Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite


Man hat neun und dreißig allgemeine oder
Hauptgebote in Betreff derjenigen Handlungen,
die man am Sabbath unterlassen soll, und aus
jedem dieser Hauptgebote fließen, wie Bäche aus
einer Quelle, unzählbare besondere Verbote, die
sich oft noch in viele Unterabtheilungen verzweigen.
Das erste Hauptgebot zum Beispiel befiehlt: Du
sollst am Sabbath keinen Ackerbau treiben. Nun
werden zum Ackerbau aber nicht allein die gewöhn-
lichen ländlichen und Gartenarbeiten gerechnet,
sondern man soll auch keine Blumen in einem Topf
begießen; nicht mit einem Stock zum Zeitvertreibe
in die Erde graben oder stoßen; nicht mit einem
Besen auskehren oder über ein umgeackertes Feld
gehen, weil leicht eine kleine Grube dadurch könnte
geöffnet oder zugeschüttet werden, welches eben so
gut wäre, als ob man Ackerbau triebe u. s. w.
Das zweite Hauptgebot heißt: Du sollst am Sab-
bath nicht erndten. Folglich darf man keine Blu-
me, keine Kornähre *) und kein Obst pflücken, den
Bienen keinen Honig nehmen und dergleichen. Will
man Obst, das noch am Baume hängt, essen, so
muß man es thun, ohne es vom Zweige zu bre-
chen. Ueber ein grünes Kornfeld am Sabbath zu
gehen, ist ebenfalls verboten, denn wie leicht könnte

*) Deshalb verklagten auch die Pharisäer die Jünger
unsers Heilandes, weil sie am Sabbath Aehren
pflückten.


Man hat neun und dreißig allgemeine oder
Hauptgebote in Betreff derjenigen Handlungen,
die man am Sabbath unterlaſſen ſoll, und aus
jedem dieſer Hauptgebote fließen, wie Baͤche aus
einer Quelle, unzaͤhlbare beſondere Verbote, die
ſich oft noch in viele Unterabtheilungen verzweigen.
Das erſte Hauptgebot zum Beiſpiel befiehlt: Du
ſollſt am Sabbath keinen Ackerbau treiben. Nun
werden zum Ackerbau aber nicht allein die gewoͤhn-
lichen laͤndlichen und Gartenarbeiten gerechnet,
ſondern man ſoll auch keine Blumen in einem Topf
begießen; nicht mit einem Stock zum Zeitvertreibe
in die Erde graben oder ſtoßen; nicht mit einem
Beſen auskehren oder uͤber ein umgeackertes Feld
gehen, weil leicht eine kleine Grube dadurch koͤnnte
geoͤffnet oder zugeſchuͤttet werden, welches eben ſo
gut waͤre, als ob man Ackerbau triebe u. ſ. w.
Das zweite Hauptgebot heißt: Du ſollſt am Sab-
bath nicht erndten. Folglich darf man keine Blu-
me, keine Kornaͤhre *) und kein Obſt pfluͤcken, den
Bienen keinen Honig nehmen und dergleichen. Will
man Obſt, das noch am Baume haͤngt, eſſen, ſo
muß man es thun, ohne es vom Zweige zu bre-
chen. Ueber ein gruͤnes Kornfeld am Sabbath zu
gehen, iſt ebenfalls verboten, denn wie leicht koͤnnte

