Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



von den Zweigen fallen, so fallen auch die Sün-
den und ihre Strafen von Jsraels gottseligen Kin-
dern. Ein leichtes und wohlfeiles Mittel, seine
Sünden los zu werden! Schade, daß unsere christ-
lichen Päbste, Bischöfe, Pfaffen und Mönche nicht
längst einen Handel mit so schätzbaren und heilsa-
men Weidenzweigen anfiengen. Die Jesuiten
van den Wyenberg
und C. L. von Haller
in Bern würden gleich ein paar tausend Fuder in
Commission nehmen! Es wäre ja dabei zu verdie-
nen "eppes Moos!"

Dieser Tag ist den Juden noch in anderer
Hinsicht sehr wichtig. Der heilige, hochgelobte Gott
hält zwar am Neujahrstage eine Gerichtssitzung,
in welcher jedem Juden für das kommende Jahr
sein Urtheil gefällt wird; allein erst am siebenten
Tage des Laubhüttenfestes drückt der Herr der Welt
sein großes Siegel darunter, und bis dahin kann
er das Urtheil, wenn man gehörig Buße thut, und
es auch an Geschenken für die Cohenim oder Prie-
ster nicht fehlen läßt, wieder zurücknehmen. Durch
das Untersiegeln aber tritt es in Rechtskraft, und
dann ist an keine Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand (restitutio in integrum) weiter zu denken.
Darum muß man ja die Nothfrist vom Neujahrs-
tage bis zum Hoschanna Rabba nicht unbenutzt
verstreichen lassen; denn nachher hilft keine Buße
mehr.



von den Zweigen fallen, ſo fallen auch die Suͤn-
den und ihre Strafen von Jſraels gottſeligen Kin-
dern. Ein leichtes und wohlfeiles Mittel, ſeine
Suͤnden los zu werden! Schade, daß unſere chriſt-
lichen Paͤbſte, Biſchoͤfe, Pfaffen und Moͤnche nicht
laͤngſt einen Handel mit ſo ſchaͤtzbaren und heilſa-
men Weidenzweigen anfiengen. Die Jeſuiten
van den Wyenberg
und C. L. von Haller
in Bern wuͤrden gleich ein paar tauſend Fuder in
Commiſſion nehmen! Es waͤre ja dabei zu verdie-
nen »eppes Moos!«

