter-
zeichneten, und mir mit zuvorkommender Artigkeit
ſagten, auf welchem Wege ich naͤher, bequemer und
ſicherer wuͤrde reiſen koͤnnen; denn es war damals
in manchen Laͤndern Deutſchlands ſehr gefaͤhrlich
zu reiſen. Jn allen Doͤrfern und Staͤdten des
Großherzogthums ſah’ ich froͤhliche, gluͤckliche und
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/152>, abgerufen am 24.11.2024.
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