Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



ermahnt, und selten wird das Judenkind durch un-
zeitige Plauderhaftigkeit, wie sich dies häufig bei
Christen ereignet, seine Eltern oder Geschwister ver-
rathen; es fühlt sich vielmehr geschmeichelt, ihr
Vertrauter und Mitwisser zu seyn, und da man es
zeitig lehrt, seine eigenen kleinen Schelmereien zu
verheimlichen, so verschweigt es auch die seiner El-
tern und Angehörigen. Die mit vielen hebräischen
Worten vermischte und kauderwälsch zusammen ge-
setzte Sprache, woran die Kinder zeitig gewöhnt
werden, der mißtrauische Widerwille gegen alle
Nichtjuden, den man ihnen von der Wiege her ein-
pflanzt, und die strenge Abgeschlossenheit, durch
welche man sie von allem christlichen Umgang zu
entfernen weiß, sichert überdies die Alten und Er-
wachsenen hinlänglich, daß die Kleinen nie durch
vorlaute kindische Geschwätzigkeit unwillkührliche
Verräther der Bosheiten und Schelmstreiche werden
und werden können, die sie mit ansehen.

Es darf also nicht befremden, wenn man in
dem kaum achtjährigen Judenknaben bereits einen
schlauen Trödler, einen habgierigen, hartherzigen
Wucherer, einen betrügerischen Wechsler, einen ver-
schmitzten Dieb und Diebshehler, einen abgefeim-
ten, ehrlosen Kuppler, und kurz den verworfensten
Schelm von der Welt vor sich sieht. Alle diese
Geschäfte treibt das Jüdchen, von seinen Eltern
geleitet, als Spielwerk, und studiert nebenher, vom



ermahnt, und ſelten wird das Judenkind durch un-
zeitige Plauderhaftigkeit, wie ſich dies haͤufig bei
Chriſten ereignet, ſeine Eltern oder Geſchwiſter ver-
rathen; es fuͤhlt ſich vielmehr geſchmeichelt, ihr
Vertrauter und Mitwiſſer zu ſeyn, und da man es
zeitig lehrt, ſeine eigenen kleinen Schelmereien zu
verheimlichen, ſo verſchweigt es auch die ſeiner El-
tern und Angehoͤrigen. Die mit vielen hebraͤiſchen
Worten vermiſchte und kauderwaͤlſch zuſammen ge-
ſetzte Sprache, woran die Kinder zeitig gewoͤhnt
werden, der mißtrauiſche Widerwille gegen alle
Nichtjuden, den man ihnen von der Wiege her ein-
pflanzt, und die ſtrenge Abgeſchloſſenheit, durch
welche man ſie von allem chriſtlichen Umgang zu
entfernen weiß, ſichert uͤberdies die Alten und Er-
wachſenen hinlaͤnglich, daß die Kleinen nie durch
vorlaute kindiſche Geſchwaͤtzigkeit unwillkuͤhrliche
Verraͤther der Bosheiten und Schelmſtreiche werden
und werden koͤnnen, die ſie mit anſehen.

Es darf alſo nicht befremden, wenn man in
dem kaum achtjaͤhrigen Judenknaben bereits einen
ſchlauen Troͤdler, einen habgierigen, hartherzigen
Wucherer, einen betruͤgeriſchen Wechsler, einen ver-
ſchmitzten Dieb und Diebshehler, einen abgefeim-
ten, ehrloſen Kuppler, und kurz den verworfenſten
Schelm von der Welt vor ſich ſieht. Alle dieſe
Geſchaͤfte treibt das Juͤdchen, von ſeinen Eltern
geleitet, als Spielwerk, und ſtudiert nebenher, vom