Dieſer Tag iſt den Juden noch in anderer
Hinſicht ſehr wichtig. Der heilige, hochgelobte Gott
haͤlt zwar am Neujahrstage eine Gerichtsſitzung,
in welcher jedem Juden fuͤr das kommende Jahr
ſein Urtheil gefaͤllt wird; allein erſt am ſiebenten
Tage des Laubhuͤttenfeſtes druͤckt der Herr der Welt
ſein großes Siegel darunter, und bis dahin kann
er das Urtheil, wenn man gehoͤrig Buße thut, und
es auch an Geſchenken fuͤr die Cohenim oder Prie-
ſter nicht fehlen laͤßt, wieder zuruͤcknehmen. Durch
das Unterſiegeln aber tritt es in Rechtskraft, und
dann iſt an keine Wiedereinſetzung in den vorigen
Stand (restitutio in integrum) weiter zu denken.
Darum muß man ja die Nothfriſt vom Neujahrs-
tage bis zum Hoſchanna Rabba nicht unbenutzt
verſtreichen laſſen; denn nachher hilft keine Buße
mehr.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0346" n="346"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
von den Zweigen fallen, &#x017F;o fallen auch die Su&#x0364;n-<lb/>
den und ihre Strafen von J&#x017F;raels gott&#x017F;eligen Kin-<lb/>
dern. Ein leichtes und wohlfeiles Mittel, &#x017F;eine<lb/>
Su&#x0364;nden los zu werden! Schade, daß un&#x017F;ere chri&#x017F;t-<lb/>
lichen Pa&#x0364;b&#x017F;te, Bi&#x017F;cho&#x0364;fe, Pfaffen und Mo&#x0364;nche nicht<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t einen Handel mit &#x017F;o &#x017F;cha&#x0364;tzbaren und heil&#x017F;a-<lb/>
men Weidenzweigen anfiengen. Die <hi rendition="#g">Je&#x017F;uiten<lb/>
van den Wyenberg</hi> und C. L. <hi rendition="#g">von Haller</hi><lb/>
in Bern wu&#x0364;rden gleich ein paar tau&#x017F;end Fuder in<lb/>
Commi&#x017F;&#x017F;ion nehmen! Es wa&#x0364;re ja dabei zu verdie-<lb/>
nen »eppes Moos!«</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er Tag i&#x017F;t den Juden noch in anderer<lb/>
Hin&#x017F;icht &#x017F;ehr wichtig. Der heilige, hochgelobte Gott<lb/>
ha&#x0364;lt zwar am Neujahrstage eine Gerichts&#x017F;itzung,<lb/>
in welcher jedem Juden fu&#x0364;r das kommende Jahr<lb/>
&#x017F;ein Urtheil gefa&#x0364;llt wird; allein er&#x017F;t am &#x017F;iebenten<lb/>
Tage des Laubhu&#x0364;ttenfe&#x017F;tes dru&#x0364;ckt der Herr der Welt<lb/>
&#x017F;ein großes Siegel darunter, und bis dahin kann<lb/>
er das Urtheil, wenn man geho&#x0364;rig Buße thut, und<lb/>
es auch an Ge&#x017F;chenken fu&#x0364;r die Cohenim oder Prie-<lb/>
&#x017F;ter nicht fehlen la&#x0364;ßt, wieder zuru&#x0364;cknehmen. Durch<lb/>
das Unter&#x017F;iegeln aber tritt es in Rechtskraft, und<lb/>
dann i&#x017F;t an keine Wiederein&#x017F;etzung in den vorigen<lb/>
Stand (<hi rendition="#aq">restitutio in integrum</hi>) weiter zu denken.<lb/>
Darum muß man ja die Nothfri&#x017F;t vom Neujahrs-<lb/>
tage bis zum Ho&#x017F;channa Rabba nicht unbenutzt<lb/>
ver&#x017F;treichen la&#x017F;&#x017F;en; denn nachher hilft keine Buße<lb/>
mehr.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[346/0346] von den Zweigen fallen, ſo fallen auch die Suͤn- den und ihre Strafen von Jſraels gottſeligen Kin- dern. Ein leichtes und wohlfeiles Mittel, ſeine Suͤnden los zu werden! Schade, daß unſere chriſt- lichen Paͤbſte, Biſchoͤfe, Pfaffen und Moͤnche nicht laͤngſt einen Handel mit ſo ſchaͤtzbaren und heilſa- men Weidenzweigen anfiengen. Die Jeſuiten van den Wyenberg und C. L. von Haller in Bern wuͤrden gleich ein paar tauſend Fuder in Commiſſion nehmen! Es waͤre ja dabei zu verdie- nen »eppes Moos!« Dieſer Tag iſt den Juden noch in anderer Hinſicht ſehr wichtig. Der heilige, hochgelobte Gott haͤlt zwar am Neujahrstage eine Gerichtsſitzung, in welcher jedem Juden fuͤr das kommende Jahr ſein Urtheil gefaͤllt wird; allein erſt am ſiebenten Tage des Laubhuͤttenfeſtes druͤckt der Herr der Welt ſein großes Siegel darunter, und bis dahin kann er das Urtheil, wenn man gehoͤrig Buße thut, und es auch an Geſchenken fuͤr die Cohenim oder Prie- ſter nicht fehlen laͤßt, wieder zuruͤcknehmen. Durch das Unterſiegeln aber tritt es in Rechtskraft, und dann iſt an keine Wiedereinſetzung in den vorigen Stand (restitutio in integrum) weiter zu denken. Darum muß man ja die Nothfriſt vom Neujahrs- tage bis zum Hoſchanna Rabba nicht unbenutzt verſtreichen laſſen; denn nachher hilft keine Buße mehr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/346
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/346>, abgerufen am 22.11.2024.