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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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mit dem Maler, das Messer nie mit dem
Mörder verwechseln. Es kann ein Land geben,
dessen Zustand dem oben bezeichneten sehr ähnlich,
und dessen Oberhaupt doch der allerchristlichste
Mann von der Welt ist. Wo ein solcher Herr
auf dem Throne vegetirt, kann man ihn wohl der
Unfähigkeit zu dem, was er dem Titel nach seyn
soll, aber nicht des weißen Judenthums anklagen.
Jch wiederhole es nochmal, man muß nicht den
Pinsel mit dem Maler verwechseln. Sollte also
wirklich irgendwo ein Land seyn, ich weiß freilich
in Europa kein einziges, wo ein Zustand wie jener
vorherrschend wäre, so wird mit Recht mir Nie-
mand Schuld geben können, als hätte ich den
Nominalregenten einen weißen Juden genannt.
Wahrscheinlich würden manche Götter der Erde nach
ganz andern Grundsätzen handeln, wenn ihre Un-
tergötter es wollten, und wenn sie wüßten, was
nach wenigen Jahrzehenden, vielleicht schon nach
einem halben Jahrzehend über sie wird gesagt, ge-
schrieben und geurtheilt werden.

Dank sey es übrigens der Humanität der
großen Regenten und Minister Europa's, daß jetzt
selten ein weißer Jude sich an ein Staatsruder
andrängen kann. Kongresse unserer Fürsten, stän-
dische Verfassungen und die fast allgemein herrschen-
de Preßfreiheit sichern uns hinlänglich vor den
Söhnen Ketura's, denen unsere Vorfahren noch vor

mit dem Maler, das Meſſer nie mit dem
Moͤrder verwechſeln. Es kann ein Land geben,
deſſen Zuſtand dem oben bezeichneten ſehr aͤhnlich,
und deſſen Oberhaupt doch der allerchriſtlichſte
Mann von der Welt iſt. Wo ein ſolcher Herr
auf dem Throne vegetirt, kann man ihn wohl der
Unfaͤhigkeit zu dem, was er dem Titel nach ſeyn
ſoll, aber nicht des weißen Judenthums anklagen.
Jch wiederhole es nochmal, man muß nicht den
Pinſel mit dem Maler verwechſeln. Sollte alſo
wirklich irgendwo ein Land ſeyn, ich weiß freilich
in Europa kein einziges, wo ein Zuſtand wie jener
vorherrſchend waͤre, ſo wird mit Recht mir Nie-
mand Schuld geben koͤnnen, als haͤtte ich den
Nominalregenten einen weißen Juden genannt.
Wahrſcheinlich wuͤrden manche Goͤtter der Erde nach
ganz andern Grundſaͤtzen handeln, wenn ihre Un-
tergoͤtter es wollten, und wenn ſie wuͤßten, was
nach wenigen Jahrzehenden, vielleicht ſchon nach
einem halben Jahrzehend uͤber ſie wird geſagt, ge-
ſchrieben und geurtheilt werden.

Dank ſey es uͤbrigens der Humanitaͤt der
großen Regenten und Miniſter Europa’s, daß jetzt
ſelten ein weißer Jude ſich an ein Staatsruder
andraͤngen kann. Kongreſſe unſerer Fuͤrſten, ſtaͤn-
diſche Verfaſſungen und die faſt allgemein herrſchen-
de Preßfreiheit ſichern uns hinlaͤnglich vor den
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[131/0131] mit dem Maler, das Meſſer nie mit dem Moͤrder verwechſeln. Es kann ein Land geben, deſſen Zuſtand dem oben bezeichneten ſehr aͤhnlich, und deſſen Oberhaupt doch der allerchriſtlichſte Mann von der Welt iſt. Wo ein ſolcher Herr auf dem Throne vegetirt, kann man ihn wohl der Unfaͤhigkeit zu dem, was er dem Titel nach ſeyn ſoll, aber nicht des weißen Judenthums anklagen. Jch wiederhole es nochmal, man muß nicht den Pinſel mit dem Maler verwechſeln. Sollte alſo wirklich irgendwo ein Land ſeyn, ich weiß freilich in Europa kein einziges, wo ein Zuſtand wie jener vorherrſchend waͤre, ſo wird mit Recht mir Nie- mand Schuld geben koͤnnen, als haͤtte ich den Nominalregenten einen weißen Juden genannt. Wahrſcheinlich wuͤrden manche Goͤtter der Erde nach ganz andern Grundſaͤtzen handeln, wenn ihre Un- tergoͤtter es wollten, und wenn ſie wuͤßten, was nach wenigen Jahrzehenden, vielleicht ſchon nach einem halben Jahrzehend uͤber ſie wird geſagt, ge- ſchrieben und geurtheilt werden. Dank ſey es uͤbrigens der Humanitaͤt der großen Regenten und Miniſter Europa’s, daß jetzt ſelten ein weißer Jude ſich an ein Staatsruder andraͤngen kann. Kongreſſe unſerer Fuͤrſten, ſtaͤn- diſche Verfaſſungen und die faſt allgemein herrſchen- de Preßfreiheit ſichern uns hinlaͤnglich vor den Soͤhnen Ketura’s, denen unſere Vorfahren noch vor

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/131>, abgerufen am 23.11.2024.