Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

von mir und sprachet: Was ist der Mensch, daß
du sein gedenkst! Drum ward ich zornig über euch
und verbrannte euch Schaarenweise mit meinem klein-
sten Finger. Und nun zankt ihr mit dem, der in
meinem Hause getreu ist, und den ich hieher be-
schied, um das Gesetz zu empfangen und es mei-
nen auserwählten Kindern zu bringen? Wahrlich,
wenn das Gesetz nicht wäre, welches ich den Jsrae-
liten geben will, so hättet ihr keine Wohnung im
Himmel. "Du Herr der Welt, erwiederte Hadar-
niel, du weißt ja, mir war es nicht bekannt, daß
er mit Deiner Erlaubniß hieher gekommen ist." Jetzt
will ich sein Führer seyn, und vor ihm hergehen,
wie ein Jünger vor seinem Meister. Hierauf lief
Hadarniel, sich vor Moses verneigend, voraus bis
zu dem Feuer des Engels Sandolfon. Da sprach
er zu Moses: Gehe zurück! Jch kann mich vor dem
Feuer des Sandolfon nicht aufhalten; sonst ver-
brenne ich mich. Als Moses nun den letztern er-
blickte, entsetzte er sich, fieng an zu weinen und
wollte von der Wolke fallen. Allein Gott erhörte
sein Flehen um Barmherzigkeit aus Liebe zu seinem
Volke Jsrael. Er selbst stieg von dem Throne sei-
ner Herrlichkeit herab, und stellte sich so vor Mo-
ses hin, bis dieser vor des Sandolfons Feuer vor-
über gegangen war. Darum steht geschrieben (2 B.
Mos. 34. V. 6). Und da der Herr vor seinem
Angesicht vorüber gieng, rief er. Hierauf kam Mo-
ses zu dem Rigion, dem Fluß des Feuers dessen

von mir und ſprachet: Was iſt der Menſch, daß
du ſein gedenkſt! Drum ward ich zornig uͤber euch
und verbrannte euch Schaarenweiſe mit meinem klein-
ſten Finger. Und nun zankt ihr mit dem, der in
meinem Hauſe getreu iſt, und den ich hieher be-
ſchied, um das Geſetz zu empfangen und es mei-
nen auserwaͤhlten Kindern zu bringen? Wahrlich,
wenn das Geſetz nicht waͤre, welches ich den Jſrae-
liten geben will, ſo haͤttet ihr keine Wohnung im
Himmel. „Du Herr der Welt, erwiederte Hadar-
niel, du weißt ja, mir war es nicht bekannt, daß
er mit Deiner Erlaubniß hieher gekommen iſt.‟ Jetzt
will ich ſein Fuͤhrer ſeyn, und vor ihm hergehen,
wie ein Juͤnger vor ſeinem Meiſter. Hierauf lief
Hadarniel, ſich vor Moſes verneigend, voraus bis
zu dem Feuer des Engels Sandolfon. Da ſprach
er zu Moſes: Gehe zuruͤck! Jch kann mich vor dem
Feuer des Sandolfon nicht aufhalten; ſonſt ver-
brenne ich mich. Als Moſes nun den letztern er-
blickte, entſetzte er ſich, fieng an zu weinen und
wollte von der Wolke fallen. Allein Gott erhoͤrte
ſein Flehen um Barmherzigkeit aus Liebe zu ſeinem
Volke Jſrael. Er ſelbſt ſtieg von dem Throne ſei-
ner Herrlichkeit herab, und ſtellte ſich ſo vor Mo-
ſes hin, bis dieſer vor des Sandolfons Feuer vor-
uͤber gegangen war. Darum ſteht geſchrieben (2 B.
