Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.ren. Diese Stimmung verbreitete sich schnell und allgemein, und die Reichern mußten sich daher entschließen, ihren dürftigen Mitbrüdern zum Ver- söhnungsfeste so viel zu geben, daß nunmehr Jeder seine eigenen Sünden braten und essen kann. Fin- det einer ein kleines gutmüthiges Christenkind, das sich für einen billigen Preis zum Capporah hergiebt, so hat er nicht nöthig, einen Hahn oder eine Henne zu kaufen, und macht noch "eppes Rebbes *)." Nach dem Mittagessen geht es auf den Fried- Wer einen andern beleidigt hat, muß ihn vor *) Herr Jungendres seliger räth sehr ernstlich: "daß
"ein Christ sich vor solcher Leichtsinnigkeit und gott- "losem Zumuthen wohl in Acht zu nehmen habe, "weil er sich dadurch verpflichtet, des Juden Sünd "und Straf auf sich zu nehmen." Die Gefahr dürf- te indessen doch wohl so schrecklich nicht seyn. Der gerechteste aller Richter straft keinen Schuldlosen für den Schuldigen, selbst wenn Jener auch freiwil- lig die Sünden und Strafen des letztern auf sich nehmen wollte. ren. Dieſe Stimmung verbreitete ſich ſchnell und allgemein, und die Reichern mußten ſich daher entſchließen, ihren duͤrftigen Mitbruͤdern zum Ver- ſoͤhnungsfeſte ſo viel zu geben, daß nunmehr Jeder ſeine eigenen Suͤnden braten und eſſen kann. Fin- det einer ein kleines gutmuͤthiges Chriſtenkind, das ſich fuͤr einen billigen Preis zum Capporah hergiebt, ſo hat er nicht noͤthig, einen Hahn oder eine Henne zu kaufen, und macht noch »eppes Rebbes *).« Nach dem Mittageſſen geht es auf den Fried- Wer einen andern beleidigt hat, muß ihn vor *) Herr Jungendres ſeliger raͤth ſehr ernſtlich: „daß
„ein Chriſt ſich vor ſolcher Leichtſinnigkeit und gott- „loſem Zumuthen wohl in Acht zu nehmen habe, „weil er ſich dadurch verpflichtet, des Juden Suͤnd „und Straf auf ſich zu nehmen.‟ Die Gefahr duͤrf- te indeſſen doch wohl ſo ſchrecklich nicht ſeyn. Der gerechteſte aller Richter ſtraft keinen Schuldloſen fuͤr den Schuldigen, ſelbſt wenn Jener auch freiwil- lig die Suͤnden und Strafen des letztern auf ſich nehmen wollte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0373" n="373"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> ren. Dieſe Stimmung verbreitete ſich ſchnell und<lb/> allgemein, und die Reichern mußten ſich daher<lb/> entſchließen, ihren duͤrftigen Mitbruͤdern zum Ver-<lb/> ſoͤhnungsfeſte ſo viel zu geben, daß nunmehr Jeder<lb/> ſeine eigenen Suͤnden braten und eſſen kann. Fin-<lb/> det einer ein kleines gutmuͤthiges Chriſtenkind, das<lb/> ſich fuͤr einen billigen Preis zum Capporah hergiebt,<lb/> ſo hat er nicht noͤthig, einen Hahn oder eine Henne<lb/> zu kaufen, und macht noch »<hi rendition="#g">eppes Rebbes</hi> <note place="foot" n="*)">Herr Jungendres ſeliger raͤth ſehr ernſtlich: „daß<lb/> „ein Chriſt ſich vor ſolcher Leichtſinnigkeit und gott-<lb/> „loſem Zumuthen wohl in Acht zu nehmen habe,<lb/> „weil er ſich dadurch verpflichtet, des Juden Suͤnd<lb/> „und Straf auf ſich zu nehmen.‟ Die Gefahr duͤrf-<lb/> te indeſſen doch wohl ſo ſchrecklich nicht ſeyn. Der<lb/> gerechteſte aller Richter ſtraft keinen Schuldloſen fuͤr<lb/> den Schuldigen, ſelbſt wenn Jener auch <hi rendition="#g">freiwil-<lb/> lig</hi> die Suͤnden und Strafen des letztern auf ſich<lb/> nehmen wollte.</note>.«</p><lb/> <p>Nach dem Mittageſſen geht es auf den Fried-<lb/> hof, wo man mit furchtbarem Geſchrei bei den<lb/> Graͤbern der Todten, wie am Neujahrstage, betet,<lb/> und Almoſen an die Armen austheilt. Auch baden<lb/> ſich Jſraels Kinder am Nachmittage in <hi rendition="#g">kaltem</hi><lb/> Waſſer, um ſich von allen Suͤnden voͤllig zu reini-<lb/> gen. <hi rendition="#g">Warmes</hi> Waſſer und venetianiſche Seife<lb/> waͤren hiezu unſtreitig weit beſſer.</p><lb/> <p>Wer einen andern beleidigt hat, muß ihn vor<lb/> Anfang des Feſtes bitten, zu verzeihen. Will der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [373/0373]
ren. Dieſe Stimmung verbreitete ſich ſchnell und
allgemein, und die Reichern mußten ſich daher
entſchließen, ihren duͤrftigen Mitbruͤdern zum Ver-
ſoͤhnungsfeſte ſo viel zu geben, daß nunmehr Jeder
ſeine eigenen Suͤnden braten und eſſen kann. Fin-
det einer ein kleines gutmuͤthiges Chriſtenkind, das
ſich fuͤr einen billigen Preis zum Capporah hergiebt,
ſo hat er nicht noͤthig, einen Hahn oder eine Henne
zu kaufen, und macht noch »eppes Rebbes *).«
Nach dem Mittageſſen geht es auf den Fried-
hof, wo man mit furchtbarem Geſchrei bei den
Graͤbern der Todten, wie am Neujahrstage, betet,
und Almoſen an die Armen austheilt. Auch baden
ſich Jſraels Kinder am Nachmittage in kaltem
Waſſer, um ſich von allen Suͤnden voͤllig zu reini-
gen. Warmes Waſſer und venetianiſche Seife
waͤren hiezu unſtreitig weit beſſer.
Wer einen andern beleidigt hat, muß ihn vor
Anfang des Feſtes bitten, zu verzeihen. Will der
*) Herr Jungendres ſeliger raͤth ſehr ernſtlich: „daß
„ein Chriſt ſich vor ſolcher Leichtſinnigkeit und gott-
„loſem Zumuthen wohl in Acht zu nehmen habe,
„weil er ſich dadurch verpflichtet, des Juden Suͤnd
„und Straf auf ſich zu nehmen.‟ Die Gefahr duͤrf-
te indeſſen doch wohl ſo ſchrecklich nicht ſeyn. Der
gerechteſte aller Richter ſtraft keinen Schuldloſen fuͤr
den Schuldigen, ſelbſt wenn Jener auch freiwil-
lig die Suͤnden und Strafen des letztern auf ſich
nehmen wollte.
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