Die Offenbarung Johannis verrückte ihm vollends den Kopf. Nach seiner Versicherung hatte Gott selbst ihm die polnische Krone angeboten; er hatte sie aber ausgeschlagen, weil er lieber König der Jsraeliten zu seyn wünschte. Den König Wilhelm von England, der sein Feldherr und Verbündeter werden sollte, bombardierte er unaufhörlich mit sei- nen Zuschriften, und nannte ihn seinen Herrn Bru- der. Auch mit dem Kaiser, mit Schweden, Po- len, Rußland und Dänemark wollte er Bündnisse errichten, und das türkische Reich unter seinen Seepter bringen. Unter den Juden, die bekanntlich alles Abentheuerliche lieben, fand Paulli, obgleich er ein geborner Goi war, viele Anhänger, denn er verstand meisterlich die Kunst, sich eines vertrau- ten Umgangs mit Gott zu rühmen, und behaup- tete, Gott habe ihn selbst das Hebräische gelehrt. Dieser Judenkönig war übrigens Kaufmann und starb in Amsterdam zu Ende des siebenzehnten Jahr- hunderts. Er ist meines Wissens der einzige Mes- sias, der nicht von Abrahams Saamen war, und den die Juden uns Christen verdanken *).
Um die baldige Erscheinung des, ihnen ver- heißenen Messias beten Jsraels Kinder täglich. Wer er aber sey und wann er kommen wird, wissen sie nicht; auch ist es ihnen strenge verboten, den Zeit-
*) M. s. Novus in Belgio Judaeorum rex, Ol- liger Paulli. 1702. fol.
23 *
Die Offenbarung Johannis verruͤckte ihm vollends den Kopf. Nach ſeiner Verſicherung hatte Gott ſelbſt ihm die polniſche Krone angeboten; er hatte ſie aber ausgeſchlagen, weil er lieber Koͤnig der Jſraeliten zu ſeyn wuͤnſchte. Den Koͤnig Wilhelm von England, der ſein Feldherr und Verbuͤndeter werden ſollte, bombardierte er unaufhoͤrlich mit ſei- nen Zuſchriften, und nannte ihn ſeinen Herrn Bru- der. Auch mit dem Kaiſer, mit Schweden, Po- len, Rußland und Daͤnemark wollte er Buͤndniſſe errichten, und das tuͤrkiſche Reich unter ſeinen Seepter bringen. Unter den Juden, die bekanntlich alles Abentheuerliche lieben, fand Paulli, obgleich er ein geborner Goi war, viele Anhaͤnger, denn er verſtand meiſterlich die Kunſt, ſich eines vertrau- ten Umgangs mit Gott zu ruͤhmen, und behaup- tete, Gott habe ihn ſelbſt das Hebraͤiſche gelehrt. Dieſer Judenkoͤnig war uͤbrigens Kaufmann und ſtarb in Amſterdam zu Ende des ſiebenzehnten Jahr- hunderts. Er iſt meines Wiſſens der einzige Meſ- ſias, der nicht von Abrahams Saamen war, und den die Juden uns Chriſten verdanken *).
Um die baldige Erſcheinung des, ihnen ver- heißenen Meſſias beten Jſraels Kinder taͤglich. Wer er aber ſey und wann er kommen wird, wiſſen ſie nicht; auch iſt es ihnen ſtrenge verboten, den Zeit-
*) M. ſ. Novus in Belgio Judaeorum rex, Ol- liger Paulli. 1702. fol.
