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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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des Vorsängers gegen die Arche geschieht nach dem
Beispiele Josua's, von dem es heißt: er fiel auf
sein Angesicht zur Erde vor der Lade (Arche) des
Herrn. Auf die linke Hand stützt man sich, weil
Mund und Herz dann näher zusammen sind; weil
unser Vater Jsaak, als Abraham ihn schlachten
wollte, auf der linken Seite gelegen, und endlich
weil es Ps. 2. V. 6. heißt: seine linke Hand ist
unter meinem Haupte. Auch die Bedeckung des
Gesichts hat ihren sehr vernünftigen Grund. Jn
dem großen Tempel zu Jerusalem, den der heilige,
hochgelobte Gott bald und in unsern Tagen wieder
aufbauen möge, stand man vier Ellen weit aus
einander und keiner konnte hören, was der andere
beichtete. Jn den engen Synagogen muß man aber,
um Letzteres zu verhüten, das Gesicht bedecken.
Wir Christen thun bekanntlich in unsern Kirchen
dasselbe, um nicht sehen zu lassen, was wir beten,
und ob wir beten.

Nach Beendigung des Bußgebets erhebt man
wieder sein Haupt, und der Vorsinger spricht: Nun
wissen wir nicht, was wir weiter beginnen sollen,
als daß wir unsre Augen zu dir aufheben, o Gott
unser Gott.

Das kleine Kaddesch macht den Beschluß der
Abendandacht. Dies Gebet muß Jeder, dessen Va-
ter gestorben ist, ein Jahr lang beten, um die
arme Seele aus dem Fegfeuer zu befreien.



des Vorſaͤngers gegen die Arche geſchieht nach dem
Beiſpiele Joſua’s, von dem es heißt: er fiel auf
ſein Angeſicht zur Erde vor der Lade (Arche) des
Herrn. Auf die linke Hand ſtuͤtzt man ſich, weil
Mund und Herz dann naͤher zuſammen ſind; weil
unſer Vater Jſaak, als Abraham ihn ſchlachten
wollte, auf der linken Seite gelegen, und endlich
weil es Pſ. 2. V. 6. heißt: ſeine linke Hand iſt
unter meinem Haupte. Auch die Bedeckung des
Geſichts hat ihren ſehr vernuͤnftigen Grund. Jn
dem großen Tempel zu Jeruſalem, den der heilige,
hochgelobte Gott bald und in unſern Tagen wieder
aufbauen moͤge, ſtand man vier Ellen weit aus
einander und keiner konnte hoͤren, was der andere
beichtete. Jn den engen Synagogen muß man aber,
um Letzteres zu verhuͤten, das Geſicht bedecken.
Wir Chriſten thun bekanntlich in unſern Kirchen
daſſelbe, um nicht ſehen zu laſſen, was wir beten,
und ob wir beten.

Nach Beendigung des Bußgebets erhebt man
wieder ſein Haupt, und der Vorſinger ſpricht: Nun
wiſſen wir nicht, was wir weiter beginnen ſollen,
als daß wir unſre Augen zu dir aufheben, o Gott
unſer Gott.

Das kleine Kaddeſch macht den Beſchluß der
Abendandacht. Dies Gebet muß Jeder, deſſen Va-
ter geſtorben iſt, ein Jahr lang beten, um die
arme Seele aus dem Fegfeuer zu befreien.

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[166/0166] des Vorſaͤngers gegen die Arche geſchieht nach dem Beiſpiele Joſua’s, von dem es heißt: er fiel auf ſein Angeſicht zur Erde vor der Lade (Arche) des Herrn. Auf die linke Hand ſtuͤtzt man ſich, weil Mund und Herz dann naͤher zuſammen ſind; weil unſer Vater Jſaak, als Abraham ihn ſchlachten wollte, auf der linken Seite gelegen, und endlich weil es Pſ. 2. V. 6. heißt: ſeine linke Hand iſt unter meinem Haupte. Auch die Bedeckung des Geſichts hat ihren ſehr vernuͤnftigen Grund. Jn dem großen Tempel zu Jeruſalem, den der heilige, hochgelobte Gott bald und in unſern Tagen wieder aufbauen moͤge, ſtand man vier Ellen weit aus einander und keiner konnte hoͤren, was der andere beichtete. Jn den engen Synagogen muß man aber, um Letzteres zu verhuͤten, das Geſicht bedecken. Wir Chriſten thun bekanntlich in unſern Kirchen daſſelbe, um nicht ſehen zu laſſen, was wir beten, und ob wir beten. Nach Beendigung des Bußgebets erhebt man wieder ſein Haupt, und der Vorſinger ſpricht: Nun wiſſen wir nicht, was wir weiter beginnen ſollen, als daß wir unſre Augen zu dir aufheben, o Gott unſer Gott. Das kleine Kaddeſch macht den Beſchluß der Abendandacht. Dies Gebet muß Jeder, deſſen Va- ter geſtorben iſt, ein Jahr lang beten, um die arme Seele aus dem Fegfeuer zu befreien.

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/166>, abgerufen am 01.09.2024.