*) Deshalb verklagten auch die Phariſaͤer die Juͤnger
unſers Heilandes, weil ſie am Sabbath Aehren
pfluͤckten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0252" n="252"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Man hat neun und dreißig <hi rendition="#g">allgemeine</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">Hauptgebote</hi> in Betreff derjenigen Handlungen,<lb/>
die man am Sabbath unterla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;oll, und aus<lb/>
jedem die&#x017F;er Hauptgebote fließen, wie Ba&#x0364;che aus<lb/>
einer Quelle, unza&#x0364;hlbare <hi rendition="#g">be&#x017F;ondere</hi> Verbote, die<lb/>
&#x017F;ich oft noch in viele Unterabtheilungen verzweigen.<lb/>
Das er&#x017F;te Hauptgebot zum Bei&#x017F;piel befiehlt: Du<lb/>
&#x017F;oll&#x017F;t am Sabbath keinen Ackerbau treiben. Nun<lb/>
werden zum Ackerbau aber nicht allein die gewo&#x0364;hn-<lb/>
lichen la&#x0364;ndlichen und Gartenarbeiten gerechnet,<lb/>
&#x017F;ondern man &#x017F;oll auch keine Blumen in einem Topf<lb/>
begießen; nicht mit einem Stock zum Zeitvertreibe<lb/>
in die Erde graben oder &#x017F;toßen; nicht mit einem<lb/>
Be&#x017F;en auskehren oder u&#x0364;ber ein umgeackertes Feld<lb/>
gehen, weil leicht eine kleine Grube dadurch ko&#x0364;nnte<lb/>
geo&#x0364;ffnet oder zuge&#x017F;chu&#x0364;ttet werden, welches eben &#x017F;o<lb/>
gut wa&#x0364;re, als ob man Ackerbau triebe u. &#x017F;. w.<lb/>
Das zweite Hauptgebot heißt: Du &#x017F;oll&#x017F;t am Sab-<lb/>
bath nicht erndten. Folglich darf man keine Blu-<lb/>
me, keine Korna&#x0364;hre <note place="foot" n="*)">Deshalb verklagten auch die Phari&#x017F;a&#x0364;er die Ju&#x0364;nger<lb/>
un&#x017F;ers Heilandes, weil &#x017F;ie am Sabbath Aehren<lb/>
pflu&#x0364;ckten.</note> und kein Ob&#x017F;t pflu&#x0364;cken, den<lb/>
Bienen keinen Honig nehmen und dergleichen. Will<lb/>
man Ob&#x017F;t, das noch am Baume ha&#x0364;ngt, e&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o<lb/>
muß man es thun, ohne es vom Zweige zu bre-<lb/>
chen. Ueber ein gru&#x0364;nes Kornfeld am Sabbath zu<lb/>
gehen, i&#x017F;t ebenfalls verboten, denn wie leicht ko&#x0364;nnte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0252] Man hat neun und dreißig allgemeine oder Hauptgebote in Betreff derjenigen Handlungen, die man am Sabbath unterlaſſen ſoll, und aus jedem dieſer Hauptgebote fließen, wie Baͤche aus einer Quelle, unzaͤhlbare beſondere Verbote, die ſich oft noch in viele Unterabtheilungen verzweigen. Das erſte Hauptgebot zum Beiſpiel befiehlt: Du ſollſt am Sabbath keinen Ackerbau treiben. Nun werden zum Ackerbau aber nicht allein die gewoͤhn- lichen laͤndlichen und Gartenarbeiten gerechnet, ſondern man ſoll auch keine Blumen in einem Topf begießen; nicht mit einem Stock zum Zeitvertreibe in die Erde graben oder ſtoßen; nicht mit einem Beſen auskehren oder uͤber ein umgeackertes Feld gehen, weil leicht eine kleine Grube dadurch koͤnnte geoͤffnet oder zugeſchuͤttet werden, welches eben ſo gut waͤre, als ob man Ackerbau triebe u. ſ. w. Das zweite Hauptgebot heißt: Du ſollſt am Sab- bath nicht erndten. Folglich darf man keine Blu- me, keine Kornaͤhre *) und kein Obſt pfluͤcken, den Bienen keinen Honig nehmen und dergleichen. Will man Obſt, das noch am Baume haͤngt, eſſen, ſo muß man es thun, ohne es vom Zweige zu bre- chen. Ueber ein gruͤnes Kornfeld am Sabbath zu gehen, iſt ebenfalls verboten, denn wie leicht koͤnnte *) Deshalb verklagten auch die Phariſaͤer die Juͤnger unſers Heilandes, weil ſie am Sabbath Aehren pfluͤckten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/252
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/252>, abgerufen am 01.09.2024.