Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.und Lehren wurden von den Christen als für sie aufgestellte Muster der Nachahmung und als gött- liche Befehle betrachtet, die sie gegen alle Nicht- christen, und besonders gegen die Hebräer, in Ausübung bringen müßten. So dienten die Religions- und Geschichtsbücher Wohl dem, der nimmt ihre Kindelein, Jn einem andern Liede desselben Buchs heißt es:Und schmeißet sie an einen Stein. O große Noth, Dies ist sehr naiv auch in einem französischen Kir-Gott selbst ist todt! chengesangbuche gegeben: O grande misere, Welcher vernünftige Christ muß nicht zürnen über dergleichen Tollheiten? Jch führe dies keineswegs an, um den frommen Sinn unserer Vorfahren zu verhöhnen, die vielleicht ohne Arges dabei zu den- ken, solche Possen recht andächtig mitsangen; sondern um zu zeigen, wie weit religiöser Aberglaube und Unverstand selbst bei uns Protestanten giengen und wahrscheinlich bei Manchen noch gehen. O grande misere! und Lehren wurden von den Chriſten als fuͤr ſie aufgeſtellte Muſter der Nachahmung und als goͤtt- liche Befehle betrachtet, die ſie gegen alle Nicht- chriſten, und beſonders gegen die Hebraͤer, in Ausuͤbung bringen muͤßten. So dienten die Religions- und Geſchichtsbuͤcher Wohl dem, der nimmt ihre Kindelein, Jn einem andern Liede deſſelben Buchs heißt es:Und ſchmeißet ſie an einen Stein. O große Noth, Dies iſt ſehr naiv auch in einem franzoͤſiſchen Kir-Gott ſelbſt iſt todt! chengeſangbuche gegeben: O grande misere, Welcher vernuͤnftige Chriſt muß nicht zuͤrnen uͤber dergleichen Tollheiten? Jch fuͤhre dies keineswegs an, um den frommen Sinn unſerer Vorfahren zu verhoͤhnen, die vielleicht ohne Arges dabei zu den- ken, ſolche Poſſen recht andaͤchtig mitſangen; ſondern um zu zeigen, wie weit religioͤſer Aberglaube und Unverſtand ſelbſt bei uns Proteſtanten giengen und wahrſcheinlich bei Manchen noch gehen. O grande misere! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0044" n="44"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> und Lehren wurden von den Chriſten als fuͤr ſie<lb/> aufgeſtellte Muſter der Nachahmung und als goͤtt-<lb/> liche Befehle betrachtet, die ſie gegen alle Nicht-<lb/> chriſten, und beſonders gegen die Hebraͤer, in<lb/> Ausuͤbung bringen muͤßten.</p><lb/> <p>So dienten die Religions- und Geſchichtsbuͤcher<lb/> der Juden und die Handlungen ihrer geprieſenſten<lb/> Vorfahren ſelbſt den chriſtlichen Eiferern zur Hei-<lb/> ligſprechung ihrer fanatiſchen Wuth gegen Alle, die<lb/> nicht glaubten, was ſie ihre Biſchoͤfe und Pfaffen<lb/><note xml:id="seg2pn_2_2" prev="#seg2pn_2_1" place="foot" n="*)"><lg type="poem"><l>Wohl dem, der nimmt ihre Kindelein,</l><lb/><l>Und ſchmeißet ſie an einen Stein.</l></lg><lb/> Jn einem andern Liede deſſelben Buchs heißt es:<lb/><lg type="poem"><l>O große Noth,</l><lb/><l>Gott ſelbſt iſt todt!</l></lg><lb/> Dies iſt ſehr naiv auch in einem franzoͤſiſchen Kir-<lb/> chengeſangbuche gegeben:<lb/><cit><quote><hi rendition="#aq">O grande misere,<lb/> Dieu est mort.</hi></quote></cit><lb/> Welcher vernuͤnftige Chriſt muß nicht zuͤrnen uͤber<lb/> dergleichen Tollheiten? Jch fuͤhre dies keineswegs<lb/> an, um den frommen Sinn unſerer Vorfahren zu<lb/> verhoͤhnen, die vielleicht ohne Arges dabei zu den-<lb/> ken, ſolche Poſſen recht andaͤchtig mitſangen; ſondern<lb/> um zu zeigen, wie weit religioͤſer Aberglaube und<lb/> Unverſtand ſelbſt bei uns Proteſtanten giengen und<lb/> wahrſcheinlich bei Manchen noch gehen. <hi rendition="#aq">O grande<lb/> misere!</hi></note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0044]
und Lehren wurden von den Chriſten als fuͤr ſie
aufgeſtellte Muſter der Nachahmung und als goͤtt-
liche Befehle betrachtet, die ſie gegen alle Nicht-
chriſten, und beſonders gegen die Hebraͤer, in
Ausuͤbung bringen muͤßten.
So dienten die Religions- und Geſchichtsbuͤcher
der Juden und die Handlungen ihrer geprieſenſten
Vorfahren ſelbſt den chriſtlichen Eiferern zur Hei-
ligſprechung ihrer fanatiſchen Wuth gegen Alle, die
nicht glaubten, was ſie ihre Biſchoͤfe und Pfaffen
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*) Wohl dem, der nimmt ihre Kindelein,
Und ſchmeißet ſie an einen Stein.
Jn einem andern Liede deſſelben Buchs heißt es:
O große Noth,
Gott ſelbſt iſt todt!
Dies iſt ſehr naiv auch in einem franzoͤſiſchen Kir-
chengeſangbuche gegeben:
O grande misere,
Dieu est mort.
Welcher vernuͤnftige Chriſt muß nicht zuͤrnen uͤber
dergleichen Tollheiten? Jch fuͤhre dies keineswegs
an, um den frommen Sinn unſerer Vorfahren zu
verhoͤhnen, die vielleicht ohne Arges dabei zu den-
ken, ſolche Poſſen recht andaͤchtig mitſangen; ſondern
um zu zeigen, wie weit religioͤſer Aberglaube und
Unverſtand ſelbſt bei uns Proteſtanten giengen und
wahrſcheinlich bei Manchen noch gehen. O grande
misere!
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