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0108" n="108"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ermahnt, und &#x017F;elten wird das Judenkind durch un-<lb/>
zeitige Plauderhaftigkeit, wie &#x017F;ich dies ha&#x0364;ufig bei<lb/>
Chri&#x017F;ten ereignet, &#x017F;eine Eltern oder Ge&#x017F;chwi&#x017F;ter ver-<lb/>
rathen; es fu&#x0364;hlt &#x017F;ich vielmehr ge&#x017F;chmeichelt, ihr<lb/>
Vertrauter und Mitwi&#x017F;&#x017F;er zu &#x017F;eyn, und da man es<lb/>
zeitig lehrt, &#x017F;eine eigenen kleinen Schelmereien zu<lb/>
verheimlichen, &#x017F;o ver&#x017F;chweigt es auch die &#x017F;einer El-<lb/>
tern und Angeho&#x0364;rigen. Die mit vielen hebra&#x0364;i&#x017F;chen<lb/>
Worten vermi&#x017F;chte und kauderwa&#x0364;l&#x017F;ch zu&#x017F;ammen ge-<lb/>
&#x017F;etzte Sprache, woran die Kinder zeitig gewo&#x0364;hnt<lb/>
werden, der mißtraui&#x017F;che Widerwille gegen alle<lb/>
Nichtjuden, den man ihnen von der Wiege her ein-<lb/>
pflanzt, und die &#x017F;trenge Abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit, durch<lb/>
welche man &#x017F;ie von allem chri&#x017F;tlichen Umgang zu<lb/>
entfernen weiß, &#x017F;ichert u&#x0364;berdies die Alten und Er-<lb/>
wach&#x017F;enen hinla&#x0364;nglich, daß die Kleinen <hi rendition="#g">nie</hi> durch<lb/>
vorlaute kindi&#x017F;che Ge&#x017F;chwa&#x0364;tzigkeit unwillku&#x0364;hrliche<lb/>
Verra&#x0364;ther der Bosheiten und Schelm&#x017F;treiche werden<lb/>
und werden ko&#x0364;nnen, die &#x017F;ie mit an&#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p>Es darf al&#x017F;o nicht befremden, wenn man in<lb/>
dem kaum achtja&#x0364;hrigen Judenknaben bereits einen<lb/>
&#x017F;chlauen Tro&#x0364;dler, einen habgierigen, hartherzigen<lb/>
Wucherer, einen betru&#x0364;geri&#x017F;chen Wechsler, einen ver-<lb/>
&#x017F;chmitzten Dieb und Diebshehler, einen abgefeim-<lb/>
ten, ehrlo&#x017F;en Kuppler, und kurz den verworfen&#x017F;ten<lb/>
Schelm von der Welt vor &#x017F;ich &#x017F;ieht. Alle die&#x017F;e<lb/>
Ge&#x017F;cha&#x0364;fte treibt das Ju&#x0364;dchen, von &#x017F;einen Eltern<lb/>
geleitet, als Spielwerk, und &#x017F;tudiert nebenher, vom<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0108] ermahnt, und ſelten wird das Judenkind durch un- zeitige Plauderhaftigkeit, wie ſich dies haͤufig bei Chriſten ereignet, ſeine Eltern oder Geſchwiſter ver- rathen; es fuͤhlt ſich vielmehr geſchmeichelt, ihr Vertrauter und Mitwiſſer zu ſeyn, und da man es zeitig lehrt, ſeine eigenen kleinen Schelmereien zu verheimlichen, ſo verſchweigt es auch die ſeiner El- tern und Angehoͤrigen. Die mit vielen hebraͤiſchen Worten vermiſchte und kauderwaͤlſch zuſammen ge- ſetzte Sprache, woran die Kinder zeitig gewoͤhnt werden, der mißtrauiſche Widerwille gegen alle Nichtjuden, den man ihnen von der Wiege her ein- pflanzt, und die ſtrenge Abgeſchloſſenheit, durch welche man ſie von allem chriſtlichen Umgang zu entfernen weiß, ſichert uͤberdies die Alten und Er- wachſenen hinlaͤnglich, daß die Kleinen nie durch vorlaute kindiſche Geſchwaͤtzigkeit unwillkuͤhrliche Verraͤther der Bosheiten und Schelmſtreiche werden und werden koͤnnen, die ſie mit anſehen. Es darf alſo nicht befremden, wenn man in dem kaum achtjaͤhrigen Judenknaben bereits einen ſchlauen Troͤdler, einen habgierigen, hartherzigen Wucherer, einen betruͤgeriſchen Wechsler, einen ver- ſchmitzten Dieb und Diebshehler, einen abgefeim- ten, ehrloſen Kuppler, und kurz den verworfenſten Schelm von der Welt vor ſich ſieht. Alle dieſe Geſchaͤfte treibt das Juͤdchen, von ſeinen Eltern geleitet, als Spielwerk, und ſtudiert nebenher, vom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/108
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/108>, abgerufen am 23.11.2024.