23 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0269"n="235"/>
Die Offenbarung Johannis verruͤckte ihm vollends<lb/>
den Kopf. Nach ſeiner Verſicherung hatte Gott<lb/>ſelbſt ihm die polniſche Krone angeboten; er hatte<lb/>ſie aber ausgeſchlagen, weil er lieber Koͤnig der<lb/>
Jſraeliten zu ſeyn wuͤnſchte. Den Koͤnig Wilhelm<lb/>
von England, der ſein Feldherr und Verbuͤndeter<lb/>
werden ſollte, bombardierte er unaufhoͤrlich mit ſei-<lb/>
nen Zuſchriften, und nannte ihn ſeinen Herrn Bru-<lb/>
der. Auch mit dem Kaiſer, mit Schweden, Po-<lb/>
len, Rußland und Daͤnemark wollte er Buͤndniſſe<lb/>
errichten, und das tuͤrkiſche Reich unter ſeinen<lb/>
Seepter bringen. Unter den Juden, die bekanntlich<lb/>
alles Abentheuerliche lieben, fand Paulli, obgleich<lb/>
er ein geborner Goi war, viele Anhaͤnger, denn<lb/>
er verſtand meiſterlich die Kunſt, ſich eines vertrau-<lb/>
ten Umgangs mit Gott zu ruͤhmen, und behaup-<lb/>
tete, Gott habe ihn ſelbſt das Hebraͤiſche gelehrt.<lb/>
Dieſer Judenkoͤnig war uͤbrigens Kaufmann und<lb/>ſtarb in Amſterdam zu Ende des ſiebenzehnten Jahr-<lb/>
hunderts. Er iſt meines Wiſſens der einzige Meſ-<lb/>ſias, der nicht von Abrahams Saamen war, und<lb/>
den die Juden uns Chriſten verdanken <noteplace="foot"n="*)">M. ſ. <hirendition="#aq">Novus in Belgio Judaeorum rex, Ol-<lb/>
liger Paulli. 1702. fol.</hi></note>.</p><lb/><p>Um die baldige Erſcheinung des, ihnen ver-<lb/>
heißenen Meſſias beten Jſraels Kinder taͤglich. Wer<lb/>
er aber ſey und wann er kommen wird, wiſſen ſie<lb/>
nicht; auch iſt es ihnen ſtrenge verboten, den Zeit-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">23 *</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[235/0269]
Die Offenbarung Johannis verruͤckte ihm vollends
den Kopf. Nach ſeiner Verſicherung hatte Gott
ſelbſt ihm die polniſche Krone angeboten; er hatte
ſie aber ausgeſchlagen, weil er lieber Koͤnig der
Jſraeliten zu ſeyn wuͤnſchte. Den Koͤnig Wilhelm
von England, der ſein Feldherr und Verbuͤndeter
werden ſollte, bombardierte er unaufhoͤrlich mit ſei-
nen Zuſchriften, und nannte ihn ſeinen Herrn Bru-
der. Auch mit dem Kaiſer, mit Schweden, Po-
len, Rußland und Daͤnemark wollte er Buͤndniſſe
errichten, und das tuͤrkiſche Reich unter ſeinen
Seepter bringen. Unter den Juden, die bekanntlich
alles Abentheuerliche lieben, fand Paulli, obgleich
er ein geborner Goi war, viele Anhaͤnger, denn
er verſtand meiſterlich die Kunſt, ſich eines vertrau-
ten Umgangs mit Gott zu ruͤhmen, und behaup-
tete, Gott habe ihn ſelbſt das Hebraͤiſche gelehrt.
Dieſer Judenkoͤnig war uͤbrigens Kaufmann und
ſtarb in Amſterdam zu Ende des ſiebenzehnten Jahr-
hunderts. Er iſt meines Wiſſens der einzige Meſ-
ſias, der nicht von Abrahams Saamen war, und
den die Juden uns Chriſten verdanken *).
Um die baldige Erſcheinung des, ihnen ver-
heißenen Meſſias beten Jſraels Kinder taͤglich. Wer
er aber ſey und wann er kommen wird, wiſſen ſie
nicht; auch iſt es ihnen ſtrenge verboten, den Zeit-
*) M. ſ. Novus in Belgio Judaeorum rex, Ol-
liger Paulli. 1702. fol.
23 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/269>, abgerufen am 12.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.