Salomo, vor dessen Weisheit der Himmel alle Kö- nige behüte, in seinen geistvollen Sprüchwörtern sagt: das Gebot ist eine Leuchte, und das Gesetz ist ein Licht.
Mit den Gesetzbüchern tanzen Jsraels lustige Kinder dreimal um den Almemor oder die Kanzel und in ihrer Kirche herum, und legen sie dann wieder in die Arche, mit Ausschluß von dreien, die sie zurück behalten. Aus diesen liest darauf einer die erste, und ein Anderer die letzte Parascha. Der erste Vorleser wird Bräutigam des Breschis oder des Anfangs, der zweite Bräutigam der Torah oder des Gesetzes genannt. Da- für müssen nachher beide die Armen mit reichlichen Almosen und ihre Freunde mit einer köstlichen Mahlzeit erfreuen. Zur Herzstärkung der lieben Jugend und zum ergötzenden Schauspiel der Alten wird eine Menge Obst und Kuchenwerk in der Sy- nagoge ausgeworfen, um welches sich die holden Kleinen dann raufen, schlagen, kratzen, schimpfen und beissen, daß es eine wahre Lust für die zärt- lichen Eltern ist. Zu diesem Zweck bringt man an manchen Orten ganze Tonnen voll Aepfel, Birnen, Nüsse und dergleichen auf den Almemor, und weil auch die Erwachsenen glauben, daß es heiliges Obst sey, so bemühen sie sich nicht minder, etwas davon zu erhaschen, und gerathen dabei gar oft mit Fingern und Haaren in unangenehme Verwik- kelungen.
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Salomo, vor deſſen Weisheit der Himmel alle Koͤ- nige behuͤte, in ſeinen geiſtvollen Spruͤchwoͤrtern ſagt: das Gebot iſt eine Leuchte, und das Geſetz iſt ein Licht.
Mit den Geſetzbuͤchern tanzen Jſraels luſtige Kinder dreimal um den Almemor oder die Kanzel und in ihrer Kirche herum, und legen ſie dann wieder in die Arche, mit Ausſchluß von dreien, die ſie zuruͤck behalten. Aus dieſen liest darauf einer die erſte, und ein Anderer die letzte Paraſcha. Der erſte Vorleſer wird Braͤutigam des Breſchis oder des Anfangs, der zweite Braͤutigam der Torah oder des Geſetzes genannt. Da- fuͤr muͤſſen nachher beide die Armen mit reichlichen Almoſen und ihre Freunde mit einer koͤſtlichen Mahlzeit erfreuen. Zur Herzſtaͤrkung der lieben Jugend und zum ergoͤtzenden Schauſpiel der Alten wird eine Menge Obſt und Kuchenwerk in der Sy- nagoge ausgeworfen, um welches ſich die holden Kleinen dann raufen, ſchlagen, kratzen, ſchimpfen und beiſſen, daß es eine wahre Luſt fuͤr die zaͤrt- lichen Eltern iſt. Zu dieſem Zweck bringt man an manchen Orten ganze Tonnen voll Aepfel, Birnen, Nuͤſſe und dergleichen auf den Almemor, und weil auch die Erwachſenen glauben, daß es heiliges Obſt ſey, ſo bemuͤhen ſie ſich nicht minder, etwas davon zu erhaſchen, und gerathen dabei gar oft mit Fingern und Haaren in unangenehme Verwik- kelungen.
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Salomo, vor deſſen Weisheit der Himmel alle Koͤ-
nige behuͤte, in ſeinen geiſtvollen Spruͤchwoͤrtern
ſagt: das Gebot iſt eine Leuchte, und das Geſetz
iſt ein Licht.
Mit den Geſetzbuͤchern tanzen Jſraels luſtige
Kinder dreimal um den Almemor oder die Kanzel
und in ihrer Kirche herum, und legen ſie dann
wieder in die Arche, mit Ausſchluß von dreien, die
ſie zuruͤck behalten. Aus dieſen liest darauf einer
die erſte, und ein Anderer die letzte Paraſcha. Der
erſte Vorleſer wird Braͤutigam des Breſchis
oder des Anfangs, der zweite Braͤutigam
der Torah oder des Geſetzes genannt. Da-
fuͤr muͤſſen nachher beide die Armen mit reichlichen
Almoſen und ihre Freunde mit einer koͤſtlichen
Mahlzeit erfreuen. Zur Herzſtaͤrkung der lieben
Jugend und zum ergoͤtzenden Schauſpiel der Alten
wird eine Menge Obſt und Kuchenwerk in der Sy-
nagoge ausgeworfen, um welches ſich die holden
Kleinen dann raufen, ſchlagen, kratzen, ſchimpfen
und beiſſen, daß es eine wahre Luſt fuͤr die zaͤrt-
lichen Eltern iſt. Zu dieſem Zweck bringt man an
manchen Orten ganze Tonnen voll Aepfel, Birnen,
Nuͤſſe und dergleichen auf den Almemor, und weil
auch die Erwachſenen glauben, daß es heiliges
Obſt ſey, ſo bemuͤhen ſie ſich nicht minder, etwas
davon zu erhaſchen, und gerathen dabei gar oft
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/387>, abgerufen am 22.11.2024.
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