Moſ. 34. V. 6). Und da der Herr vor ſeinem
Angeſicht voruͤber gieng, rief er. Hierauf kam Mo-
ſes zu dem Rigion, dem Fluß des Feuers deſſen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0092" n="58"/>
von mir und &#x017F;prachet: Was i&#x017F;t der Men&#x017F;ch, daß<lb/>
du &#x017F;ein gedenk&#x017F;t! Drum ward ich zornig u&#x0364;ber euch<lb/>
und verbrannte euch Schaarenwei&#x017F;e mit meinem klein-<lb/>
&#x017F;ten Finger. Und nun zankt ihr mit dem, der in<lb/>
meinem Hau&#x017F;e getreu i&#x017F;t, und den ich hieher be-<lb/>
&#x017F;chied, um das Ge&#x017F;etz zu empfangen und es mei-<lb/>
nen auserwa&#x0364;hlten Kindern zu bringen? Wahrlich,<lb/>
wenn das Ge&#x017F;etz nicht wa&#x0364;re, welches ich den J&#x017F;rae-<lb/>
liten geben will, &#x017F;o ha&#x0364;ttet ihr keine Wohnung im<lb/>
Himmel. &#x201E;Du Herr der Welt, erwiederte Hadar-<lb/>
niel, du weißt ja, mir war es nicht bekannt, daß<lb/>
er mit Deiner Erlaubniß hieher gekommen i&#x017F;t.&#x201F; Jetzt<lb/>
will ich &#x017F;ein Fu&#x0364;hrer &#x017F;eyn, und vor ihm hergehen,<lb/>
wie ein Ju&#x0364;nger vor &#x017F;einem Mei&#x017F;ter. Hierauf lief<lb/>
Hadarniel, &#x017F;ich vor Mo&#x017F;es verneigend, voraus bis<lb/>
zu dem Feuer des Engels Sandolfon. Da &#x017F;prach<lb/>
er zu Mo&#x017F;es: Gehe zuru&#x0364;ck! Jch kann mich vor dem<lb/>
Feuer des Sandolfon nicht aufhalten; &#x017F;on&#x017F;t ver-<lb/>
brenne ich mich. Als Mo&#x017F;es nun den letztern er-<lb/>
blickte, ent&#x017F;etzte er &#x017F;ich, fieng an zu weinen und<lb/>
wollte von der Wolke fallen. Allein Gott erho&#x0364;rte<lb/>
&#x017F;ein Flehen um Barmherzigkeit aus Liebe zu &#x017F;einem<lb/>
Volke J&#x017F;rael. Er &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;tieg von dem Throne &#x017F;ei-<lb/>
ner Herrlichkeit herab, und &#x017F;tellte &#x017F;ich &#x017F;o vor Mo-<lb/>
&#x017F;es hin, bis die&#x017F;er vor des Sandolfons Feuer vor-<lb/>
u&#x0364;ber gegangen war. Darum &#x017F;teht ge&#x017F;chrieben (2 B.<lb/>
Mo&#x017F;. 34. V. 6). Und da der Herr vor &#x017F;einem<lb/>
Ange&#x017F;icht voru&#x0364;ber gieng, rief er. Hierauf kam Mo-<lb/>
&#x017F;es zu dem Rigion, dem Fluß des Feuers de&#x017F;&#x017F;en<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0092] von mir und ſprachet: Was iſt der Menſch, daß du ſein gedenkſt! Drum ward ich zornig uͤber euch und verbrannte euch Schaarenweiſe mit meinem klein- ſten Finger. Und nun zankt ihr mit dem, der in meinem Hauſe getreu iſt, und den ich hieher be- ſchied, um das Geſetz zu empfangen und es mei- nen auserwaͤhlten Kindern zu bringen? Wahrlich, wenn das Geſetz nicht waͤre, welches ich den Jſrae- liten geben will, ſo haͤttet ihr keine Wohnung im Himmel. „Du Herr der Welt, erwiederte Hadar- niel, du weißt ja, mir war es nicht bekannt, daß er mit Deiner Erlaubniß hieher gekommen iſt.‟ Jetzt will ich ſein Fuͤhrer ſeyn, und vor ihm hergehen, wie ein Juͤnger vor ſeinem Meiſter. Hierauf lief Hadarniel, ſich vor Moſes verneigend, voraus bis zu dem Feuer des Engels Sandolfon. Da ſprach er zu Moſes: Gehe zuruͤck! Jch kann mich vor dem Feuer des Sandolfon nicht aufhalten; ſonſt ver- brenne ich mich. Als Moſes nun den letztern er- blickte, entſetzte er ſich, fieng an zu weinen und wollte von der Wolke fallen. Allein Gott erhoͤrte ſein Flehen um Barmherzigkeit aus Liebe zu ſeinem Volke Jſrael. Er ſelbſt ſtieg von dem Throne ſei- ner Herrlichkeit herab, und ſtellte ſich ſo vor Mo- ſes hin, bis dieſer vor des Sandolfons Feuer vor- uͤber gegangen war. Darum ſteht geſchrieben (2 B. Moſ. 34. V. 6). Und da der Herr vor ſeinem Angeſicht voruͤber gieng, rief er. Hierauf kam Mo- ſes zu dem Rigion, dem Fluß des Feuers deſſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/92
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/92>, abgerufen am 22.11.2024.